Nach seinem Sieg in Belgien ist Jenson Button der Fahrer, der bei den vergangenen drei Rennen die meisten Punkte sammeln konnte. Es ist die Umkehr eines Trends im Vergleich zu Mai, wo Button arge Schwierigkeiten hatte. Die Performance des Briten litt unter einer falsch angepassten Temperatur zwischen den Vorder- und Hinterreifen seines Chrompfeils. Das Team unternahm zahlreiche Experimente, um dieses Malheur in den Griff zu bekommen, wie etwa das Beheizen der Reifen von der Innenseite mittels der heißen Bremsluft.

Inzwischen hat das Team eine Lösung gefunden, die sich vor allem um die Aerodynamik dreht. Der Grip am Heck wurde erhöht, die aerodynamische Balance des Autos sowie das mechanische Setup verbessert - heraus kamen 51 Zähler in drei Rennen. Buttons Leistung in Belgien zeigte, dass er seine Reifen nicht nur im Qualifying ans Arbeiten bekam und die Pole Position holte, sondern das Rennen zudem sicher mit nur einem Boxenstopp beendete. Sein zweiter Stint auf den harten Pirelli-Reifen war fast 170 km lang; der längste, den McLaren in dieser Saison auf einem einzigen Reifensatz geschafft hat.

Weckruf für die Konkurrenz

Buttons Pace und Strategie waren wie ein Weckruf für die Konkurrenz. Er liegt zwar immer noch 63 Punkte hinter dem WM-Führenden Fernando Alonso, aber in dieser Form könnte Button bis zum Ende der Saison noch ein Wörtchen mitreden in der Weltmeisterschaft. Wie schaffte es Button eigentlich, das Rennen mit nur einem Stopp zu beenden und wie sahen die strategischen Schlüssel beim Belgien Grand Prix aus? Und was war bei den anderen los: Warum hatte Lotus keine Chance auf den Sieg und hätte Michael Schumacher Vierter werden können, wenn er Nico Hülkenbergs Strategie benutzt hätte?

Buttons Sieg war ungefährdet, Foto: Sutton
Buttons Sieg war ungefährdet, Foto: Sutton

Die Vorbereitung auf das zwölfte Rennen des Jahres wurde am Freitag von Regen durchzogen, so konnten die Teams nichts über die Performance ihrer Longruns in Erfahrung bringen. Für das Rennen am Sonntag standen die Fahrer also ziemlich im Dunkeln. Zwar konnten sie ein paar Runden bei trockenen Bedingungen am Samstagmorgen abspulen, mussten sich gleichzeitig aber auf das Qualifying vorbereiten. Es blieb nur wenig Zeit um herauszufinden, wie die Fahrer ihre Reifen am Sonntag am besten zum Arbeiten bekommen würden.

Welches Setup in Spa?

Ein anderer Part der Strategieplanung für Spa war zu entscheiden, ob man eher auf ein low-Downforce Setup setzt, um auf den Geraden im ersten und dritten Sektor schneller zu sein, oder ob man mit höherer Downforce versucht, Sektor zwei bestmöglich zu meistern. Auch die Getriebeübersetzung war ein wichtiger Faktor - einige Fahrer fanden eine schwache Kombination aus Übersetzung und Downforce an ihren Autos vor. Das Resultat: Auf der Kemmel Straight schlugen sie deutlich am Begrenzer an und verloren deshalb natürlich an Speed. All diese Punkte führten schließlich zu einer Startaufstellung mit zwei Saubers und einem Williams in der Spitzengruppe, während Red Bull Probleme mit der Pace hatte.

Vor dem Rennen hieß es, dass eine 1-Stopp-Strategie etwa fünf Sekunden schneller sei als zwei Stopps, allerdings könnten die Ein-Stopper zum Ende des Rennens hin durch Zwei-Stopper auf frischen Reifen angreifbar sein. McLaren hatte sich bei Button mit Sicherheit eine 1-Stopp-Strategie ausgedacht, sofern es die Umstände zulassen würden, während die meisten anderen Teams mit zwei Reifenwechseln geplant hatten - vor allem, weil die Streckentemperaturen vor dem Start noch einmal anstiegen.

Chaos sorgt für Strategiewechsel

Der chaotische Startunfall änderte die Strategie auf zweierlei Art: Da vier starke Autos ausfielen, verändert dies die Erwartungen einiger Fahrer bezüglich des Endresultats. Außerdem bog das Safety Car auf die Strecke ab. Dadurch wurde das Feld natürlich verlangsamt und das bedeutete, dass die ersten vier Runden des Rennens - normalerweise die härtesten für die Reifen wegen des hohen Autogewichts - diesmal relativ einfach waren. Das führte dazu, dass viele Teams und Fahrer ihre Pläne änderten und es mit einer 1-Stopp-Strategie versuchten. Darunter auch Williams und Mercedes, was etwas überraschte, da gerade diese beiden nicht immer sanft mit den Reifen umgingen. Der Plan zahlte sich am Ende für beide nicht aus - dafür aber für Sebastian Vettel.

