Während der Champagner bei Red Bull so langsam getrocknet ist und der erste Party-Kater wohl auskuriert sein dürfte, ist die Stimmung bei Ferrari drei Tage nach der denkbar knappen Niederlage im Titelkampf von Sao Paulo von Enttäuschung in Trotz umgeschlagen. Besonders das Zustandekommen des Rennergebnisses in Interlagos und die vielen kontroversen Überholmanöver Sebastian Vettels vor, nach oder eben während der gelben Flaggen sorgen im Lager der Roten nach wie vor für Unmut, wenngleich man auf einen Protest direkt nach Rennende verzichtete.

Auch Alonso sorgte durch Überholmanöver für Furore - jedoch ohne gelbe Flaggen, Foto: Sutton
Auch Alonso sorgte durch Überholmanöver für Furore - jedoch ohne gelbe Flaggen, Foto: Sutton

Dass auch Fernando Alonso nicht sonderlich begeistert vom Endergebnis in Brasilien war, darf niemanden verwundern. Für ihn aber besonders ein Dorn im Auge: Das Nichteingreifen der Regelhüter bei den vielen strittigen Szenen. Auch deshalb, so findet der Spanier, hätten er und Ferrari letzten Endes keine Chance mehr gehabt, das Blatt in der Weltmeisterschaft noch einmal zu wenden. Via Twitter verkündete er: "Bei mir gibt es keine Wunder." Wohl in Anspielung auf Vettels Verhalten unter gelben Flaggen fügte er hinzu: "Ich vollbringe meine Wunder innerhalb der Regeln."

Nicht nur durch sein Manöver gegen einen HRT im Senna S, das letztendlich aber regelkonform war, hatte Vettel am Sonntag für Furore gesorgt - auch das Überholen von Kamui Kobayashi gestaltete sich als kniffeliger Fall, waren die Flaggensignale im Wetter- und Crashchaos auf dem Autodromo Carlos Pace doch wenig eindeutig. Mittlerweile sorgt auch ein Video von Onboardaufnahmen des Red-Bull-Piloten in diversen Internetforen für heiße Diskussionen unter den Formel-1-Fans rund um den Globus. Darauf ist zu erkennen, wie Vettel den Toro Rosso von Jean-Eric Vergne überholt - direkt im Anschluss an das Passieren eines gelben Flaggensignals am rechten Fahrbahnrand.

Alonso selbst mit weißer Weste

Zwar gilt kurz danach wieder grün und freie Fahrt - das Überholmanöver des Deutschen ist jedoch schon vor der imaginären Linie, die an dieser Stelle über die Strecke läuft, abgeschlossen. Das Regelwerk der FIA besagt, dass das Überholen zwischen der ersten gelben Flagge bis hin zum Ende der potenziellen Gefahrenzone untersagt ist. Für Alonso Grund genug, den Ausgang des Großen Preises von Brasilien infrage zu stellen - parallel dürfte der Spanier noch einen weiteren Nährboden für seine Sichtweise und das Einfordern von Gerechtigkeit gefunden haben. In den britischen Medien wurde nach Abschluss der Saison eine Liste veröffentlicht, welcher Fahrer 2012 wie viele Strafen für Regelverstöße jeglicher Art kassiert hat.

Hinter dem unangefochten an der Spitze stehenden Pastor Maldonado mit 13 Strafen, kommt Vettel gleichauf mit Sergio Perez immerhin auf Platz zwei - achtmal fiel den Regelhütern in der abgelaufenen Saison etwas beim Red-Bull-Piloten auf. In die Aufzählung flossen sowohl Verwarnungen, Rennsperren, Session-Ausschlüsse, Rückversetzungen in der Startaufstellung, Zeit- und Durchfahrtstrafen ein, genauso wie Bestrafungen für Getriebe- oder Motorenwechsel. Titelrivale Alonso ist zusammen mit Timo Glock und Einmalaushilfe Jérôme d'Ambrosio hingegen einer von nur drei Piloten, der 2012 keinen einzigen Vorfall aufzuweisen hatte.