Monaco ist für alles bekannt, nur nicht dafür, besonders hart zu den Motoren zu sein. Und ausgerechnet im Fürstentum fielen gleich drei Piloten Motorschäden zum Opfer. Wobei der Begriff Motorschaden wohl nicht mehr dem gerecht wird, was wirklich passiert.

Über Power Units wird nur gesprochen, wenn sie effizient sind, Foto: Renault Sport F1
Über Power Units wird nur gesprochen, wenn sie effizient sind, Foto: Renault Sport F1

Denn der klassische Motorschaden mit Kolbenfresser oder undichtem Zylinderkopf ist äußerst selten geworden. Motorschäden sind heute komplizierter, echte Power-Unit-Schäden eben. Bislang gab es davon aber noch nicht besonders viel, auch wenn jeder vor der Saison geradezu Orgien erwartet hatte.

Doch wieso schlug der rauchende Defektteufel jetzt ausgerechnet in Monaco zu? Und was war überhaupt passiert? So richtig scheint es niemand zu wissen, was genau bei beiden Toro Rossos und bei Valteri Bottas kaputtgegangen ist - oder es will niemand wissen. Denn die Kommunikation von Defekten am Antriebsstrang ist äußerst heikel.

In der Vergangenheit gab es offiziell geradezu keine Motorschäden mehr. Blieb jemand stehen, wurde meist die Hydraulik dafür verantwortlich gemacht. In Monaco machten aber weder Williams, noch Toro Rosso die Hydraulik für die Defekte verantwortlich. Doch so richtig mit der Sprache raus, wollte niemand. Motorsport-Magazin.com fragte am Tag nach dem Monaco GP bei beiden Teams nach. Interessante Informationen? Fehlanzeige.

Auspuffprobleme bei Toro Rosso

Bei Toro Rosso heißt es, es gab an beiden Fahrzeugen Probleme am Auspuff. Doch der Auspuff ist in dieser Saison ein strittiges Thema: Was ist Auspuff, was ist Power Unit? Spricht man vom Auslass der Zylinder vom Auspuff, zählt auch der Turbolader dazu. Und der Turbolader zählt zur Power Unit. Bezeichnet man als Auspuff aber nur das letzte Stück nach dem Turbolader, ist er kein Teil der Power Unit. Auspuff ist also ein dehnbarer Begriff.

Schon bei den Testfahrten in Bahrain kamen Diskussionen auf, ob der Auspuff nun Teil der Power Unit und somit Zuständigkeitsbereich der Motorenlieferanten ist, oder ob er zum Bodywork zählt. Remi Taffin konnte damals nicht wirklich für Klärung sorgen.

Mit hohen Laufleistungen lassen sich die Defekte bei Toro Rosso wohl nicht erklären. Denn Daniil Kvyat erhielt noch am Samstag in Monaco einen neuen Verbrennungsmotor, einen neuen Turbolader und neue MGU-H und MGU-K-Einheiten. Bis auf Batterie und Steuergeräte wurden also alle Einheiten der Power Unit getauscht. Da Jean-Eric Vergne mit einem älteren Turbolader, der entweder beim Australien GP oder in China erstmals eingesetzt wurde, fuhr, ist wohl auch ein Serienfehler ausgeschlossen. Vergnes Turbolader dürfte wohl aus einer älteren Produktion stammen.

Dreck als Ursache?

Ricardo Penteado, zuständiger Renault-Mann bei Toro Rosso, hat zumindest eine mögliche Ursache für die beiden mysteriösen Defekte: "Es kann sein, dass einige Teile, die auf der Strecke lagen, Teile der Power Unit beeinträchtigt haben."

Williams hingegen will gar nichts sagen. "Wir haben diesbezüglich noch keine weiteren Informationen von Mercedes High Performance Powertrains", ließ der Rennstall Motorsport-Magazin.com ausrichten. Mehr als ein Problem an der Power Unit hatte Williams nicht kommuniziert.

So bleibt derweil nur Rätselraten mithilfe der FIA-Dokumente. Bei Valtteri Bottas wurden fast alle PU-Komponenten vor dem China GP ausgetauscht. Somit hatten die ersten Bauteile mit Australien, Malaysia und Bahrain nur drei Rennen auf dem Buckel, bevor sie ersetzt wurden. Um mit fünf Power Units über 19 Rennendistanzen zu kommen, sollten es aber vier GP-Wochenenden sein. Bei allen Mercedes-Kunden erfolgte der Wechsel in diesem Intervall.

Williams am Ende der Laufleistung?

Allerdings dürfen die ersetzten Bauteile wieder eingesetzt werden, schließlich sind sie nicht defekt. So ist es möglich, dass einige Teams PU-Bauteile in Monaco einsetzten, die schon bei den ersten drei Rennen im Einsatz waren. Wegen der kürzeren Renndistanz und dem geringen Vollgasanteil würde sich das anbieten. Somit wären diese Bauteil am Ende des Rennens bei ihrer geplanten Maximallaufleistung angekommen.

Darüber, welche Einheiten eingesetzt werden, geben weder FIA, noch die Teams Auskunft. Die FIA informiert lediglich darüber, welcher Fahrer bereits wie viele PU-Einheiten in Gebrauch hatte und zu welchem Zeitpunkt welches Bauteil gewechselt wurde.

Schon bei den Wintertests in Bahrain musste Mercedes, bis dahin von technischen Problemen weitestgehend verschont, die Power Unit kurzfristig wechseln, weil bei der genauen Inspektion etwas Beunruhigendes festgestellt wurde. Auch diese Power Unit soll sich am Ende ihres Lebenszyklus' befunden haben.

Vettel mit bisher unbekanntem Problem

Ein technischer Härtefall war der Red Bull von Sebastian Vettel. Wie bei Kvyat wurden auch bei Vettel und Daniel Ricciardo noch vor dem dritten Freien Training Verbrennungsmotor, Turbolader, MGU-K und MGU-H gewechselt. Alle vier Einheiten waren nagelneu.

Doch schon im Qualifying klagte Vettel darüber, nicht volle Leistung gehabt zu haben. Einige unterstellten dem Weltmeister eine Ausrede, weil er erneut hinter seinem Teamkollegen landete. Es wäre allerdings eine teure Ausrede gewesen: Denn noch vor dem Rennen wurden MGU-K und die entsprechende Steuereinheit gewechselt.

Die Renault Power Unit spulte bei den Wintertests die wenigsten Kilometer ab, Foto: Renault Sport F1
Die Renault Power Unit spulte bei den Wintertests die wenigsten Kilometer ab, Foto: Renault Sport F1

Bei einem solchen Wechsel sieht das Regelwerk einen Sonderfall vor: Die ausgetauschten Power-Unit-Komponenten dürfen nämlich für den Rest der Saison nicht mehr im Qualifying oder im Rennen eingesetzt werden - mit Ausnahme des letzten GPs. Diese Klausel im Reglement soll sicherstellen, dass wirklich nur defekte Teile nach dem Qualifying ausgetauscht werden. Denn bis zum Rennstart gelten Parc-fermé-Bedingungen.

Im Rennen kamen dann übrigens keine neuen Komponenten zum Einsatz, sondern gebrauchte. Allerdings gab es wieder Probleme. Diesmal mit dem Ladedruck. Die genaue Ursache ist noch unbekannt, oder wollte man ebenfalls nicht mitteilen. Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com erklärte Motorsportberater Dr. Helmut Marko lediglich: "Diese Probleme sind zum ersten Mal aufgetreten. Das liegt an den fehlenden Testkilometern zu Beginn des Jahres."