Für viele ist er der Vater von Sebastian Vettels Erfolgen, für andere einfach nur der größte Unsympath im Paddock: So ganz richtig ist beides nicht. Motosport-Magazin.com blickt zum 70. Geburtstag von Helmut Marko auf die bewegte Laufbahn des Mannes zurück, den alle nur als den 'Doktor' kennen. Am 27. April 1943 in Graz geboren, besuchte er in seiner Jugend das Gymnasium im steirischen Bad Aussee - gemeinsam mit einem gewissen Jochen Rindt, der Marko als Schulkameraden und guten Freund bald mit dem Motorsport in Berührung kommen ließ. Bevor er sich selbst an schnelle Gefährte wagen durfte, musste Marko auf Druck seiner Eltern hin jedoch erst zum Doktor der Rechtswissenschaften promovieren. 1967 war dieser Schritt geschafft und die Rennfahrerkarriere des Österreichers nahm schnell Schwung auf.

Markos größter Erfolg als Fahrer: Le-Mans-Sieg 1971, Foto: Sutton
Markos größter Erfolg als Fahrer: Le-Mans-Sieg 1971, Foto: Sutton

Mit Sportwagenrennen und Rennen in der Formel V begann Marko, sich einen Namen zu machen - 1969 stieg er schließlich in die Formel 3 ein. Der große Durchbruch gelang ihm zwei Jahre später allerdings auf der Langstrecke. Gemeinsam mit dem Holländer Gijs van Lennep gewann er die 24 Stunden von Le Mans, wobei das siegreiche Duo auch gleich noch einen Distanzrekord an der Sarthe aufstellte, der 39 Jahre lang gültig bleiben sollte. Scheiterte Marko beim Großen Preis von Deutschland 1971 in einem McLaren-Ford in der Qualifikation noch daran, erstmals an einem Formel-1-Grand-Prix teilzunehmen, gelang ihm dies in einem BRM P153 wenig später bei seinem Heimrennen auf dem Österreichring.

Steiler Aufstieg - Abruptes Ende

Nur ein Jahr später schien der Aufstieg Markos in die Weltspitze unaufhörlich weiterzugehen, stellte er im Rahmen seines zweiten Platzes bei der Targa Florio auf Sizilien doch den bis zur Einstellung der Veranstaltung 1977 und damit bis heute gültigen Rundenrekord auf. Doch das Schicksal meinte es mit Marko weniger gut und schlug, wie so oft in jener gefährlichen Epoche, unbarmherzig zu. Beim Großen Preis von Frankreich 1972 auf dem Circuit de Charade bei Clermont-Ferrand, wurde er auf Rang zwei liegend von einem aufgewirbelten Stein am Helm getroffen - dieser durchschlug das Visier und fügte ihm eine schwere Verletzung am linken Auge zu, die das Ende seiner aktiven Motorsportkarriere nach sich zog.

Marko kurz vor dem verhängnisvollen Zwischenfall in Frankreich, Foto: Sutton
Marko kurz vor dem verhängnisvollen Zwischenfall in Frankreich, Foto: Sutton

Marko, der seither ein Glasauge trägt, war zu diesem Zeitpunkt bereits mit einem Ferrari-Vorvertrag für die kommende Saison ausgestattet gewesen, was das Unglück umso tragischer erscheinen ließ. Nur wenige Jahre später übernahm somit Niki Lauda Markos Platz als Österreichs aufstrebenstem Nachwuchstalent und fuhr mit der Scuderia aus Maranello 1975 und 1977 zu zwei WM-Titeln. Doch Marko wollte sich nicht der Verbitterung ob des abrupten Endes seiner eigenen Karriere und seines weniger glücklichen Schicksals hingeben, sondern blieb dem Motorsport treu. Der als Architektur- und Kunstliebhaber bekannte Grazer betätigte sich in seiner Heimatstadt nicht nur als erfolgreicher Hotelier, sondern gründete 1984 auch das RSM-Marko-Team, in dem er auch als Teamchef fungierte. Bis 1989 trat man so in der DTM an, parallel zog man ab Mitte der Achtzigerjahre ein erfolgreiches Formel-3-Programm auf.

In dieser Zeit machte sich Marko auch als Fahrermanager einen Namen und betreute unter anderem Gerhard Berger, Karl Wendlinger und Juan Pablo Montoya, der Ende der Neunzigerjahre in Markos Formel-3000-Rennstall für Furore sorgte. Nachdem man 2003 bereits das Red-Bull-Junior-Team ins Leben gerufen hatte, kehrte Marko zwei Jahre später dann im großen Stile ins Oberhaus des Rennsports zurück. Als rechte Hand seines Freundes Dietrich Mateschitz und gemeinsam mit dem jungen Teamchef Christian Horner und Star-Designer Adrian Newey hatte man aus dem ehemaligen Jaguar-Rennstall schnell ein viel versprechendes und letztendlich auch erfolgreiches F1-Team geformt.

