Keine reine Mercedes-Reihe eins in Silverstone, und trotzdem: Die Chancen auf einen weiteren Doppelsieg der Silberpfeile stehen beim Großen Preis von Großbritannien nicht schlecht. Daraus machte nicht einmal Pole-Setter Nico Rosberg ein Geheimnis. "Mit dem Auto, das wir haben, ist selbst vom sechsten Platz alles möglich", sagte der WM-Spitzenreiter mit breiter Brust angesichts der Stärke des F1 W05-Boliden. Zum Schrecken der Konkurrenz kündigte er weiter an: "Mercedes liegt die Strecke hier besser als Österreich."

Auf dem Red Bull Ring fuhr Hamilton zuletzt vom neunten auf den zweiten Platz und sprach anschließend von gelungener Schadensbegrenzung. Es ist der aktuelle Anspruch der dominanten Silberpfeile: Alles außer einem Sieg wird unter Schadensbegrenzung abgebucht. Kein Wunder, dass der Brite nach dem Qualifying ähnliche Worte wie vor zwei Wochen benutzte. Hamilton weiß, dass Rosberg an der Spitze unter normalen Umständen nicht einzuholen ist.

Lewis Hamilton startet von P6 in Rennen, Foto: Mercedes AMG
Lewis Hamilton startet von P6 in Rennen, Foto: Mercedes AMG

McLaren: Mehr Schein als Sein

Da es respektlos erscheinen könnte, alles andere außer dem Silberpfeil auszublenden, spielte Hamilton auf seine vier Vorderleute an. "Ich habe einige Mercedes-Autos vor mir und es wird schwierig, sie zu überholen", sagte Hamilton am Samstagabend. "Das wird nicht so einfach wie im letzten Rennen." Damit machte er den Großteil der Mercedes befeuerten Konkurrenz allerdings stärker als diese sich selbst.

Können die McLarens von Jenson Button und Kevin Magnussen dem Werks-Silberpfeil wirklich standhalten? Angesichts trockener Witterungsbedingungen - danach sieht es aktuell aus - stehen die Chancen denkbar schlecht. Hamilton und Rosberg waren in den trockenen Trainings am Freitag rund 1,5 Sekunden schneller als McLaren - daran sollte sich auch im Renn-Trimm nichts ändern, dem MP4-29 mangelt es trotz des guten Qualifying-Ergebnisses weiter an Konkurrenzfähigkeit.

Jenson Button erzielte seine bestes Qualifying-Ergebnis seit Brasilien 2012, Foto: Sutton
Jenson Button erzielte seine bestes Qualifying-Ergebnis seit Brasilien 2012, Foto: Sutton

Fernduell zwischen Hamilton und Vettel

"Wir wissen, wo wir stehen - und das ist nicht Platz drei", sagte Button unumwunden. "Es wird schwierig, Daniel Ricciardo und Lewis Hamilton hinter mir zu halten, aber ich gebe mein Bestes. Lewis wird uns wahrscheinlich schnell kassieren. Wir haben nicht die Pace von drei, vier anderen Teams im Feld." Sollte Button am Sonntag seinen dritten Platz wirklich verteidigen können, käme das einem kleinen Wunder gleich. Selbst Teamkollege Magnussen hatte seine Zweifel, ob er Platz fünf über die Ziellinie retten kann."

Für mehr Spannung könnte das Fernduell zwischen Hamilton und Vettel sorgen. Red Bull ist es gelungen, in Silverstone eine Schippe draufzulegen, wie der amtierende Weltmeister es gern bezeichnet. Nach dem Debakel beim Heimrennen in Österreich wäre ein gutes Ergebnis Gold wert, um die eigene Stärke zu beweisen. Bei den Longrun-Zeiten am Freitag hinterließ Vettel einen guten Eindruck. Neben Rosberg fuhr der Heppenheimer beständig Runden in unter 1:40 Minuten.

Der Red Bull sollte konkurrenzfähiger sein als in Spielberg, Foto: Red Bull
Der Red Bull sollte konkurrenzfähiger sein als in Spielberg, Foto: Red Bull

Ricciardo: Erst Verteidigung

Daniel Ricciardo fuhr zwar keine Longruns, war am Freitag aber auf den harten Reifen schneller als Teamkollege Vettel mit den schnelleren Medium-Reifen. Ricciardos Nachteil im Vergleich zu Vettel ist der Startplatz. Nach einem selbst titulierten Rookie-Fehler muss sich der junge Australier von Platz acht nach vorn kämpfen. Direkt hinter ihm drücken die beiden Toro Rossos mit Daniil Kvyat und Jean-Eric Vergne. Angesichts der aktuellen Stärke könnte sich Ricciardo erst einmal nach hinten orientieren statt nach vorn anzugreifen.

Vettel hingegen könnte mit einem guten Start davon profitieren, sich nicht in Duellen aufreiben zu müssen. Gegen Rosbergs Silberpfeil sieht er wahrscheinlich kein Land, doch mit einer gut aufgehenden Strategie - wahrscheinlich zwei Boxenstopps - könnte ein weiterer Podiumsplatz durchaus im Bereich des Möglichen liegen.

Die McLarens muss Vettel, der am Donnerstag seinen 27. Geburtstag feierte, wohl nicht fürchten und auch der vierplatzierte Nico Hülkenberg sollte sich zumindest auf dem Papier nicht als schwieriger Gegner herausstellen. Die Long Runs von Force India am Freitag waren alles andere als berauschend. Der Bolide von Hülkenberg und Sergio Perez hatte arg mit dem starken Wind zu kämpfen gehabt. "Hoffentlich wird es morgen nicht so windig sein", sagte Hülkenberg. "Dann haben wir sicherlich eine bessere Pace."