Maximilian Günther gehört zu den größten Nachwuchstalenten der deutschen Formelwelt. Mit seinem Prema Powerteam steht er vor dem Gewinn der Vize-Meisterschaft in der Formel 3 Europameisterschaft. Seit Jahren bereitet sich Günther akribisch auf eine Karriere als Profifahrer vor. Immer an seiner Seite: Trainer Manny Günther, nicht verwandt oder verschwägert. Im großen Doppel-Interview mit Motorsport-Magazin.com geben Max und Manny spannende Einblicke in kuriose Trainingsmethoden, die heikle Phase kurz vor dem Start und worauf es wirklich im Motorsport ankommt.

Manny, was genau ist dein Job in Maxis Team?
Manny: Grundsätzlich kümmere ich mich um Maxis Körper und alles, was damit zu tun. Also etwa Ernährung, Training, Rennbegleitung sowie Vor- und Nachbereitung zwischen den Rennen. Wir betreiben Diagnostikzentren an fünf Standorten, an denen wir sportmedizinische Untersuchungen vornehmen. Unsere Basisidee ist, die ärztlichen mit den sportwissenschaftlichen Leistungen zu verknüpfen.

Max, wie wichtig ist das Vertrauen in der Zusammenarbeit mit deinem Trainer?
Maxi: Die Vertrauensbasis ist extrem wichtig. Egal ob beim Training oder in der Startaufstellung: Ich vertraue Manny bei allem, was er mir an Input gibt. Im Training diskutiere ich zum Beispiel nicht mit ihm, ob eine bestimmte Übung Sinn macht oder nicht. Ich vertraue ihm da voll und weiß, dass es das Beste für meinen Körper ist. Auf der Rennstrecke ist er einer der Letzten, die mein Auto kurz vor dem Start verlassen. Wenn du in dieser Situation kein Vertrauen hast, kann es nicht funktionieren. Und ganz ehrlich: Den Job würde ich nicht jeden machen lassen.

Manny: Du hast Recht, Maxi. Die menschliche Komponente ist auch für mich ganz entscheidend. Deshalb war es zu Beginn unserer Zusammenarbeit so, dass wir uns erst mal etwas finden mussten. Allein schon durch den Körperkontakt im Training brauchen wir eine gewisse emotionale Beziehung zueinander...

Maxi: Das jetzt aber bitte nicht falsch verstehen!

Manny: Haha, die Leute wissen schon, was ich meine... Die Hauptaufgabe bestand also im ersten Jahr darin, diese Komponenten miteinander zu verbinden und eine Beziehung aufzubauen. Das hat super funktioniert. Ich glaube, dass wir eine gute Basis gefunden haben zwischen unserer privaten Freundschaft und unserer professionellen Zusammenarbeit. Letztendlich arbeiten wir ja auf ein Ziel hin, nämlich, Rennen zu gewinnen.

Foto: Prema Powerteam
Foto: Prema Powerteam

Was für Rituale habt ihr denn am Rennwochenende?
Maxi: Das sind schon Dinge wie die Begrüßung. Oder auch das Shakehands in der Startaufstellung, kurz bevor Manny das Auto verlässt.

Manny: Das ist mehr als nur ein Abklatschen. Dadurch suchen wir eine Verknüpfung zueinander, fokussieren uns auf das Wesentliche und geben uns ein gegenseitiges Gefühl von Vertrauen. Das ist gerade wichtig im Motorsport, denn ab dem Rennstart sitzt du ganz allein im Auto. Deshalb ist es wichtig für einen Rennfahrer, eine vertraute Person noch mal kurz zu sehen. Dafür sind diese Riten gedacht. Die ziehen wir an jedem Rennwochenende immer wieder fix durch. Im Training sieht das hingegen ganz anders aus...

Nämlich?
Manny: Je komplexer das Anforderungsprogramm, desto besser. Ich bin da in meiner Arbeit überhaupt nicht festgefahren auf irgendwelche Standards. Maxi mag es auch, immer wieder neuen Input zu bekommen und Abwechslung im Training zu schaffen.