Ein starkes Team: Mateschitz, Marko & Newey, Foto: Sutton
Ein starkes Team: Mateschitz, Marko & Newey, Foto: Sutton

Unternehmer Mateschitz stellte mit seinen Red-Bull-Millionen das nötige Kapital, Marko mit seinem motorsportlichen Know-how die Weichen für den Erfolg in der Königsklasse. Um diesen auch nachhaltig generieren zu können und die Marke über den Breitensport verteilt zu platzieren, baute man parallel das umfangreiche Förderprogramm für den Nachwuchs weiter aus, das ebenso von Marko überwacht wurde und seiner Führung unterstand. Mit der Übernahme von Minardi setzte man ab 2006 noch ein zweites Team ein, wodurch in erster Linie Platz für die geförderten Talente in der Formel 1 geschaffen werden sollte.

Mit Erfolg zur Reizfigur

Mit Ausnahme von Sebastian Vettel ist die Rentabilität des Konzepts ihren Beweis bis heute aber schuldig geblieben - gerade zu den Anfangszeiten gehörten zu Markos Errungenschaften doch in erster Linie Piloten wie Vitantonio Liuzzi und Scott Speed, über den Gerhard Berger einmal sagte: "Der dümmste Fahrer, den ich je gesehen habe." Beim Blick auf die später, ob der großen Erfolge, natürlich nur zu gerne propagierte Förderung Vettels, sollte hingegen differenziert werden: Zwar unterstütze Red Bull den Deutschen ab 2004 - gerade zu seinem Karrierebeginn war Vettel jedoch in erster Linie ein BMW-Mann.

Ein Bild für die Geschichtsbücher: Marko & Vettel 2010 in Abu Dhabi, Foto: Bridgestone
Ein Bild für die Geschichtsbücher: Marko & Vettel 2010 in Abu Dhabi, Foto: Bridgestone

Für den Autobauer aus München absolvierte er nach Erfolgen in der Formel BMW 2006 in der Türkei nicht nur seinen ersten Einsatz im Freitagstraining der großen F1, er bestritt mit den Bayern 2007 in Indianapolis auch seinen ersten Grand Prix. Für den Großen Preis von Ungarn im selben Jahr lotsten Berger und Franz Tost Vettel dann aber zur Red-Bull-Tochter Toro Rosso und die Geschichte nahm ihren Lauf, ehe sie am 14. November 2010 auf dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi ihren vorläufigen Höhepunkt fand. Unvergessen die Bilder, wie Vettel und Marko nach Ende der Zeremonie zur Pokalübergabe minutenlangen auf dem Podest saßen und im Blitzlichtgewitter der Heerscharen an Fotografen überglücklich in den Abendhimmel blickten.

Spätestens in der Folge von Vettels erstem Titel ergriff Marko jedoch auch in der öffentlichen Wahrnehmung mehr und mehr Partei für seinen deklarierten Ziehsohn, sehr zum Leidwesen von dessen Teamkollege Mark Webber. Die Beziehung zwischen Marko und dem Australier wird mittlerweile als mindestens genauso kühl erachtet, wie die zwischen Vettel und Webber selbst. Ein kritisches Wort in Bezug auf Sebastian Vettel sucht man in Interviews des Red-Bull-Motorsportberaters bis zum heutigen Tage vergeblich.

Unmut in Bezug auf Helmut? Webber kann ein Lied davon singen..., Foto: Sutton
Unmut in Bezug auf Helmut? Webber kann ein Lied davon singen..., Foto: Sutton

Durch diesen allsonntäglich zur Schau gestellten scheinbaren Mangel an Selbstreflektion, ist er für die F1-Fans somit zur vielleicht streitbarsten Figur im Fahrerlager aufgestiegen, einmal mehr geben sich Licht und Schatten die Klinke in die Hand. Marko polarisiert, zieht dadurch die Aufmerksamkeit auf sich und nimmt gleichsam den externen Druck vom Team - vielleicht ist gerade diese Installation seiner selbst als Puffer zwischen Medien und Belegschaft das wahre Geheimnis hinter seinem späten Erfolg. Den seit heute Siebzigjährigen mag man oder man kann ihn nicht ausstehen - diesbezüglich ist sich der Österreicher treu geblieben... um Freunde zu finden, war er ganz sicher nie in der Formel 1.