Das Formel-1-Abenteuer von HRT dauerte drei Jahre, ehe es zum finanziellen Kollaps kam, sodass man die spanische Mannschaft vergeblich auf der FIA-Meldeliste für 2013 sucht. Neben der fehlenden sportlichen Konkurrenzfähigkeit traten vor allem in der zweiten Saisonhälfte an den Boliden gravierende technische Mängel auf, die ein veritables Sicherheitsrisiko darstellten.

Dabei sollten mit dem neuen Besitzer Thesan Capital bessere Zeiten anbrechen und phasenweise konnte man durchaus den Eindruck gewinnen, dass bei HRT Nachhaltigkeit Einzug gehalten hätte, obwohl wieder einmal sämtliche Testfahrten mit dem neuen Wagen versäumt worden waren. Doch schlussendlich bleiben in erster Linie unschöne Erinnerungen an das Hinterbänklerteam, wie Sebastian Vettels wenig schmeichelhafte Aussagen über Narain Karhtikeyan, der ihm beim Überrunden nicht nur einmal in die Quere kam. Pedro de la Rosa brachte die Untergangsstimmung auf den Punkt: "Ich fühle mich schlecht, denn wenn ich mit den Mechanikern spreche, weiß ich nicht, ob wir das letzte Mal zusammengearbeitet haben."

Das Team: Obwohl die Geschichte von HRT von zahlreichen Wechseln an der Spitze des Teams geprägt war, kam es im November überraschend, dass sich Eigentürmer Thesan Capital vom Rennstall trennen wollte. Verhandlungen mit potenziellen Käufern verliefen jedoch im Sand, weshalb die Einschreibgebühr für 2013 nicht rechtzeitig an die FIA überwiesen werden konnte, was das Aus für HRT in der Formel 1 bedeutete. Als Folge der finanziellen Probleme wurde noch während der laufenden Saison ein Großteil der Belegschaft entlassen, was in der Fabrik in Madrid wenig Begeisterung auslöste.

Luis Perez-Sala übernahm den Posten des Teamchefs, Foto: Sutton
Luis Perez-Sala übernahm den Posten des Teamchefs, Foto: Sutton

Schon vor Saisonbeginn war es zu erheblichen Umwälzungen in der Führungsetage gekommen. Der einstige Berater Luis Perez-Sala löste Colin Kolles als Teamchef ab und der Umzug von Deutschland nach Spanien wurde vorbereitet, welcher auch als Vorwand herangezogen wurde, um nicht an den Testfahrten im Mai in Mugello teilzunehmen. HRT wollte als betont spanisches Team auftreten, was sich nicht zuletzt in der Fahrerwahl niederschlug, die zugunsten von Routinier de la Rosa ausfiel.

Neben Kolles wurden vor Saisonbeginn weitere Mitarbeiter vor die Tür gesetzt, die am Aufbau des HRT F112 beteiligt waren: die Verträge von Technikdirektor Jacky Eeckelaert, Chef-Designer Jean-Claude Martens sowie Produktionsleiter Simon Jenkins wurden nicht verlängert und Toni Cuquerella übernahm die technischen Agenden. Eine Konstante stellte hingegen Koch Juan Mari Arzak dar, dessen oftmals exotische Kreationen an den Rennwochenenden in Pressemitteilungen angepriesen wurden.

Das Auto: HRT blieb seiner Tradition treu und verpasste wie in den beiden vorangegangenen Jahren die vor der Saison anberaumten Testfahrten, lediglich in Jerez war die Mannschaft vertreten, allerdings mit dem Boliden von 2011. Ursächlich für die Verzögerung waren Nachbesserungen am F112, die aufgrund von nicht bestandenen Crashtests vorgenommen werden mussten und bis in den März andauerten. Ein wenig Erfahrung mit dem neuen Material konnten de la Rosa und Karthikeyan immerhin im Zuge eines Filmtages sammeln.

Der HRT F112 vor dem Saisonauftakt in Australien, Foto: Sutton
Der HRT F112 vor dem Saisonauftakt in Australien, Foto: Sutton

Angesichts dieser mangelhaften Vorbereitung kam es wenig überraschend, dass HRT in Australien mit den eilig in der Box zusammengesetzten Wagen im Qualifying an der 107-Prozent-Hürde scheiterte und den ersten Grand Prix des Jahres aus der Zuschauerrolle verfolgen musste. Es handelte sich dabei jedoch um ein einmaliges Ereignis, denn für alle anderen Rennen schafften de la Rosa und Karthikeyan problemlos die Qualifikation.

Angetrieben wurde der HRT F112 wie in den Jahren zuvor von einem Cosworth-Aggregat, beim Getriebe setzte das spanische Team auf das Know-How von Williams, während KERS auch 2012 nicht zur Anwendung kam.

