Als Sophia Flörsch von der Änderung des DTM-Terminkalenders überrascht wurde, hatte sie die Qual der Wahl: DTM auf dem Nürburgring oder WEC in Le Mans. Die Münchnerin machte keinen Hehl aus ihren Plänen und hoffte auf das Verständnis ihrer großen Unterstützer in der DTM, Abt Sportsline und Schaeffler. Als beide Unternehmen grünes Licht gaben, stand ihrem erhofften Start beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans am 21. und 22. August dieses Jahres nichts mehr im Wege. Fast gleichzeitig gehen aber am Nürburgring die Rennen sieben und acht über die Bühne – und deshalb war gut Rat teuer.

Nach Informationen von Motosport-Magazin.com stand Plan B, GT3-Langstrecken-Ass Markus Winkelhock als Ersatz für Flörsch zu engagieren, schon seit mehreren Wochen fest. Der 41-Jährige wird den Flörsch-Audi R8 LMS (#99) von Abt Sportsline mit dem Space-Drive-Lenksystem von Schaeffler Paravan aus gutem Grund pilotieren, denn kein anderer Fahrer kennt das innovative System so gut wie Winkelhock.

Bei der Entwicklung des Steer-by-Wire Lenksystem, bei dem die Bewegungen am Lenkrad nicht über eine mechanische Lenkstange, sondern über elektronische Impulse umgesetzt werden, leistete der Schwabe in einem Audi R8 LMS Pionierarbeit. Winkelhock hat die Entwicklung der zukunftsweisenden Technologie von Anfang an begleitet und er war 2019 auf dem Nürburgring auch der erste Fahrer, der das System in einem Rennen verwendete. Kein anderer Fahrer hat seitdem mit dem innovativen Lenksystem mehr Erfahrung gesammelt und ist mehr Kilometer damit gefahren wie der GT3-Routinier.

Zudem kennt Winkelhock den Rennstall aus dem Allgäu von zwei vorherigen DTM-Einsätzen. "Ich bin 2007 in Oschersleben das erste Mal für Abt gefahren. Ich war damals Ersatzmann für Tom Kristensen, der in Hockenheim einen schweren Unfall hatte. Das war mein allererstes Rennen für Audi in der DTM. Nach zehn Jahren Abstinenz zurück in der DTM zu sein und so viele Jahre später noch einmal für Abt ins Lenkrad greifen zu dürfen, ist etwas ganz Besonderes. Ich freue mich richtig darauf. Der Nürburgring ist eine meiner Lieblingsstrecken. Insofern hoffe ich, dass ich dort für Abt ein gutes Resultat einfahren kann", sagt Winkelhock.

2004 gab Winkelhock sein DTM-Debüt für das Mercedes-Team Persson. 2007 startete er nach seinen beiden Einätzen für Abt noch für das Audi-Privatteam Future TME sowie von 2008 bis 2010 im Audi Sport Team Rosberg. Im Anschluss widmete er sich vermehrt dem GT-Sport.

Mit dem Eifelkurs, auf dem er mit seinem 50. DTM-Meisterschaftsrennen ein Jubiläum feiert, verbindet Markus Winkelhock emotionale Erinnerungen. 2003 gewann er auf dem Nürburgring dank der Unterstützung durch Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug als Mercedes-Junior sein erstes Rennen in der Formel 3 Euroserie. 2007 absolvierte der Sohn des 1985 tödlich verunglückten Rennfahrers Manfred Winkelhock und Neffe von Joachim und Thomas Winkelhock auf dem Ring seinen einzigen Formel-1-Start, als er bei Spyker den Niederländer Christijan Albers ersetzte. Bei einsetzendem Regen fuhr Winkelhock als einziger Pilot am Ende der Einführungsrunde zum Wechsel auf Regenreifen in die Boxengasse. Das brachte ihm in der Anfangsphase einen elementaren Vorteil und schließlich die Führung ein. In der 13. Runde schied er mit einem Hydraulikdefekt vorzeitig aus.

Sophia Flörsch zum zweiten Mal in Le Mans am Start

"Wir freuen uns sehr, dass Schaeffler und Schaeffler Paravan den Einsatz von Markus Winkelhock möglich machen", sagt Abt-Teamchef Thomas Biermaier. "Markus ist einer der erfahrensten und erfolgreichsten GT3-Piloten im Fahrerkader von Audi Sport customer racing und einfach ein klasse Typ, der gut in unser Team passt."

Am vergangenen Wochenende war Audi-Pilot Markus Winkelhock beim 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps auf Platz sechs und weniger als fünf Minuten hinter den Gesamtsiegern bester deutscher Teilnehmer. Kein anderer deutscher Rennfahrer hat in der Historie der beiden Langstreckenklassiker in Spa und auf dem Nürburgring mehr Gesamtsiege (fünf) gefeiert! Markus Winkelhock gewann 2014 und 2017 in Spa sowie 2012, 2014 und 2017 auch auf dem Nürburgring. Im Gespräch mit Motorsport.Magazin.com betont der erfolgreiche Audi-Pilot zudem, 2015 innerhalb weniger Wochen bei den beiden Rennen zweimal rund um die Uhr jeweils in Führung liegend durch Unfälle der Teamkollegen ausgefallen zu sein.

Space Drive! Technologie-Revolution unter der Lupe (12:19 Min.)

Abt-Stammfahrerin Sophia Flörsch nimmt parallel zum DTM-Event auf dem Nürburgring zum zweiten Mal am 24-Stunden-Rennen von Le Mans teil. Die Münchnerin bestreitet in diesem Jahr mit dem Richard Mille Racing Team erstmals die vollständige Saison der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). Dabei sind Tatiana Calderon und Beitske Visser ebenfalls Teil des Frauenteams. Der Oreca 07 des Damen-Trios wird vom französischen Signatech-Team eingesetzt. Im vergangenen Jahr beendeten Flörsch und ihre Teamkolleginnen das Langstreckenrennen auf dem neunten Platz in der LMP2-Klasse und Rang 13 unter insgesamt 59 Sportwagen in der Gesamtwertung.

Mehrere DTM-Comebacks am Nürburgring

Beim Rennwochenende auf dem Nürburgring geben zwei DTM-Veteranen in der GT3-Rennserie ein Comeback: Ex-Audi-Werksfahrer Hubert Haupt sowie der zweifache Champion Gary Paffett. Der Brite wird wegen der geltenden Einreisebestimmungen in Belgien am kommenden Wochenende beim dritten DTM-Event in Zolder fehlen, nachdem er die ersten beiden Veranstaltungen in Monza und am Lausitzring wegen zweier Terminüberschneidungen mit Formel-E-Events verpasst hatte. Sein Mercedes-AMG GT3 vom Mücke-Team ist ebenfalls mit dem Lenksystem Space Drive ausgestattet. Gleiches gilt für den BMW M6 GT3 von ROWE Racing, den Timo Glock pilotiert.