Die DTM-Saison 2021 hat in Monza mit einer faustdicken Überraschung begonnen. GT3-Novize Liam Lawson feierte nicht nur trotz überschaubarer Vorerfahrung seinen ersten Sieg in der Traditionsserie, sondern bescherte gleichzeitig Ferrari und seinem Team AF Corse den ersten DTM-Triumph.

Ein Kunststück nicht zuletzt, weil Lawson zuvor im Qualifying mit seinem Ferrari 488 GT3 nicht über den siebten Startplatz hinausgekommen war. Wie sehr man die Italiener auf der Rechnung haben muss, zeigte auch Teamkollege Alex Albon eindrucksvoll. Der Thailänder, der zurück in die Formel 1 will, kämpfte sich vom 14. Startplatz bis auf Rang vier nach vorne.

Dabei war es knapp im ersten von zwei Rennen auf dem italienischen Traditionskurs. Die beiden HRT-Mercedes-Piloten Vincent Abril und Maximilian Götz hatten beim Zieleinlauf nur 1,6 bzw. 2,6 Sekunden Rückstand auf Lawson. "Vielleicht hätten wir es schaffen können, aber am Ende hatten sie eine verrückte Pace", sagte Pole-Setter Abril, der die Führung kurz nach seinem Boxenstopp auf der Strecke an den Neuseeländer Lawson verloren hatte.

Während Abril in Runde zwölf frische Reifen aufziehen ließ, hatte Lawson schon nach dem zehnten Umlauf neue Michelins aufziehen lassen - und dabei vor allem bei der wichtigen Outlap brilliert, als er mit noch kalten Slick-Reifen seine persönliche Bestzeit (1:47.714 - Abrils Outlap, ebenfalls pers. Bestzeit: 1:48.244) fuhr.

Konkurrenz rätselt über Ferrari-Boxenstopps

Diese Phase im Rennen war entscheidend für den Sieg. Die Konkurrenz rätselt, welchen Trick AF Corse mit Sponsor Red Bull beim Reifenwechsel herausgefunden hat. "Ich hole meinen Jungs heute Abend ein paar Energy Drinks, damit sie noch schneller werden!", scherzte Götz. "Wir hatten heute gute Stopps, es gab aber einen Unterschied zu AF Corse. Das müssen wir analysieren."

Die per Reglement maximal sechs zugelassenen Mechaniker plus Lollipop-Mann waren bei den Pflicht-Reifenwechseln im italienischen Lager eine absolute Macht. Mit Albon (34,679 Sekunden) und Lawson (35,582 Sekunden) gelangen AF Corse die mit Abstand schnellsten Boxenstopps.

Zum Vergleich: Der schnellste Reifenwechsel an einem Nicht-Ferrari (Götz, HRT-Mercedes, 36,283 Sekunden) dauerte rund 1,5 Sekunden länger. "Wir haben zwei, drei Runden zu spät gestoppt und der Ferrari war bei seinem Stopp schneller", räumte HRT-Teamchef Hubert Haupt im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com ein.

"Ich möchte vor allem dem Team ein riesiges Dankeschön aussprechen. Man muss sich nur die Boxenstopps anschauen, die waren unglaublich. Das hat uns sehr geholfen", sagte Albon, der wegen seiner Formel-1-Verpflichtungen im Gegensatz zu Lawson nicht die gesamte DTM-Saison bestreiten wird."

DTM 2021 Monza: Samstagsrennen als Zusammenfassung (02:56 Min.)

Lawson jüngster Sieger der DTM-Geschichte

Mit 19 Jahren und 128 Tagen ist Lawson nicht nur der jüngste Rennsieger in der über 30-jährigen Geschichte der DTM, sondern auch der erste 'hauptberufliche' Formel-Fahrer seit Emanuele Pirro im Jahr 1990 (auf dem Nürburgring in einem Schnitzer-BMW), dem es gelungen ist, auf Anhieb ein DTM-Rennen zu gewinnen.

"Wir wussten, dass wir im Qualifying nicht unsere wahre Performance gesehen haben", sagte Lawson, der dieses Jahr auch in der FIA Formel 2 um die Meisterschaft kämpft und als das nächste Riesen-Talent im Nachwuchskader von Red Bull gilt. "Im Rennen war das Auto dann sehr schnell. Ich muss noch einiges lernen, aber mein erstes Rennen lief schon sehr gut."

Unterstützung von Ferrari-Werksfahrer

Prominente Unterstützung erhalten die GT3-Einsteiger Albon und Lawson in Monza übrigens in Form von Alessandro Pier Guidi. Der Ferrari-Werksfahrer hilft mit Tipps und Tricks aus der der Welt des GT-Sports. "Alessandro kennt dieses Auto besser als jeder andere Fahrer", sagte Albon. "Er fuhr hier vor einer Woche einen Test und fand Dinge heraus, von denen ich nicht einmal etwas wusste! Das ist gut, weil Liam und ich uns mit niemand anderem vergleichen können."

Im Sonntagsrennen wird es für Lawson im wahrsten Sinne des Wortes 'schwerer'. Per Reglement erhält er als Sieger ein Zusatzgewicht von 25 Kilogramm, die für das Rennen zugeladen werden. Der Zweitplatzierte Abril muss 18 Kilo in seinen Mercedes laden, Götz als Drittplatzierter noch 15 Kilogramm.