Je näher das Saisonende rückte, desto mehr technische Defekte traten auf, die von einer gebrochenen Lenkung über ein kaputtes Gaspedal bis hin zu überhitzten Bremsen reichten - ein Unfall zwischen Karthikeyan und Nico Rosberg in Abu Dhabi war die Folge, der zwar spektakulär aussah, aber glimpflich endete. Im Fahrerlager wurde bereits gemunkelt, dass HRT nicht mehr über genügend Geld für neue Teile verfügen würde, was von de la Rosa jedoch bestritten wurde. "Das Auto ist langsam, aber es ist sicher", erklärte der Spanier. Dem Vernehmen nach überließ das Team seinen Piloten die Entscheidung, das Saisonfinale in Brasilien zu bestreiten.

Die Fahrer: Pedro de la Rosa und Narain Karthikeyan hatten die Ehre, die letzte Formel-1-Saison für HRT zu absolvieren. Die Wahl auf den Spanier fiel nicht zuletzt wegen seiner Nationalität und großen Erfahrung, Karthikeyan hatte vor allem den indischen Konzern Tata als Sponsor auf seiner Seite. Als Testfahrer kam zunächst Dani Clos und in der zweiten Saisonhälfte der Chinese Ma Qing Hua zum Einsatz, von dem man sich schon hinsichtlich 2013 üppige Sponsorengelder erhoffte.

De la Rosa und Karthikeyan zierten in der Regel das Ende des Feldes, konnten aber zumindest zeitweise den Kampf mit Marussia aufnehmen. Allerdings landete HRT in der Konstrukteurswertung anders als in den beiden vorangegangenen Jahren hinter der russischen Konkurrenz und verfehlte damit sein Saisonziel. Im teaminternen Duell hatte der Inder zumeist das Nachsehen, erreichte aber in Monaco mit Platz 15 HRTs bestes Saisonergebnis. Zudem gelang es ihm in Monza erstmals seit 2005 wieder, seinen Stallgefährten im Zeittraining zu besiegen.

Trotz dieser kleinen persönlichen Erfolge war es in erster Linie die Kritik von Sebastian Vettel, die Karthikeyan in die Schlagzeilen brachte. In Malaysia war der 35-Jährige mit dem Red-Bull-Piloten im Zuge einer Überrundung kollidiert und schlitzte seinen Hinterreifen auf, weshalb er mit einer Zeitstrafe belegte wurde und sich von Vettel als 'Gurke' bezeichnen lassen musste. In Austin kreuzten sich die Wege der beiden erneut und Vettel monierte, dass ihn die Überrundung des HRT-Piloten um den Rennsieg gebracht hätte, weil Lewis Hamilton aufschließen und überholen konnte.

HRT hielt bis zum Saisonfinale durch, Foto: Sutton
HRT hielt bis zum Saisonfinale durch, Foto: Sutton

Pro: Es ist fraglos nicht einfach, positive Worte über HRT zu finden. Trotz aller Kritik muss jedoch hervorgehoben werden, dass sich der F112 als recht standfest erwies und lediglich elf Mal nicht das Ziel sah. Im Gegensatz zu den Vorjahren kehrte auf dem Fahrersektor Kontinuität ein, sodass bei allen Rennen die beiden selben Piloten im Cockpit saßen - das war beileibe nicht immer der Fall, denn 2010 und 2011 kamen je vier unterschiedliche Fahrer zum Einsatz. Trotz der immer größer werdenden Finanznot zog HRT die Saison durch und startete auch bei den abschließenden Rennen, was der Mannschaft zu Gute gehalten werden sollte, obwohl sie damit vermutlich primär im Concorde Agreement festgehaltenen Konventionalstrafen entgehen wollte. Philipp Schajer

Contra: Die dritte - und vermutlich auch letzte - Saison des Teams ist vorbei und wieder hat man es nicht geschafft, den Anschluss zu finden. Beim Auftakt in Australien scheiterten beide Piloten an der 107 Prozent-Hürde um mehr als eine Sekunde. Danach schaffte man zwar immerhin die Qualifikation, mehr allerdings nicht. Trauriges Saisonhighlight: Ein 15. und letzter Platz in Monaco. Doch gegen Ende der Saison kam es noch schlimmer: aus Geldmangel soll man bei einigen Teilen am Fahrzeug gespart haben. So explodierten schon mal Bremsscheiben oder brachen Lenkstangen. Katastrophale Performance und Sicherheitsrisiko - so wird mir HRT in Erinnerung bleiben. Dass die Spanier nächste Saison nicht mehr in der Startaufstellung stehen, ist für mich die logische Konsequenz dieses desolaten Jahres. Christian Menath