Schon 2007 hatte ich Timo als Geheimfavoriten auf die Meisterschaft getippt. Lange Jahre haben wir als Markenkollegen bei Opel zusammengearbeitet, und schon 2000 bei seinem Einstieg ließ er sein Talent aufblitzen. Nach seinem ersten Qualifying in Hockenheim stand er auf Anhieb hinter Bernd Schneider und mir in der zweiten Startreihe. Dann fehlte ihm leider lange Jahre das siegfähige Material. In den Jahren 2001 bis 2004 hat er eine schwierige Zeit durchlebt und bewiesen: Aus den Niederlagen lernt man am meisten.

Die Zeit bei Opel hat ihn geprägt - und schon damals sehr stark gemacht. Wäre 2003 in Zandvoort nicht ein Boxenstopp schief gegangen, hätte er schon damals im Opel sein erstes Rennen gewonnen. Mich freut es für Timo, dass er nun die Chance bekommen hat, sein Talent auch konstant in Erfolge umzusetzen. In letzter Zeit hat man gesehen, wie wichtig auch in seinem Fall das direkte Umfeld eines Rennfahrers ist, das von außen nicht immer unbedingt wahrgenommen wird. Audi hat ihm ein perfektes Auto hingestellt, sein Umfeld gut strukturiert und mit ihm gemeinsam einen verdienten Titel eingefahren.

Frühe Entscheidung

In Hockenheim ist Timo ein weiteres Mal ein perfektes Rennen gelungen: Er hat trotz des hohen Drucks einen exzellenten Start erwischt, während Paul di Resta nicht optimal weggekommen ist. Das hat Audi die eine oder andere taktische Variante eröffnet - speziell in Kurve zwei und in der Spitzkehre. Hier hat Paul - was prinzipiell sowieso in der Regel nicht funktioniert - versucht, außen an Mattias Ekström vorbeizuziehen. Mattias wusste genau, was in dieser Situation zu tun ist: Er hat clever abgeblockt, ohne dabei die Grenze des Vertretbaren zu überschreiten. Anschließend ist Paul mit einem harten Manöver über die Randsteine doch noch an Mattias vorbeigegangen.

Im Mercedes-Lager hat man die erste Runde, wie sie Mattias dargeboten hat, nicht gern gesehen. Das ist nachvollziehbar, denn es ging auch für die Stuttgarter um viel. Dennoch: Hätte Paul einen solchen Start gehabt wie Timo, hätte es diese erste Runde erst gar nicht gegeben. Im ersten Interview nach dem Rennen gab es entgegen den späteren Statements die klare Aussage von Paul, dass der Kampf mit Mattias keine spürbare Beschädigung an seinem Auto hervorgerufen hat. So ist Paul noch in Runde 14 die schnellste Runde des Rennens gefahren, und es ist unwahrscheinlich, dass sich eine Beschädigung erst nach dem ersten Renndrittel ausbildet. Auch während des letzten Stints waren Pauls Rundenzeiten noch sehr konkurrenzfähig.

Timo Scheider ließ sich die Nervosität nicht anmerken, Foto: Sutton
Timo Scheider ließ sich die Nervosität nicht anmerken, Foto: Sutton

Über das gesamte Rennen hinweg ist Paul konstant in Schlagdistanz zu Timo geblieben. Die entscheidenden drei Sekunden Rückstand hat sich Paul vor seinem ersten Boxenstopp eingehandelt, als er auf alten Reifen zwei Runden länger auf der Strecke geblieben ist als Timo. Auf neuen Reifen war Paul immer sehr stark, nach drei bis vier Runden konnte er das Tempo von Timo, der hingegen meist zum Ende seiner Stints immer schneller wurde, aber nicht mehr ganz halten. Paul ist ein gutes Rennen gefahren - dennoch waren an diesem Tag Audi und Timo die besseren. Sie haben auf die jeweilige Phase des Rennens immer die richtige Antwort gehabt.

Die von Mercedes beklagte Blockade von Martin Tomczyk gegen Paul vor seinem zweiten Boxenstopp war weder auf den Bildern noch anhand der Rundenzeiten wirklich sichtbar. In Kurve zwei hat Martin Paul recht problemlos vorbeigelassen. Die Situation ist schwer zu beurteilen - und letztlich muss Mercedes akzeptieren, dass Timo in diesem Rennen der bessere war. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, Fehler aufzurechnen.

Mehr Flexibilität gefordert

Hinter Timo und Paul sind die übrigen Piloten unauffällig geblieben. Der Meisterschaftskampf und die Taktik haben das Rennen geprägt, und so überraschte es auch nicht, dass die Jahreswagen wie in diesem Jahr schon so oft ihre Schwierigkeiten hatten. Leider haben sich die Verantwortlichen in diesem Jahr sehr schwer getan, mit Regeländerungen rechtzeitig gegen die Kluft zwischen 2008er- und 2007er-Boliden vorzugehen. Die Fans wollen durchaus auch die Jahreswagenfahrer häufiger auf dem Podest sehen. Hier müssen die Verantwortlichen von ITR und DMSB für das nächste Jahr lernen, viel schneller und flexibler zu reagieren.

Ähnlich unauffällig wie das Rennen selbst verliefen auch Bernd Schneiders letzte Kilometer in der DTM. Bernd war auch für mich immer ein fairer und sympathischer Gegner. Er ist mit Mercedes und mit der DTM groß geworden, er hat die DTM geprägt, ist nicht umsonst unangefochtener Rekordmeister mit den meisten Siegen auf dem Konto. Er saß immer in einem Siegerauto, aber das auch völlig zu Recht. Auch teamintern hat sich Bernd immer auch gegen extrem starke Konkurrenz durchgesetzt. In Hockenheim hat er einen schönen Abschied erlebt. Von den Fans über die übrigen Fahrer bis hin zu früheren Weggefährten hat sich hier die gesamte DTM gebührend vom ihm verabschiedet. Das Rennergebnis war dabei sekundär.