Seit dem Großen Preis von Malaysia und damit immerhin schon fast drei Wochen ist es das Thema in der Formel 1: Die Stallorder-Debatte hat seither hohe Wellen geschlagen, ganz egal ob bei Red Bull, Mercedes oder allen anderen Fahrern, Teams und Experten, die sich zur Causa geäußert haben. In Zukunft wird man die unliebsamen Funksprüche jedoch weniger zu hören bekommen, glaubt man allen Beteiligten - zu groß ist scheinbar der Imageschaden, zu schlecht war die Außenwirkung und das mediale Echo im Anschluss an Sepang. Nachdem zuletzt bereits Helmut Marko erklärt hatte, dass Red Bull in Zukunft darauf verzichte, seine Piloten vom Kommandostand aus einzubremsen, zog nun auch Landsmann Niki Lauda nach, der bei Mercedes für die Geschicke des Teams verantwortlich zeichnet.

"Wir haben uns zusammengesetzt und waren uns sofort einig: Ab sofort dürfen die Piloten ihr Rennen gegeneinander fahren", erklärte der Österreicher im Vorfeld des dritten Saisonlaufs der Formel 1 in China. Allgemein war Lauda in Shanghai vor allem eines: "Froh, dass es nach drei Wochen Stallorder-Diskussionen wieder um etwas geht." Während sich der Fokus aller also langsam wieder auf das sportliche Geschehen richtet, kam trotzdem noch einmal die Frage auf, ob das Aussprechen einer Stallorder überhaupt noch zeitgemäß sei. Lauda antwortete: "Am Ende des Jahres, wenn es um die WM geht, macht so etwas Sinn." In erster Linie gehe es darum, zu verhindern, dass ein Dritter gewinne. "Anstatt den Fans etwas vorzulügen, macht man mit Stallordern alles transparent", meinte der dreifache Weltmeister.

Red Bulls Fairness im Fokus

Wenn es jedoch so transparent werde, wie zuletzt bei Red Bull und dementsprechend in einem, vorwiegend über die Presse ausgetragenen, Stallkrieg ende, mache das Verhalten keinen Sinn mehr. "Ich kenne Didi Mateschitz gut und für mich war logisch, dass ihm das, was in Malaysia passiert ist, nicht gefallen konnte", sagte Lauda der Tageszeitung Österreich. "Red Bull war immer das Team, das dafür gestanden ist, die Autorennen rein sportlich zu fahren", lobte der 64-Jährige. Lob hatte er derweil auch für seine Piloten übrig, insbesondere für Nico Rosberg, dem er in Sepang höchst professionelles Verhalten im gehorsamen Umgang mit dem Nichtangriffspakt attestierte. "Nico hat sich super verhalten. Dafür hat er meinen größten Respekt", so Lauda.

Auch bei Mercedes hat man den Kurs in Sachen Teamorder überdacht, Foto: Sutton
Auch bei Mercedes hat man den Kurs in Sachen Teamorder überdacht, Foto: Sutton

"Hätte er beim Saisonauftakt nicht den dummen Defekt mit dem Knopf gehabt, der eigentlich nur den Streckenposten bei einem abgestellten Auto helfen soll, würde er jetzt noch weiter vorne stehen", erklärte der Österreicher mit Blick auf den derzeit WM-Siebten. Drei Positionen vor diesem steht in der Gesamtwertung momentan Teamkollege Lewis Hamilton, der mit den Plätzen fünf und drei einen guten Saisonstart erwischte. Geht es nach dem Briten, dürfe man sogar von einem Traumstart sprechen. "Für mich war es so eine große Entscheidung, zu diesem Team zu kommen... besonders, da ich wusste, was ich bei McLaren für ein gutes Auto zur Verfügung hatte und von dem, was ich damals beobachten konnte, hätte ich darauf zurückgeschlossen, dass sie auch dieses Jahr ein gutes Auto haben würden."

