Früher waren Überholmanöver in der Formel 1 eine Seltenheit, heute sind sie in mannigfaltiger Form an der Tagesordnung - doch welche Manöver sind wirklich echt und pures Racing und welche entstehen nur auf Grund der diversen, mittlerweile in der Königsklasse gängigen, Überholhilfen wie DRS oder KERS? Diese Frage stellt sich beim Zuschauen auch Jacques Villeneuve und verliert mehr und mehr den Gefallen am Betrachten des künstlichen Spektakels. "Wann immer ich das DRS sehe, werde ich jedes Mal sauer", räumte der Weltmeister von 1997 nun ein. Der Grund dafür sei einfach: "Es zerstört einfach jeden guten Zweikampf."

Doch nicht nur der verstellbare Heckflügel sei eine Unsitte der modernen Formel 1. "Was mich auch stört, ist die Regel, dass man seine Linie nur einmal wechseln darf. Das ist das Schlimmste überhaupt", fand der 41-Jährige, der neben der F1 auch aus seiner IndyCar-Zeit Mitte der Neunziger noch ganz andere Verteidigungsschlachten auf der Rennstrecke gewohnt ist. "Die Regel sollte lediglich lauten, dass reines Blockieren nicht erlaubt ist - das muss reichen", so der Kanadier. Insgesamt hätte der neue Charakter des Rennsports somit auch zur Bildung einer neuen Fahrergeneration beigetragen, von der Villeneuve nicht so viel hielt.

Kritik an Maldonado & Grosjean

Besonders viel Kritik setzte es dieses Jahr für die oftmals übermotiviert und rüpelhaft zu Werke gehenden Pastor Maldonado und Romain Grosjean. Während Villeneuve den Williams-Piloten vor allem für seine Aktion mit Lewis Hamilton in Valencia kritisierte, hatte er für Letzteren noch weniger Verständnis übrig. Grosjean, der heuer durch eine Vielzahl an Kollisionen in der ersten Runde für Schlagzeilen sorgte und von der FIA daher auch schon für ein Rennen gesperrt wurde, sei völlig außer Kontrolle. Dass die jungen Fahrer auf der Strecke heutzutage derart negativ auffallen würden, schrieb Villeneuve einem anderen Umstand zu.

Die hohen Sicherheitsstandards hätten regelrecht zu einer Verrohung der Sitten auf der Piste geführt. "Heute sind all jene Auslaufzonen, die früher noch aus Gras bestanden, asphaltiert. Der Rasen hat einen früher aber automatisch zurückziehen lassen - heute fehlt das und deshalb pushen einige bis zum äußersten Maximum und ohne dabei wirklich nachzudenken." Woher diese Einstellung komme, sei leicht abzusehen. "Die jungen Fahrer kommen in die Formel 1 und sind überhaupt nicht bereit dafür. Sie haben den ganzen Tag lang Videospiele gespielt und dabei vergessen, dass Motorsport immer noch gefährlich ist", mahnte der ehemalige Williams-Pilot.