Versuchen Mitglieder von Formel-1-Teams die neue Königsklasse zu beschreiben, fallen in der Regel Ausdrücke wie "Effizienz", "Nachhaltigkeit" oder "Hybridtechnologie." Während die technische Revolution in aller Munde ist, spricht aber kaum jemand mehr über die Fahrer, was für den ehemaligen Formel-1-Piloten Jean Alesi eine äußerst bedenkliche Entwicklung ist.

Alesi sieht die Rolle der Fahrer gefährdet

Der Franzose erlebte während seiner aktiven Karriere in der Königsklasse zwischen 1989 und 2001 selbst immer wieder Umbrüche im Reglement, befürchtet jedoch, dass 2014 die menschliche Komponente zu sehr in den Hintergrund rücken wird.

"Der Fahrer wird von der neuen Technologie komplett überschattet", kritisierte Alesi am Rande der Genfer Motorshow. "Es ist eine Herausforderung für den Ingenieur, nicht aber für den Fahrer. Wir haben eine Ära betreten, in der nur mehr die Werkzeuge zählen." Ein Fahrer könne nun nicht mehr einfach seinem Instinkt vertrauen und einen Gegner attackieren, da er nur mehr ein kleiner Teil der Maschine sei, verdeutlichte der ehemalige Ferrari- und Benetton-Pilot seine Kritik.

In dasselbe Horn stieß jüngst auch Fernando Alonso. Für den Spanier erschließt sich der Sinn der zahlreichen Regeländerungen nicht wirklich. "Sie sind sehr teuer für die Teams, aber ändern für den Zuschauer nur wenig", merkte der zweifache Weltmeister an.

Todt gegen Ecclestone

Unbeeindruckt von all den negativen Stimmen zeigte sich hingegen FIA-Präsident Jean Todt, der Franzose erachtet den Technikumbruch als absolut notwendigen Schritt. "Wenn man auf die Genfer Motorshow geht, sieht man, dass die Autos heute anders sind", betonte er. "Es gibt Hybrid-Modelle, kleinere Motoren und weniger Zylinder", zählte er auf. Die Welt der Automobiltechnik habe sich grundlegend verändert und die Formel 1 müsse daher mehr ein Labor für Technologien, denn ein Schauraum für Aerodynamik sein.

Todt und Ecclestone sind nicht immer einer Meinung, Foto: Sutton
Todt und Ecclestone sind nicht immer einer Meinung, Foto: Sutton

Als besonders störend wird von vielen Fans der Sound der neuen 1,6-Liter-V6-Turbomotoren erachtet, der deutlich leiser ist, als der Klang der bisherigen Saugmotoren. Selbst Formel-1-Boss Bernie Ecclestone wird mit den neuen Aggregaten einfach nicht warm. "Ich habe mir die Testfahrten nicht angeschaut, weil ich nicht leiden wollte", sprach der 83-Jährige kürzlich Tacheles. "Ich habe nie den Sinn darin gesehen, die Motoren aus Energiespargründen zu wechseln. Das ist etwas, was man bei Straßenautos machen kann, aber doch nicht in der Formel 1."

Doch Todt kann auch den neuen Triebwerken etwas abgewinnen. "Der Klang des Turbos hat seinen eigenen Charme", hielt der Franzose fest. "Und zusätzlich haben wir starke Autos, die viel weniger Sprit verbrauchen - es war eine unausweichliche Revolution." Gerade die Rückkehr von Honda - die Japaner rüsten McLaren ab dem nächsten Jahr mit Motoren aus - sei ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Umbruch der richtige Weg war.

Dennis gegen Budgetobergrenze

Obwohl aufgrund der Regeländerungen viel Geld in neue Technologien investiert wurde, forderte Todt die Teams ein weiteres Mal auf, die Kosten zu senken. Als erste Maßnahme dazu wurde in dieser Saison die Anzahl jener Tage, die im Windkanal verbracht werden dürfen, strikt beschränkt. "Es ist absurd, dass die Hälfte der Piloten in der höchsten Kategorie des Motorsports bezahlen muss, um zu fahren", schüttelte der FIA-Chef den Kopf. "Ich kenne keinen anderen Sport auf der Welt, wo das der Fall ist."

McLaren-Geschäftsführer Ron Dennis kann mit diesem Ansatz hingegen nur wenig anfangen. "Abgesehen von der Komplexität ist es der teuerste Motor in der Geschichte des Motorsports", ist ihm die Scheinheiligkeit der FIA ein Dorn im Auge. "Dieselben Leute, die uns auf diesen Weg geschickt haben, schlagen nun einen anderen Pfad ein und sagen, wir sollen die Kosten reduzieren. Wie unlogisch ist das?" Nachsatz: "Wenn man es sich nicht leisten kann, in der Formel 1 zu sein, sollte man nicht in der Formel 1 sein."

Dennis ist die Kostenkontrolle zu komplex, Foto: Sutton
Dennis ist die Kostenkontrolle zu komplex, Foto: Sutton

Außerdem glaubt Dennis, dass es nahezu unmöglich sein wird, die Einhaltung einer Budgetobergrenze, wie sie 2015 in Kraft treten soll, zu überprüfen. "Das führt zu noch mehr Prüfungen des Autos, nicht nur was seine technische Seite betrifft, sondern auch die finanzielle", erklärte er. Findige Ingenieure würden erneut in der Lage sein, die Bestimmungen zu umgehen, ist der Brite sicher.

Organisatorisch würde eine Budgetobergrenze einen gigantischen Aufwand darstellen, der laut Dennis kaum zu stemmen wäre. "Nehmen wir an, dass ein Unternehmen sie umgehen möchte, sagen wir Daihatsu oder Toyota", gab er ein Beispiel. "Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber nach meinem Verständnis dauert es Jahre, um zu verstehen, wie man diese Sprachen schreibt und liest." Wie die FIA eine ausgabenseitige Kontrolle realisieren möchte, ist dem mächtigen Mann bei McLaren daher ein Rätsel.