In Hockenheim 2008 selbst profitiert

Bis dato hat Hamiltons Ex-Team heuer aber noch enorme Anlaufschwierigkeiten - der Brite darf sich dementsprechend rühmen, mit dem Gang von Woking nach Stuttgart alles richtig gemacht zu haben. "Mercedes hat bei der Entwicklung so große Fortschritte erzielt, dass wir mit Red Bull und Ferrari mithalten können", freute sich der 28-Jährige. Dass man sich am Weltmeisterteam zuletzt aber nicht nur in puncto Pace sondern auch in Sachen Stallorder orientiert habe, schmeckte Hamilton weniger, wenngleich er in Sepang der Profiteur dieser Vorgehensweise war. "Ich habe in meiner Karriere schon beide Seiten von Teamordern kennengelernt, die positiven und die negativen", sagte der Ex-Champ. "Als Fernando Alonso und ich 2007 bei McLaren Teamkollegen waren, war ich in der ersten Saisonhälfte in den Augen des Teams beispielsweise der Nummer-2-Fahrer."

Wirklich freuen konnte sich Lewis Hamilton in Sepang nicht, Foto: Sutton
Wirklich freuen konnte sich Lewis Hamilton in Sepang nicht, Foto: Sutton

Seinen Titelchancen hätte das damals nicht gerade geholfen. Ein Jahr später hätte es sich jedoch andersrum verhalten und die Teamanweisung ihm in die Karten gespielt. "2008 gab es in Hockenheim eine Vereinbarung zwischen mir und meinem Stallgefährten Heikki Kovalainen. Ich kämpfte um die WM, war schneller und kam von hinten durch das Feld - also hat er mich einfach vorbeigelassen, weil er wusste, dass es das Beste für mich und das Team war", räumte Hamilton ein. Frei von Kontroversen ginge es bei derartigen Entscheidungen jedoch nie zu. "In der Türkei 2010 führte ich zum Beispiel das Rennen an - mir wurde dann gesagt, ich solle Tempo rausnehmen, um Sprit zu sparen. Jenson Button sagte man das Gleiche, er überholte mich aber trotzdem - so wie Sebastian es nun mit Mark gemacht hat", verriet Hamilton. Anders als bei Vettel kam der Funkspruch bei Button wegen eines Funkdefekts seinerzeit jedoch nie an.

Zu wenig Regen machte Sprit zum Problem

Hamilton wusste all das im Cockpit jedoch nicht, suchte die Antwort dementsprechend auf der Strecke: "Das war damals hart, deswegen kann ich auch Marks Gefühle jetzt sehr gut verstehen. Ich konnte meine Position damals aber zurückgewinnen - allerdings war es ein riskantes Manöver, das auch dafür hätte sorgen können, dass wir beide nicht das Ziel sehen", erinnerte sich der Brite. Mit Blick auf den aktuellen Mercedes-Vorfall in Malaysia vor drei Wochen erklärte Hamilton: "Nico und ich wurden beide mit der Erwartung eines Rennens betankt, in dem es länger regnet, als es das letztendlich getan hat. Im Nassen verbraucht das Auto weniger Sprit, also hatten wir vom Team weniger mit an Bord, als wir es in einem Trockenrennen gehabt hätten."

"Ich habe mit den Red Bulls gekämpft, deswegen habe ich in dieser Phase mehr Benzin verbraucht, um mit ihnen mithalten zu können", sagte der Weltmeister von 2008. "Im letzten Stint waren Nico und ich deshalb dann beide in einer Position, in der wir Probleme bekommen hätten, das Rennen zu beenden, wenn wir einfach weitergekämpft hätten." Zwar habe man mittlerweile im Simulator an besseren Strategien für einen verringerten Spritverbrauch gearbeitet - in Malaysia habe einem das aber noch nicht helfen können, weswegen man sich im Team dazu entschloss, nichts zu riskieren und die guten Punkte sicher mit nach Hause zu nehmen. Wenngleich Hamilton den faden Beigeschmack einräumte, den das Podium für ihn persönlich gehabt hätte: "Mir war mein Podestplatz regelrecht peinlich, denn ich möchte nichts geschenkt bekommen. Jeden Punkt und jede Position, um die ich in meinem Leben gekämpft habe, habe ich auch verdient."