"Zu diesem Zeitpunkt zählt nur, dass Jules Bianchi okay ist und er sich wieder erholt. Im Vergleich dazu ist der Sport im Moment nicht wichtig."

Besser als mit diesen Worten von Toto Wolff lässt sich der Sonntag in Suzuka nicht beschreiben.

Ein schlimmer Unfall wie dieser ruft unweigerlich Kritik an der Formel 1 hervor. Das ist richtig, das ist gut. Sofern sie sich auch im richtigen Rahmen bewegt. Dies soll keine Schelte darstellen, keine Verteidigung unseres geliebten Sports.

Aber manche Kommentare schießen einfach über das Ziel hinaus. Wenn nach einem bösen Unfall wie diesem der gesamte "Sinn des Motorsports" und von Autorennen in Frage gestellt wird, läuft etwas falsch. Motorsport ist gefährlich. Das darf niemals in Vergessenheit geraten.

Erst in Monza wurden die Auslaufzonen kritisiert, Foto: Sutton
Erst in Monza wurden die Auslaufzonen kritisiert, Foto: Sutton

Schon gar nicht in Zeiten, in denen über die "blöden Asphaltauslaufzonen" oder die "zu sichere moderne Formel 1" geschimpft wird. Suzuka hat bewiesen: Zu sicher gibt es nicht. Es kann stets etwas Unvorhergesehenes, etwas komplett Willkürliches geschehen. Etwas, worauf man sich nicht vorbereiten kann. Genau das war Bianchis Unfall.

Natürlich darf und muss darüber gesprochen werden, ob dieser Unfall hätte verhindert werden können. Eine Schuldzuweisung gibt es dabei aber nicht. Weder an die Rennleitung, noch an die Veranstalter.

Hätte ein früherer Start geholfen? Nein, es hat den gesamten Tag geregnet.

Hätte früher abgebrochen werden müssen? Nein, der Regen war, wie etliche Fahrer betonten, nicht so schlimm. Es hat schon viel schlechtere Bedingungen gegeben.

Ist die Strecke unsicher? Nein, Adrian Sutil überstand seinen Unfall an dieser Stelle unbeschadet. Wer gegen einen so massiven Traktor knallt, hat an jeder Stelle auf jeder Strecke der Welt keine guten Aussichten.

Sollten also Bergungsfahrzeuge verboten werden? Nein, gegen gestrandete Autos zu knallen ist ebenso gefährlich.

Es war eine Kombination unglücklicher Umstände. Aquaplaning, zwei Unfälle an der gleichen Stelle, ein Traktor zur falschen Zeit am falschen Ort. Vielleicht überdenkt Niki Lauda jetzt einmal seine Aussagen aus Silverstone. Dort kritisierte er nach Kimi Räikkönens Abflug die langwierigen Reparaturarbeiten an der Leitplanke. Damals meinte er, dass doch eh niemals der gleiche Unfall zweimal an der gleichen Stelle passieren würde...

Bis Sonntag wurde Suzuka als Mutstrecke gefeiert, Foto: Sutton
Bis Sonntag wurde Suzuka als Mutstrecke gefeiert, Foto: Sutton

Heute ist es passiert. Dabei hätte es, so pervers es sich anhört, noch schlimmer kommen können. Zig Streckenposten wimmelten um das Wrack von Sutils Sauber herum. Es grenzt fast an ein Wunder, dass keiner von ihnen vom unkontrolliert heranschießenden Marussia getroffen wurde. Die Schutzengel der Streckenposten schoben Überstunden. Hoffen wir, dass die gleichen auch für Jules zuständig sind.

Man mag vom ehemaligen FIA-Präsidenten Max Mosley halten, was man möchte. Ich habe viele seiner Entscheidungen und Ideen genauso wenig geteilt wie viele andere auch. Aber er hat nach dem schwarzen Wochenende von Imola 1994 die unpopulären Entscheidungen getroffen und durchgeboxt.

Wie oft haben wir schon befürchtet, dass ein Auto in Bergungsarbeiten krachen könnte? Wie oft waren wir nah dran? Wie oft ist es in anderen Serien vielleicht schon passiert? Es wird Zeit, Lösungen zu finden, um solche schrecklichen Szenen wie in Japan in Zukunft zu verhindern.

Heute Abend sind wir alle in Gedanken bei Jules. Aber danach heißt es anzupacken.