Ein normaler Trainingsfreitag lässt eigentlich wenig Rückschlüsse zu. Wie ist das nun nach dem ersten Freitag der neuen Formel-1-Ära?
Monisha Kaltenborn: Es ist noch viel zu früh, um Potenziale abzuschätzen. Wir sind alle noch in einer Lernphase - einige Teams sind darin weiter als andere, das trifft auch auf uns zu. Es gibt einen anderen Antrieb als unseren, der derzeit Vorteile hat. Davon profitieren die entsprechenden Teams. Wir stecken mit unserem Lieferanten in einem Lernprozess. Wir müssen die Daten ansehen und die programmierten Strategien verstehen lernen. Diese Basis müssen wir verbessern.

Sie beziehen die Power Unit von Ferrari, bei Mercedes werden zum Beispiel Auto und Antriebsstrang unter einem Dach entwickelt. Wie schwierig ist das für Sie?
Monisha Kaltenborn: Es ist schwierig, denn als Kunde steht man nicht in der ersten Reihe - man muss auf die Daten warten. Der Lieferant hat da auch gewisse Verpflichtungen, welche Daten er weitergibt - ob sie auch zuverlässig sind. Da besteht also immer ein zeitlicher Faktor. Als Kundenteam hat man dadurch einen gewissen Nachteil, das ist klar. Aber das sollen keine Ausreden sein. Wir stehen gerade erst am Anfang der Saison. In der Vergangenheit haben wir schon erlebt, dass unser Lieferant Dinge sehr gut gelöst hat, die dann von Beginn an funktioniert haben. Deshalb habe ich keinen Zweifel daran, dass sie nicht auch hier die Probleme lösen werden.

Die Ferrari-Power bei Sauber muss noch besser ausgenutzt werden, Foto: Sutton
Die Ferrari-Power bei Sauber muss noch besser ausgenutzt werden, Foto: Sutton

Ist es nicht nervenaufreibend, auf so wichtige Daten warten zu müssen?
Monisha Kaltenborn: Nein, das gehört dazu. Für uns ist es keine Option, selbst einen Motor zu entwickeln. Deshalb gibt es auch keine schlechte Stimmung oder ähnliches. Die Situation ist so und das hat man zu akzeptieren. Wichtig ist, dass wir auch verstehen, warum wir gewisse Strategien erhalten und warum sie bei uns vielleicht nicht so funktionieren, wie wir es erwarten. Denn es ist definitiv ein Unterschied zu Ferrari vorhanden. Hier müssen wir gemeinsam eine Lösung finden. Auch wenn der Antriebsstrang derselbe ist, die Autos sind eben doch recht unterschiedlich. Sie haben verschiedene Charakteristiken. Das muss aufeinander abgestimmt werden.

Wie schwierig war es generell für das Team, die ganzen technischen Regeländerungen zu verstehen?
Monisha Kaltenborn: Das ist eine sehr fordernde Aufgabe. Wer sich die ganzen Abkürzungen und Fachbegriffe anhört, versteht schnell, dass es etwas völlig Neues ist. Es gibt völlig andere Befehle, die man früher nicht kannte. Angesichts der Größe dieser Änderung war die Zeit, die uns zur Verfügung stand, um uns darauf vorzubereiten, relativ kurz.

Wo sehen Sie aktuell die größten Schwachstellen?
Monisha Kaltenborn: Das ist im Moment sehr schwierig zu sagen. Am Ende des Tages muss das gesamte Paket stimmen und das stimmt eben noch nicht, sonst würden wir andere Zeiten fahren. Einzelne Punkte wie die Zuverlässigkeit können wir derzeit abhaken. Da sind wir ganz gut. Wir müssen vielmehr auf die Interfaces zwischen dem Antriebsstrang und dem Chassis schauen. Daran müssen wir sicherlich noch arbeiten.

Mit einer guten Zuverlässigkeit könnten Sie am Sonntag durchaus viele Punkte einfahren...
Monisha Kaltenborn: Das ist richtig, aber wir wollen uns natürlich nicht nur darauf verlassen, dass andere ausfallen. Wir müssen auch selbst noch ein bisschen schneller werden.

Charlie Whiting meinte, dass einige Teams das 3. Training am Samstag auslassen könnten, um einen Einsatz im Qualifying nicht zu gefährden. Halten Sie das für möglich?
Monisha Kaltenborn: Ich halte zumindest nichts von dieser Idee. Wir versuchen in dieser Saison alles, damit die Autos mehr fahren - zum Beispiel mit einem zusätzlichen Reifensatz. Das wäre eine sehr kontraproduktive Maßnahme der Teams.