Es war eine Machtdemonstration wie sie die Formel 1 davor und danach selten gesehen hat: Am 11. April 1993 gastierte die Königsklasse erstmals und wie sich später herausstellen sollte auch nur einmalig im Donington Park in Mittelengland. Zum zwanzigsten Jahrestag der Siegesfahrt Ayrton Sennas erinnert sich die britische Kommentatorenlegende Murray Walker an einen unvergesslichen Frühlingstag und an eine unvergleichliche Leistung des McLaren-Piloten, der sich knapp ein Jahr vor seinem Tod auf dem Höhepunkt seiner rennfahrerischen Schaffenskraft befand. "Senna war die zentrale Figur in einigen der besten Rennen, die ich je gesehen habe - und an jenem Tag wurde er auch zu dem Mann, der laut der breiten Masse einstimmig für die beste und atemberaubendste Eröffnungsrunde in der Geschichte der Formel 1 verantwortlich ist", so Walker.

Der Brite, der über ein halbes Jahrhundert vom Motorsport berichtete, erinnert sich trotz seiner mittlerweile 89 Jahre noch genau an die Voraussetzungen vor dem legendären Donignton-Auftritt. "Die Saison 1993 sah früh wie das Jahr von Sennas größtem Rivalen Alain Prost aus, der einen dominanten Williams-Renault zur Verfügung hatte, wohingegen Senna von einem Ford-Kundenmotor eingebremst wurde... und von einem Auto, das den Großteil der Saison gegen den Williams nicht den Hauch einer Chance hatte." Prost gewann so bereits den Auftakt in Südafrika, nach einem Dreher des Franzosen im Regen von Brasilien gewann Senna aber sein Heimrennen in Sao Paulo - zum zweiten und letzten Mal.

Schnellste Runde durch die Boxengasse

Senna konnte an jenem Tag im April vor 20 Jahren gar niemand aufhalten, Foto: Sutton
Senna konnte an jenem Tag im April vor 20 Jahren gar niemand aufhalten, Foto: Sutton

Als WM-Führender kam der Südamerikaner zurück nach Europa und zum Großen Preis im Donington Park. "Senna konnte sich nur als Vierter qualifizieren und fiel dann auf dem Weg zur ersten Kurve sogar kurz auf den fünften Rang zurück. Was im sintflutartigen Regen dann jedoch folgte, war atemberaubend - und ich war in meiner Kommentatorenkabine völlig fasziniert und aus dem Häuschen, so wie jeder andere, der zusah", erinnerte sich Walker bei den Kollegen der BBC. Nachdem Senna sich am Ausgang der Redgate-Kurve Michael Schumacher im Benetton geschnappt hatte, war Karl Wendlinger im Sauber sein nächstes Opfer - diesen übberholte er in den Craner Kurven. Senna war anschließend schon Dritter, hinter den Williams-Autos von Prost und Damon Hill.

Doch der Brasilianer hatte noch nicht genug, scheute weiter kein Risiko und fuhr wie auf Schienen Kreise um die Konkurrenz. In McLeans überrumpelte er erst Hill, dann jagte er Prost zur Haarnadel hinunter, um auch am Franzosen vorbei und in Führung zu schlüpfen. Anschließend fuhr der McLaren-Pilot wie von einer anderen Welt und dem Feld bis ins Ziel auf und über eine Minute davon. Als Sahnehäubchen gab es von Senna in Runde 57 mit einer Zeit von 1:18.029 Minuten noch die schnellste Rennrunde obendrauf, wobei er sich die sonderbare Streckencharakteristik des Kurses zunutze machte. "Unglaublich!", entfährt es Walker noch heute beim Gedanken an die Siegesfahrt des Regendominators.

"Sennas Meisterstück war nicht nur die erste Runde. Er fuhr einfach das ganze Rennen so weiter. Bei den immerzu wechselnden Bedingungen gab es am Ende 63 Reifenwechsel - sechs bei Hill, sieben sogar bei Prost... aber nur vier bei Senna", so Walker. Der Brite meinte: "Senna hat an diesem Tag nicht nur die Konkurrenz lächerlich gemacht, er hat seine schnellste Runde auch erzielt, indem er nonstop durch die Boxengasse hindurch gefahren ist!" Möglich machte das der Boxeneingang vor der langsamenen Haarnadel am Rundenende. "Es war ein Rennen, an das ich mich mein Leben lang erinnern werde und nur wenige Fahrer haben so einen Eindruck auf mich hinterlassen können wie Ayrton Senna."