Warum gibt es Diskussionen über das 20. Rennen?

Ursprünglich sollte der Große Preis von Jersey im Juni 2013 seine Premiere feiern. Dazu kommt es jedoch nicht. Die Hetzjagd auf dem Port Imperial Street Circuit, einer temporären Rennstrecke am Hudson River, wurde unlängst auf 2014 verschoben. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone begründete die Entscheidung damit, dass die Verzögerung, die wegen zwischenzeitlicher Finanzierungsprobleme entstanden sei, die für das kommende Jahr geplante Austragung unmöglich gemacht habe. Auf ein 20. Rennen wollte Ecclestone allerdings nicht verzichten - anstelle des Grand Prix in den USA findet ein weiteres Rennen in Europa statt.

Sebastian Vettel wird im kommenden Jahr keine Runden in New Jersey drehen, Foto: Red Bull GEPA
Sebastian Vettel wird im kommenden Jahr keine Runden in New Jersey drehen, Foto: Red Bull GEPA

Welche Rennstrecken stehen zur Diskussion?

Für den 2013 in Europa geplanten Grand Prix kommen vier Austragungsländer in Frage: Türkei, Frankreich, Österreich und Spanien. Der Istanbul Circuit Park gilt als heißester Anwärter, nachdem die Türkei in der vergangenen Saison aussetzen musste. Zuletzt entstand ein kleiner Hype um den Red Bull Ring in Spielberg, nachdem Red Bulls Sportberater Helmut Marko den ehemaligen A1-Ring ins Gespräch gebracht hatte.

Ein weiterer Kandidat ist Frankreich, wo gleich zwei Strecken gern in den Rennkalender zurückkehren würden. Sowohl Le Castellet als auch Magny-Cours hatten Interesse angemeldet, als französischer Botschafter wurde Alain Prost entsandt, um mit Ecclestone über eine mögliche Austragung zu diskutieren. Doch laut Prost sei die für 2013 anvisierte Rückkehr aus zeitlichen Gründen eher unrealistisch. Interne Machtkämpfe und der Regierungswechsel machen die Angelegenheit für Frankreich kompliziert.

Spanische Interessenvertreter sind unterdessen daran interessiert, künftig wieder doppelt im Rennkalender zu erscheinen. Aus finanziellen Gründen wurde das Stadtrennen in Valencia für 2013 abgesagt, nächstes Jahr taucht nur noch Barcelona mit dem Spanien Grand Prix auf. Die Valencia-Streckenbetreiber schließen eine eigenständige Rückkehr in den Kalender nicht aus, bemühen sich jedoch eher um einen jährlichen Wechsel mit Barcelona, wie es in Deutschland mit dem Nürburgring und Hockenheim der Fall war.

Was bevorzugt Bernie Ecclestone?

"Warum nicht?" Das waren Bernie Ecclestones Worte bei der Eröffnung des umgebauten Red Bull Rings im Mai 2011, als er auf eine mögliche Rückkehr der Formel 1 nach Österreich angesprochen wurde. Nachdem die Alpenrepublik seit Gerüchten um ein tatsächliches Rennen 2013 in Aufruhr ist, will Ecclestone davon aber plötzlich nichts mehr wissen.

Seiner Meinung nach ist die wahrscheinlichste Variante, dass es 2013 nur 19 Rennen geben wird und der zusätzliche Europa GP aus dem Kalender fliegt. Sollte er aber doch wählen müssen, wäre sein Favorit die Türkei, denn in seinen Augen gehört der Istanbul Park Circuit zu den besten Strecken der Welt.

Zudem ist Istanbul eine Weltstadt, die alles bietet, was das F1-Herz begehrt. Genau das ist für den Formel-1-Boss auf vielen anderen Strecken - wie beispielsweise auch in Spielberg - nicht der Fall. Denn die Infrastruktur um die Stadtgemeinde mit rund 5000 Einwohnern lässt aus Sicht des Briten stark zu wünschen übrig. Vor allem Hotels für Teammitglieder, Offizielle und Journalisten seien in jedem Jahr Mangelware gewesen.

Was spricht für und gegen Istanbul?

"Ich werde versuchen, das Rennen in die Türkei zurückzuholen." Bernie Ecclestone will den Türkei GP 2013 im F1-Rennkalender haben - und normalerweise bekommt der F1-Zampano auch das, was er will. Die Gespräche zwischen Ecclestone und den Streckenbetreibern sollen positiv verlaufen sein, was die Türkei ganz klar auf die Pole Position bringt. Erfahrung mit der Austragung hat Istanbul zu genüge, fand zwischen 2005 und 2011 doch jährlich ein F1-Rennen im Istanbul Park statt. Nur das Interesse der Zuschauer fiel mager aus.

