Es gibt keine Götter neben mir. Dieses Credo galt bislang für Ferrari-Chef Luca di Montezemolo. Die Scuderia ist nicht nur in Maranello Religion. Das springende Pferd wird in aller Welt verehrt. Für Erfolge allein reicht das nicht. Selbst der Präsident muss jetzt wieder richtig anpacken.

Das kündigte Luca di Montezemolo im Zuge des Rücktritts von Teamchef Stefano Domenicali und der Ernennung von Marco Mattiacci an. Der erste Auftritt danach: Eine Pressekonferenz beim Spanien GP. Der Sinn des Ganzen: Eine klare Machtdemonstration. Mattiacci saß die gesamte Zeit stumm neben dem Boss, der sein rotes Weltbild darlegte.

Seitdem hat sich nicht viel geändert. Ferrari wurde in Barcelona überrundet, Fernando Alonso ist weiterhin Gegenstand wilder Wechselspekulationen. Zeit für di Montezemolo, erneut ins Tagesgeschäft einzugreifen. Diesmal gab er einem australischen Journalisten ein Interview.

Gewiss, ein Interview mit di Montezemolo ist eine große Ehre, aber dass Ferrari gleich darauf eine Pressemitteilung verschickte, ist zumindest bemerkenswert. Erst recht, wenn man einen Blick hinein wirft und die komplette Aussage gleich im ersten Satz von di Montezemolos Zitat zusammengefasst wird: "Fernando ist der beste Fahrer der Welt, der stets 200% gibt."

di Montezemolo gibt alles für seinen Star, Foto: Ferrari
di Montezemolo gibt alles für seinen Star, Foto: Ferrari

Viele Experten mögen ihm zustimmen, andere wiederum nicht. Aber darum geht es dem Ferrari-Boss ohnehin nicht. Vielmehr geht es eher um einen verzweifelten Hilfeschrei, einen letzten Versuch, den unzufriedenen Starfahrer gnädig zu stimmen, ihn in den Himmel zu loben und Besserung zu geloben.

Vor einem guten Dreivierteljahr packte di Montezemolo noch die Peitsche aus und wies den Spanier zurecht. Niemand sei größer als Ferrari. Keiner könne es sich erlauben, sich das Auto eines anderen zu wünschen. Mit Kimi Räikkönen setzte er Alonso einen weiteren Weltmeister vor die Nase. Jetzt scheint di Montezemolo zurückzurudern, um den zurechtgewiesenen Asturier nicht an die Konkurrenz zu verlieren - und mit ihm ein weiteres Stückchen Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zu altem Glanz.

Richtig ist, weder Räikkönen noch Alonso können etwas für die Situation der Scuderia. Mit diesem Auto gewinnt kein Fahrer aus eigener Kraft Rennen. Selbst in Monaco scheint das nur bei einem Chaosrennen möglich zu sein. Daran können auch Verzweiflungstaten des Präsidenten nichts ändern. Ob sie wenigstens dem Ego des Doppelchampions ausreichend schmeicheln, wird sich in den kommenden Wochen zeigen...