Von Monaco nach Montreal - abgesehen davon, dass die beiden Destinationen mehrere tausend Kilometer voneinander entfernt liegen, trennen die beiden Strecken Welten. Zwar sind beide Rennstrecken Stadtkurse, das war es aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Monaco ist mit Abstand der langsamste Kurs im Rennkalender, der Circuit Gilles Villeneuve in Montreal zählt zu den schnellsten. Also müssten die Teams in der Woche zwischen Fürstentum und Ile Notre-Dame ordentlich umgebaut haben - oder doch nicht? Motorsport-Magazin.com macht den Technik-Check in Kanada.

Trend setzt sich fort: Abtrieb auch in Montreal

Ein Trend, den man schon in Monaco feststellen konnte, setzte sich an diesem Wochenende fort. Und dieser Trend heißt Abtrieb. Es klingt etwas kurios, aber einige Teams fuhren trotz komplett unterschiedlicher Streckencharakteristik mit ähnlichen Aerodynamik-Konfigurationen. Schon zwischen Barcelona und Monaco war aufgefallen, dass die Teams nicht mehr großartig in Sachen sichtbarer Downforce nachgelegt haben.

In Montreal ist der Unterschied aber besonders dramatisch: In Kanada liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit bei knapp 210 Stundenkilometern, im Fürstentum nur bei rund 160. Felipe Massa erreichte am Wochenende fast 350 km/h Topspeed, in Monaco wurden die Piloten mit 50 Sachen weniger geblitzt. Natürlich gab es in Kanada ein paar Low-Downforce-Flügel, doch bei weitem nicht mehr so viele und so extreme Exemplare wie in der Vergangenheit. Wieso?

Fast gleiches Abtriebsniveau in Monaco, Foto: Mercedes AMG
Fast gleiches Abtriebsniveau in Monaco, Foto: Mercedes AMG

Die Aerodynamik wurde in diesem Jahr extrem beschnitten. Einen großen Teil des Abtriebs verloren die Teams durch die Änderung. Umso mehr suchen sie jetzt nach allem, was das Fahrzeug bei hoher Geschwindigkeit irgendwie ein paar Newton stärker auf den Asphalt drückt.

Dadurch, dass gleichzeitig mit dem Abtrieb auch der Luftwiderstand reduziert wurde, steigt die Höchstgeschwindigkeit ohnehin. Außerdem gibt es in diesem Jahr nur noch eine einzige Getriebeübersetzung und einen zusätzlichen achten Gang - also ist Abtrieb in diesem Jahr wertvoller als die Reduzierung des Luftwiderstands.

Ferrari baut um

Bei Ferrari ruhten alle Hoffnungen auf Besserung auf dem großen Kanada-Update. Das kam auch, die Ergebnisse jedoch nicht. Der ganze Heckbereich des F14 T wurde neu gestaltet. Es ist ein Zusammenspiel aus neuem Kühlungs-Layout und neuer Motorabdeckung. Die Motorabdeckung schmiegt sich jetzt deutlich enger an den V6-Turbo an. Schon kurz nach dem FIAT-Logo geht die Abdeckung in eine Verkleidung des Auspuffs über.

Viel Flow-viz-Farbe lässt es erahnen: Hier hat sich einiges getan, Foto: Sutton
Viel Flow-viz-Farbe lässt es erahnen: Hier hat sich einiges getan, Foto: Sutton

Der Auspuff ist nun deutlich enger ins das Karbonkleid gepresst. Die Lösung erinnert ein wenig an jene von Mercedes. Ähnlich wie beim Klassenprimus wächst auch noch eine kleine alleinstehende Finne aus der Motorabdeckung. Die Finne war schon zuvor da, nur fällt sie jetzt mehr auf, da sie wegen der kleineren Motorabdeckung frei schwebt.

Gleichzeitig wurde der untere Luftauslass weiter nach hinten verlängert. Das sorgt dafür, dass sich die heiße Abluft des Motors unter der Verkleidung staut. Wie stark der Auslass verlängert wurde, lässt sich gut an den Ausschnitten rund um die Radaufhängung erkennen. Pullrod und Querlenker führen nun mitten durch die Verkleidung.

Die Aufhängung führt durch die Verkleidung, Foto: Sutton
Die Aufhängung führt durch die Verkleidung, Foto: Sutton

Ferrari ist nicht das erste Team, das diese Lösung zeigt. Der verlängerte Auslass soll dafür sorgen, dass die Wirkungsweise des Diffusors weniger beeinflusst wird. Außerdem vertraute die Scuderia wieder auf die alte Doppel-Streben-Befestigung des Heckflügels. Durch die enge Auspuffverkleidung ist das Rückrüsten vielleicht nicht nur aerodynamisch bedingt. Auch der Monkey-Seat fehlte, immerhin eine kleine Änderung Richtung Low-Downforce.

Welche Änderung bleiben, ist fraglich. Auch wenn es die Ergebnisse nicht zeigten: Ferrari war mit den Updates zufrieden. In Maranello glaubt man, das schlechte Abschneiden und die Chancenlosigkeit gegenüber Williams und Force India seien allein auf den Motor zurückzuführen. Montreal habe die eigenen Schwächen gezeigt und gleichzeitig die Stärken der Gegner betont, so Teamchef Mattiacci. Außerdem stiegen die Temperaturen am Samstag unerwartet in die Höhe, so dass Ferrari der Einsatz in Qualifying und Rennen der neuen Teile zu riskant war. Ein Schlechtwetter-Update also.

Red Bull mit neuer Nase

Die Nase ist an der Unterseite flacher, Foto: Sutton
Die Nase ist an der Unterseite flacher, Foto: Sutton

Red Bull musste auch ein bisschen in Richtung Höchstgeschwindigkeit basteln. Das Weltmeisterteam begann an der Front. Der RB10 verfügte über eine neue Highspeed-Nase, die über dem kleinen 9000-Quadratmillimeter-Zusatz deutlich flacher ist. Die Beule an der Unterseite ist verschwunden, was wegen der schwarzen Lackierung aber nicht besonders auffällt.

Wie bei Ferrari fehlte auch bei Red Bull der doppelte Monaco-Monkey-Seat. Das Element an der Unterseite des Auspuffs, das schon seit längerem angebracht ist, blieb aber auch in Montreal. Mercedes hingegen vertraute auf genau den gleichen Monkey-Seat wie schon in Monaco - mit kleinem Vordach. Power hatte der Mercedes ja, zumindest 36 Runden lang, genügend.