Gegen eine Rückkehr des Türkei GP 2013 spricht das liebe Geld. Um den Grand Prix zurückzuholen, braucht man einen staatlichen Zuschuss von rund 10,5 Millionen Euro. Für die Regierung kommt das allerdings nicht in Frage, schrieb man schon zuletzt stets rote Zahlen. "Dass wir die Kosten übernehmen sollen, steht überhaupt nicht zur Debatte", erklärte Sportminister Suat Kilic. Doch ohne eine Garantie beziehungsweise Zusage des erforderlichen Budgets auf Regierungsebene wird es nicht gehen. Allein das Wohlwollen des türkischen Automobilverbands (TOSFED) reicht nicht aus, damit die F1 wieder in der Türkei Station macht.

Helmut Marko heizte die Diskussionen an, Foto: Victory Advertising
Helmut Marko heizte die Diskussionen an, Foto: Victory Advertising

Wie kam ein möglicher Österreich GP ins Gespräch?

Red Bull absolvierte Anfang Dezember in der Innenstadt von Graz einen Showrun, bei dem neben Weltmeister Sebastian Vettel auch Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko zugegen war. Im Zuge einer Pressekonferenz wurde Marko darauf angesprochen, ob nicht auch der Red Bull Ring in Spielberg eine Option für das vakante 20. Rennen darstellen könnte.

"Man soll niemals nie sagen bei Mateschitz. Schauen wir mal, wie sich das dort entwickelt", lautete Markos kryptische Einschätzung, die in den Köpfen der Österreicher bereits Träume an eine Rückkehr der Formel 1 in die Alpenrepublik sprießen ließ. Seither hält sich das Gerücht beständig in den Medien und wurde von Marko jüngst noch zusätzlich angeheizt: "Wir haben die FIA darauf aufmerksam gemacht, dass es hier eine Strecke mit voller F1-Lizenz gibt."

Welche Argumente sprechen für und gegen Spielberg?

Es ist viel Zeit ins Land gezogen, seit die Formel 1 zum letzten Mal ihre Zelte in Spielberg aufgeschlagen hat - damals noch am A1-Ring. Dieser wurde nach langen Diskussionen schließlich abgerissen und an selber Stelle der Red Bull Ring errichtet. Der Betrieb der Strecke unterliegt exakten Vorschriften, die zum Schutz der Anwohner beitragen sollen. Sie umfassen unter anderem Grenzwerte für den Lärmpegel und die Zuschauermengen pro Tag.

Ländliche Idylle in Spielberg, Foto: Sutton
Ländliche Idylle in Spielberg, Foto: Sutton

Mit der DTM gastiert derzeit in Spielberg nur eine "große" Rennserie, die sich jedoch innerhalb der Grenzwerte bewegt. Käme die Formel 1 in die Steiermark, würde es wohl Ausnahmeregelungen bedürfen, alleine schon wegen der enormen Lautstärke der Boliden. Es müssten Zusatztribünen aufgestellt und das Pressezentrum vergrößert werden, was jedoch kein unüberwindbares Problem darstellen sollte. Der streitbare Anwohner-Vertreter Karl Arbesser hat am Dienstag angekündigt, dass er zwar für die Einhaltung der Auflagen sorgen wolle, ließ aber auch die Tür hinsichtlich einer einmaligen Ausnahme für die Formel 1 offen.

Die Veranstaltungsgebühr würde vermutlich bei etwa 20 Millionen Dollar liegen, für die die österreichische Regierung aufkommen müsste. "Red Bull zahlt sicher nicht", stellte Marko klar. Neben den Finanzen ist auch die Infrastruktur rund um die Strecke ein Problem, denn so bezeichnete Ecclestone die Hotelsituation als katastrophal. Hinzu kommt, dass Österreich für die Formel 1 kein relevanter Wirtschaftsmarkt ist - ganz im Gegensatz zu Istanbul als Brückenkopf zwischen Europa und Asien. Der anvisierte Termin am 21. Juli spricht hingegen wieder für den Red Bull Ring: Am folgenden Wochenende ist der Große Preis von Ungarn anberaumt und Budapest ist von Spielberg lediglich einen etwas größeren Steinwurf entfernt.

Wie entscheidet Ecclestone?, Foto: Sutton
Wie entscheidet Ecclestone?, Foto: Sutton

Welches Szenario ist am realistischsten?

19 Rennen oder Türkei hieß die klar Ansage von Bernie Ecclestone. Glaubt man dem Formel-1-Zampano, braucht man sich also über andere Alternativen als den Istanbul Park keine Gedanken machen. Doch Ecclestone ist nicht gerade dafür bekannt, mit offenen Karten zu spielen. Fakt ist, der Brite versucht so viel Geld wie möglich mit einem 20. Rennen zu verdienen.

Im Hinblick darauf kommen dem Promoter die Spekulationen um Spielberg gerade recht, um auf die Türkei Druck auszuüben. Letztendlich dürfte wohl Istanbul - sofern man sich finanziell einigen kann - den Zuschlag erhalten. Sollte sich Ecclestone nicht mit den türkischen Streckenbetreibern einigen können, umfasst die 64. Formel-1-Saison wohl nur 19 Grand Prix. Außer Red Bull macht Ernst und ist bereit für einen Österreich GP tief in die Brieftasche zu greifen - und bei Red Bull soll man ja bekanntlich niemals nie sagen.