Foto: Prema Powerteam
Foto: Prema Powerteam

Maxi, gibt´s denn auch Übungen, bei denen du zuerst dachtest: Was ist denn das für ein Quatsch?
Manny: Nicht nur einmal!

Maxi: Es gibt immer bestimmte Trainingsübungen, bei denen man erst denkt: Warum mache ich sowas?! Ist das jetzt sein Ernst?! Zum Beispiel gibt mir Manny manchmal unlösbare Aufgaben! Ich versuche es dann mehrmals und ärgere mich, wenn ich es nicht schaffe. Erst später verrät mir Manny dann, dass es gar nicht möglich war, die Aufgabe perfekt zu lösen.

Manny: Genau, das dient der Überforderung. Es geht bei solchen Übungen tatsächlich nur darum, die Aufgabe so gut wie möglich zu lösen. Im Rennauto gerätst du auch hin und wieder in Situationen, die du nicht lösen kannst, obwohl du es unbedingt willst. Oder auch an Grenzen, die sich gerade im Motorsport immer wieder verschieben. Wenn du dann immer in deiner Komfortzone bleibst, wirst du Grenzen nie überschreiten können. Deshalb pushe ich Maxi mit solchen Aufgaben. Denn dann geht es darum, wie er mit seiner Frust-Toleranz umgeht. Und Maxi ist auf diesem Gebiet wirklich außergewöhnlich.

Maxi, hast du auch Lieblings-Übungen im Training?
Maxi: Lass mich überlegen... Massagen! Nein, nur Spaß. Rennradfahren ist ja meine große Leidenschaft, das macht mir großen Spaß. Und da kann ich dich dann auch mal herausfordern, Manny!

Manny: Ja, darin ist er wirklich top und richtig stark. Wir fahren nach den Vorgaben der sportmedizinischen Untersuchung. Maxi gibt das Tempo vor. Aber bei seinem Grund-Speed hab ich schon Schwierigkeiten, ihm zu folgen.

Foto: Prema Powerteam
Foto: Prema Powerteam

Gibt es Übungen, die ausschließlich bei einem Rennfahrer wie Maxi Sinn machen?
Manny: Was einen Rennfahrer ausmacht, ist die Kombination seiner geistigen und körperlichen Fähigkeiten. Das brauchst du in keiner anderen Sportart so intensiv auf eine Sekunde geballt wie im Motorsport. Wir trainieren darauf hin, diese beiden Fähigkeiten im entscheidenden Moment auf den Punkt bringen zu können. Man könnte es so sagen: Max bringt die Fähigkeit mit und ich mache eine Fertigkeit daraus.

Geistig oder körperlich - was findest du wichtiger?
Maxi: Es ist wirklich die Kombination. Die Grundlage für alles ist natürlich das Körperliche. Wenn du das Werkzeug gar nicht hast, funktioniert es nicht. Aber wenn du nicht weißt, wie du es bedienen musst, geht es auch nicht. Es ist auch schwierig zu sagen, was prozentual mehr Anteil am Erfolg hat. Es sind vielmehr alles Puzzleteile, die ähnlich groß sind.

Manny: In einer Rennserie wie der Formel 3 sind so ziemlich alle Fahrer körperlich fit. Wo du dich aber von der Konkurrenz abheben kannst, ist die Kombination aus Fitness und dem, was du im Kopf hast.

Maxi: Sicherlich wird im Motorsport vieles verwässert durch äußere Einflüsse wie das Material, deshalb stechen gewisse Fähigkeiten nicht so sehr hervor. Aber ich hatte schon einige Male die Situation im Auto, in der ich ganz genau wusste, dass sich all die Arbeit wirklich gelohnt hat.

Manny, was geht in dir vor, wenn du Maxi von der Boxengasse aus Rennen fahren siehst?
Manny: Mittlerweile bin ich da ziemlich entspannt. Während seiner Zeit im Formel Masters war ich hoch angespannt, auch wenn ich das Maxi natürlich nicht gezeigt habe. Inzwischen bin ich anders, weil ich durch die Jahre weiß, was Maxi drauf hat und dass er in jeder Situation bestmöglich reagieren kann. Das beruhigt mich. Ist eben auch eine Sache des Vertrauens. Ich bin einfach stolz auf das, was er schon erreicht hat.