Maximilian Götz hat das schier Unmögliche möglich gemacht: Als Titelanwärter mit den schlechtesten Voraussetzungen schnappte sich der Mercedes-Pilot beim DTM-Saisonfinale auf dem Norisring die Meisterschaft. Während Favorit Liam Lawson kurz nach dem Start vom zweiten Titelanwärter Kelvin van der Linde von der Strecke gekegelt wurde und der Südafrikaner später selbst mit einem Reifenschaden jegliche Chancen verlor, hielt sich Götz schadlos auf dem Nürnberger Stadtkurs.

Der HRT-Pilot hatte nach seinem Sieg am Samstag 22 Punkte Rückstand auf Lawson, musste das zweite Rennen des Wochenendes also zwingend gewinnen, um den Titel einsacken zu können. Auf dem Weg zum größten Erfolg seiner Karriere erhielt der 35-Jährige in der Schlussphase tatkräftige Unterstützung durch seine Markenkollegen Lucas Auer und Philip Ellis. Das Winward-Duo nahm an der Spitze immer weiter das Tempo raus und der Österreicher winkte Götz schließlich zum Sieg und Titelgewinn vorbei.

Im Fahrerlager herrschte größtenteils Verständnis für den Vorgang. Keine Rede von Skandal oder Teamorder-Vorwurf wie zu früheren DTM-Zeiten. "Das ist nicht schön zu sehen, aber es ist Realität", sagte DTM-Boss Gerhard Berger im Anschluss. "Wenn ich mich an meine Zeit mit Senna erinnere, er um den Titel kämpfte und ich keine Chance mehr hatte, dann musste das Team nichts sagen. Ich selbst war mir als Rennfahrer der Wichtigste, aber wenn nichts mehr möglich war, half ich dem Teamkollegen. Hier war es jetzt genauso."

Götz: In so einer Situation muss man zusammenhalten

Auer hatte zwischenzeitlich bis zu 15 Sekunden Vorsprung auf Götz und nicht wenige TV-Zuschauer dürften sich gefragt haben, ob der Winward-Pilot sich tatsächlich in den Dienst der Marke stellen würde. "Ich habe zwischendurch am Funk mal gefragt, was die Strategie ist", meinte Götz, dessen Mercedes nach Start-Reibereien und einem späten Duell mit van der Linde einiges abbekommen hatte. "Dazwischen waren zwei Audis und ich dachte, das wird eng."

Götz weiter: "Dass die beiden (Auer und Ellis; d. Red.) mitspielen, war zu erwarten. Das war unsere Strategie vor dem Rennen. Wenn wir soweit kommen, dass ich in der Lage bin, Meister werden zu können, dann muss man in so einer Situation zusammenhalten. Wenn ich in der Meisterschaft Zweiter geworden wäre, hätten wir die Plätze nicht getauscht."

DTM Norisring-Highlights: Götz Meister nach Titel-Krimi: (04:51 Min.)

Jäger: Es ist immer ein Geben und Nehmen

Sicherlich profitierte auch Götz von der Mercedes-Armada im DTM-Starterfeld mit sieben Fahrern auf ähnlich hohem Niveau. Auf der Gegenseite taten sich auf dem Norisring die insgesamt sechs Audi mit Ausnahme von van der Linde kollektiv schwer und Ferrari-Team AF Corse war mit zwei Autos ohnehin während der gesamten Saison auf sich alleine gestellt.

"Es ist immer ein Geben und Nehmen, die Fahrer wissen das", argumentierte Thomas Jäger, DTM-Fahrer von 2000 bis 2003 und inzwischen Kundensport-Koordinator von Mercedes-AMG. "Wir haben sieben Autos und alle Teams und Fahrer profitieren von unserem System. Wir teilen alle Daten, Setups und Videos, deshalb sind alle Autos sehr stark. Andere Hersteller können das nicht machen, warum auch immer. Bei uns profitiert jeder Fahrer mal hier und da, deshalb helfen sie ihrerseits auch mal gerne."

Götz: Konkurrenten haben Titel nicht verdient

Marken-Unterstützung auf der einen Seite, crashende Titelrivalen auf der anderen: Tatsächlich half auch die Konkurrenz in Form von Lawson und van der Linde beim Norisring-Finale kräftig mit, Götz eine Chance auf die Meisterschaft zu ermöglichen.

Der gebürtige Uffenheimer: "Am Ende kannst du nur Meister werden, wenn du die Ergebnisse einfährst und einen kühlen Kopf bewahrst. Die anderen beiden haben sich selbst aus dem Rennen genommen. Und nach den Rennen heute und gestern haben sie den Titel nicht verdient, das muss man ganz klar sagen. Sich so in die Karre zu fahren in Kurve 1, das macht man nicht. Da kam das Karma ein bisschen zurück und am Ende hat der gewonnen, der am entspanntesten geblieben ist und vielleicht auch die nötige Erfahrung hatte. Es ist mir egal, was andere denken: Ich bin Meister und das macht mich sehr stolz!"

Die pure Konstanz während der Saison bildete letztendlich die Basis für den Gewinn der Meisterschaft. In den 16 Rennen fuhr Götz 15 Mal in die Top-10 und stand acht Mal auf dem Podium. Vor seinen beiden Siegen beim Heimspiel auf dem Norisring feierte der AMG-Pilot auf dem Lausitzring seinen ersten Sieg in der DTM. Götz löst Rene Rast als Meister ab, der 2022 als Audi-Werksfahrer in die Traditionsserie zurückkehrt.