Der neunte DTM-Saisonlauf in Barcelona ist in einem Eklat geendet: Nach harten wie umstritttenen Zweikämpfen zwischen den beiden Marken, die für die Titelkandidaten Mattias Ekström und Martin Tomczyk früh das Aus bedeuteten, zog Audi wenige Runden vor Schluss die gesamte verbliebene Fahrzeugflotte aus dem Rennen zurück. Es siegte Jamie Green vor Bruno Spengler und Paul Di Resta.

Der Start: Auch diesmal wusste Martin Tomczyk seine Pole Position umzusetzen: Mit einem perfekten Start ging der Audi-Pilot ungefährdet in die erste Kurve; das folgende HWA-Quartett aus Mika Häkkinen, Bruno Spengler, Bernd Schneider und Jamie Green hielt seine Positionen. Mattias Ekström legte den Grundstein einer scheinbar erfolgreichen Aufholjagd: Schon am Start schob sich der Schwede bis auf Rang sieben vor und überholte wenig später Alexandros Margaritis. Weniger reibungslos verlief der Start im Mittelfeld:

So unterlief Gary Paffett ein rasch mit einer Durchfahrtsstrafe geahndeter Frühstart; Daniel La Rosa und Christian Abt drehten sich nach einer gegenseitigen Berührung bereits in der ersten Kurve. Glück im Umglück hatte Tom Kristensen nach einem Ausrutscher in der Campsa-Rechts: Nach einem Ausritt durchs Kiesbett drehte sich der Däne über die Strecke, ohne dabei von herannahenden Fahrzeugen getroffen zu werden. An gleicher Stelle beendete Susie Stoddart eine Runde später im Kiesbett und löste eine rundenlange Gelbphase aus.

Scherben um Ekström

Der Rennverlauf: Der Vorwärtsdrang der beiden Audi-Titelaspiranten wurde schnell gebremst: So konnte sich Tomczyk während der ersten Runden nicht von Häkkinen absetzen, so dass der Finne erste Überhol-Ambitionen zeigte. Der Versuch des Finnen, Tomczyk in Runde 7 in der ersten Kurve zu passieren, misslang gründlich: So stach Häkkinen innen in die Kurve, rutschte jedoch mit Geschwindigkeitsüberschuss geradeaus und kollidierte mit Tomczyk. Während sich Häkkinen mit stark beschädigter C-Klasse in die Box schleppte, kam der Bayer nur über einige Umwege zurück auf die Strecke und fiel auf Rang elf zurück.

Bei Tomczyks Versuch, Mathias Lauda zu überholen, kam es erneut zu einer Berührung mit leichtem Teileverlust - bevor das Rennen seines Teamkollegen Ekström unfreiwillig früh endete. So war der Schwede nach seinem ersten Boxenstopp auf Laudas Mücke-Teamkollegen Daniel La Rosa aufgelaufen, der sich gegen die Überholversuche des Schweden deutlich zur Wehr setzte. Hierbei geriet der Hesse neben die Strecke, drehte sich zurück auf den Asphalt und rutschte seitlich in Ekströms Audi-Boliden - das Aus für beide Beteiligten.

"Es schaut für mich so aus, als wollte man unsere beiden Titelkandidaten, die an der Spitze liegen, aus dem Weg räumen. Unser Stil ist das nicht", kommentierte Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich während des Rennens gegenüber der ARD, während der Zweikampf mit La Rosa in Ekströms Augen "für sich" sprach. Mercedes-Sportchef Norbert Haug wies die Schuldzuweisungen zurück. "Wir wünschen uns solche Szenen sicherlich nicht. Mika hat ein optimistisches Manöver gewagt und zu spät gebremst", sieht Haug die Kollisionen als Missgeschicke, "Daniel La Rosa müsste lupfen, sobald er auf der Wiese ist. Wir wollen einen Mann, der an der Spitze steht, nicht aus dem Rennen schießen. Ich kann nur sagen, dass das keine Absicht war."

Scherben um Tomczyk

Doch obwohl Bruno Spengler boxenstoppbereinigt nun die klare Führung übernahm, hatten auch die Stuttgarter weitere schlechte Nachrichten zu verzeichnen. So verbremste sich Bernd Schneider nach seinem ersten Pflichtstopp in der 14. Runde bei der Zufahrt zur ersten Kurve, wählte den Notausgang und stellte seine C-Klasse eine Runde später in der Box ab. Nach der gehäuften Verwicklung von Tomczyk und Ekström in Kollisionen wurden die Zweikämpfe auch für Bruno Spengler schwieriger: So geriet Spengler beim Versuch, Lucas Luhr nach seinem ersten Boxenstopp zu überholen, nach einer Berührung kurzzeitig neben die Strecke - bevor ihn eine Schreckensmeldung ereilte:

Ebenso wie Scheider, Abt, Margaritis und Paffett musste auch Spengler eine Durchfahrtsstrafe antreten. Zuvor war das gemischte Quintett während der Gelbphase um Susie Stoddarts gestrandeten Dienstwagen mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Derweil nahm Martin Tomczyks Speed immer weiter ab, nachdem der Versuch der Audi-Boxencrew, die lahmende Kühlung des A4 DTM mit einigen Eimerladungen Wasser in Gang zu bringen, gescheitert war. Eine Runde nach seinem Boxenstopp stellt der Meisterschaftszweite sein Fahrzeug mit Kühlungsdefekt in der Garage ab - laut Audi ein Folgeschaden der Häkkinen-Kollision. "Für mich war es kein Zusammenstoß - für mich war Mika 8-mal zu schnell. Ich weiß nicht, wie sich ein zweifacher Formel-1-Weltmeister so verschätzen kann. Es war eine Unverschämtheit", klagte Tomczyk im Anschluss an das Rennen.

Barcelona in Scherben

Nach Spenglers dritter Boxenausfahrt präsentierte sich Jamie Green, bislang in keine strittigen Zweikämpfe involviert, als Profiteur seiner beiden frühen Boxenstopps: Zu Beginn des letzten Renndrittels übernahm der Brite die Führung, während sich Spengler unter einigem Lackaustausch an Mike Rockenfeller vorbei zurück aufs Podest kämpfte. Nachdem auch Timo Scheider nach einer Berührung mit Mathias Lauda im Kiesbett endete, suchten auch die restlichen Audi-Boliden nach einer Entscheidung von Dr. Wolfgang Ullrich vorzeitig ihre Garagen auf - zu übel war dem Audi-Sportchef das Zweikampfverhalten der Mercedes-Piloten in der Endphase des Titelkampfes aufgestoßen.

Der Zieleinlauf: Die Zielflagge sahen die verbliebenen Mercedes-Piloten. Jamie Green fuhr seinen ersten DTM-Sieg ein, gefolgt von Bruno Spengler und Paul Di Resta auf den Rängen zwei und drei. Die Plätze vier, fünf und sechs gingen an die letzten drei im Rennen verbliebenen Piloten Margaritis, Paffett und Lauda. Mike Rockenfeller und Lucas Luhr belegen, nachdem sie auf Grund der zurückgelegten Renndistanz gewertet wurden, die Plätze sieben und acht.