Vettels Strategie ging auf, Foto: Sutton
Vettels Strategie ging auf, Foto: Sutton

Ihm half die Tatsache, dass er sich die Reifen beim Start aussuchen konnte, weil er sich nur als Elfter qualifiziert hatte. Während er das Rennen auf einem frischen Satz der Medium-Reifen in Angriff nehmen konnte, mussten die Fahrer vor ihm die gebrauchten Mediums aus dem Qualifying aufziehen. Dieses kleine Detail war wichtig für den Ausgang des Rennens, denn so konnte Vettel 21 Runden auf seinem ersten Satz fahren und musste nur noch 23 Runden auf einem Satz frischer, harter Reifen bewältigen.

Unbezwingbarer Button

Jenson Button holte das Meiste aus dem größten Performance-Vorteil gegenüber der Konkurrenz, den wir in dieser Saison sehen konnten, heraus. Die Pace des McLaren war in Spa laut dem UBS Strategy Report rund eine halbe Sekunde schneller als die der ärgsten Rivalen und Button konnte dies bis zum Maximum ausnutzen. Er konnte das Rennen relativ einfach mit einem Stopp beenden. Dabei half der Start-Crash, der direkte Rivalen ausschaltete und die Safety-Car-Phase auslöste, sowie das Privileg, an der Spitze in clean air zu fahren. Er kontrollierte die Pace und musste sich nicht gegen Konkurrenten zur Wehr setzen, was bedeutete, dass er sich ausschließlich auf das Management der Reifen konzentrieren konnte.

Lotus hatte mit dem Sieg diesmal nichts zu tun, denn zum einen hatte der E20 nicht die erwartete Rennpace und zum anderen schien das Auto Probleme zu haben, die Reifen auf Temperatur zu bringen. Das konnte man vor allem nach dem Restart sehen, als Hülkenberg Räikkönen stehen ließ. Lotus setzte auf eine 2-Stopp-Taktik und ohne die Pace, diese Strategie vollends zu nutzen, waren sie keine Gefahr für Button. Der hatte auf den letzten 15 Runden sogar die Möglichkeit, einen Sicherheitsstopp einzulegen, aber er hatte die Pace und fühlte sich mit der Balance des Autos wohl. Seite Zeiten lagen zum Schluss immer noch im 1.54er-Bereich - ein ähnlicher Speed wie Räikkönen mit acht Runden frischeren Reifen.

Wäre P4 möglich gewesen?, Foto: Sutton
Wäre P4 möglich gewesen?, Foto: Sutton

Schumachers Plan ging nicht auf

Vettel konnte ebenfalls sanft mit den Reifen umgehen. Er nutzte den 1-Stopp-Plan und die gute Pace des RB8, um an den Zweistoppern vorbeizukommen und im Verlauf des Rennens vom zehnten auf den zweiten Platz vorzufahren. Nun kann man darüber diskutieren, ob Vettel auch auf P2 gefahren wäre, wenn die vier Rivalen vor ihm nicht ausgefallen wären. Da er in der ersten Runde jedoch zunächst zwei Positionen verlor und dann mit wichtigen Überholmanövern glänzte, kann man von einem positiven Rennen des Weltmeisters sprechen. Ähnliches galt für Michael Schumacher, der auch ein starkes Rennen ablieferte, gut überholte und sich gleichzeitig robust gegen die Hintermänner zur Wehr setzte.

Hätte Schumacher statt Hülkenberg Vierter werden können, wenn er eine ähnliche 2-Stopp-Strategie gefahren wäre statt nach dem Safety Car den Plan umzuwerfen und auf lediglich einen Stopp zu setzen? Schumacher überholte seinen jungen Landsmann in der 13. Runde. Als Hülkenberg die Boxengasse ansteuerte, hatte Schumacher frische Mediums drauf, mit denen er 19 Runden auf seinem ersten Stint absolvierte. So musste er noch 25 Runden auf harten Reifen fahren. Da er mehr als 13 oder 14 Runden fuhr, hatte er sich eigentlich darauf festgelegt, nur einmal die Reifen zu wechseln.

Schumacher lag vor Hülkenberg nach dessen zweitem Stopp in der 27. Runde, doch sein Vorteil betrug nur vier Sekunden bei noch 17 ausstehenden Runden auf dem gleichen Satz Reifen. Das konnte nicht funktionieren. Der Mercedes war mit vollem Tank relativ schnell unterwegs, doch die Konkurrenzfähigkeit sank mit sich leerendem Tank und der Reifenverschleiß stieg an. Schumacher musste im 35. Umlauf einen ungeplanten Stopp einlegen und verlor dadurch drei Positionen. wäre er ähnlich wie Hülkenberg zu seinen Stopps gefahren, hätte er wohl mit ihm um den vierten Platz kämpfen können - möglicherweise hätte er jedoch verloren, da die Pace des Silberpfeils leidet, je leerer der Tank wird. Trotzdem kostete ihn die gescheiterte 1-Stopp-Strategie zwei Plätze, und so endete er hinter Massa und Webber auf P7.