Nach dem Schnee-Chaos und zahlreichen mitunter kuriosen Unterbrechungen am Vortag, hat die DTM ihre ersten gemeinsamen Testfahrten auf dem Hockenheimring versöhnlich abgeschlossen. Bei trockenen Bedingungen und Temperaturen um die fünf Grad - also fünf mehr als am Mittwoch - konnten die zehn Teams ihre bisher eingeschränkte Testarbeit aufholen.

Da alle Autos mit einer speziellen Test-BoP (Balance of Performance) ausgestattet sind, müssen die Rundenzeiten mit größter Vorsicht genossen werden. Beim reinen Blick auf die Zeitenliste ergab sich an diesem Donnerstag jedoch ein eindeutiges Bild: Sechs Mercedes-AMG GT3 von vier verschiedenen Teams belegten die vorderen Positionen.

Was GT3-Autos zu leisten im Stande sind, wenn die BoP-Einschränkungen sehr niedrig angesetzt sind, zeigte unter anderem Spitzenreiter Lucas Auer. Der Winward-Mercedes-Pilot benötigte 1:36.153 Minuten für seine schnellste Runde durchs Motodrom. Das sind rund 1,4 Sekunden weniger als die schnellste Pole-Runde, die jemals im ADAC GT Masters absolviert wurde (1:37.511; Schnitzer-BMW 2017).

Auer erzielte die Gesamtbestzeit der Testfahrten in der Schlussminute (17:59 Uhr) der Nachmittags-Session. Mit nur zwei Hundertstelsekunden Vorsprung verwies der Österreicher den DTM-Neueinsteiger Vincent Abril auf den zweiten Platz in der Zeitenliste. Damit verpasste sein Team HRT-Mercedes die zweite Tagesbestzeit in Folge - am Mittwoch war Maximilian Götz der schnellste Mann im Feld - denkbar knapp.

Auer-Bestzeit auf speziellen Michelin-Reifen?

Ob Auer bei seiner Bestzeit die speziellen Michelin-Reifen mit der Bezeichnung S8 auf dem Mercedes-AMG GT3 montiert hatte, war nicht öffentlich bekannt. "Ich weiß nicht, mit welcher Mischung ich zuletzt gefahren bin", sagte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht zu Motorsport-Magazin.com.

Nachdem alle Teams zunächst ausschließlich die sogenannte S9-Reifenmischung vom neuen Partner Michelin benutzt hatten, probierten einige Fahrer am Nachmittag die weichere Variante aus. Weitere Testfahrten sollen zeigen, ob unterschiedliche Reifenmischungen in den Rennen als strategisches Werkzeug zum Einsatz kommen könnten.

Hinter Auer und Abril folgten Daniel Juncadella (GruppeM-Mercedes), Philip Ellis (Winward-Mercedes), Götz (HRT-Mercedes) und der erste Inder der DTM-Geschichte, Arjun Maini (GetSpeed-Mercedes), auf den Plätzen drei bis sechs. Die Top-6 trennten in der kombinierten Zeitenliste knapp vier Zehntelsekunden.

Mercedes war beim DTM-Test in Hockenheim schnell unterwegs, Foto: DTM
Mercedes war beim DTM-Test in Hockenheim schnell unterwegs, Foto: DTM

Haupt: Wird sicher Spielereien geben

Welche Bedeutung diesem Ausgang beizumessen ist, darüber gab es zahlreiche Gerüchte rauf und runter in der Boxengasse. Eine klare Meinung vertrat HRT-Teamchef Hubert Haupt. "Wir sind offen und zeigen alles, während sich andere 'verstecken' und ihre wahre Performance noch nicht zeigen", sagte der frühere DTM-Pilot zu Motorsport-Magazin.com. "Das haben wir bereits am ersten Tag an den einzelnen Sektorenzeiten gesehen. Es wird sicher Spielereien geben, die man aber nicht durchgehen lassen darf."

Einige andere Teamchefs wollten nichts von einem möglichen 'Sandbagging', also bewusstem langsam fahren, wissen und verwiesen auf ihre eigenen Testprogramme.

Berger: Vorsicht mit Rundenzeiten

Die Balance of Performance dürfte - wie in so ziemlich jeder Rennserie - auch in der DTM ein durchgängiges Gesprächsthema bleiben. Zusammen mit Technikpartner AVL aus Österreich setzt die Serie unter alleiniger Führung von Gerhard Berger auf neue Wege und erstellt die BoP-Einstufungen größtenteils virtuell.

Der Österreicher - selbst nicht in Hockenheim vor Ort - zeigte sich am Rande der Testfahrten bei einer virtuellen Medienrunde entspannt. "Aus den Rundenzeiten kann man nicht sehr viele Schlüsse ziehen, wer die Nase vorne hat. Da wäre ich vorsichtig. Aber man kann sagen, dass das Feld sehr zusammen sein wird. Die besten Teams im GT-Sport fahren in der DTM, da turnt keiner hinten rum, sondern jeder kommt für die Spitze in Frage."

Foto: DTM
Foto: DTM

Rockenfeller schnellster Nicht-Mercedes

Die schnellste Rundenzeit eines Nicht-Mercedes ging auf das Konto von Mike Rockenfeller. Dem ehemaligen DTM-Champion, der sich in Hockenheim einen Abt-Audi mit Kelvin van der Linde teilte, fehlte rund eine halbe Sekunde zu Auers Bestzeit.

Abt-Teamkollegin Sophia Flörsch war erneut im Schaeffler-Paravan-Audi mit dem Space-Drive-Lenksystem unterwegs. "Bis jetzt läuft alles ganz gut, aber ans Bremsen muss ich mich gewöhnen", sagte der DTM-Neueinsteigerin. "Im Formel-3-Auto habe ich selbst im Regen nicht so früh bremsen müssen." Nach den zweitägigen Testfahrten auf dem Hockenheimring geht es Anfang Mai weiter mit den nächsten Kollektiv-Tests in der Lausitz.

DTM-Test Hockenheim: Kombiniertes Ergebnis am Donnerstag

PositionFahrerTeamZeit
1Lucas AuerWinward-Mercedes1:36.153
2Vincent AbrilHRT-Mercedes1:36.173
3Daniel JuncadellaGruppeM-Mercedes1:36.251
4Philip EllisWinward-Mercedes1:36.351
5Maximilian GötzHRT-Mercedes1:36.375
6Arjun MainiGetSpeed-Mercedes1:36.555
7Mike RockenfellerAbt-Audi1:36.670
8Maximilian BuhkMücke-Mercedes1:36.780
9Alex AlbonAF Corse-Ferrari1:37.012
10Kelvin van der LindeAbt-Audi1:37.114
11Liam LawsonAF Corse-Ferrari1:37.184
12Marco WittmannWalkenhorst-BMW1:37.190
13Timo GlockROWE-BMW1:37.482
14Dev GoreRosberg-Audi1:37.735
15Sheldon van der LindeROWE-BMW1:37.977
16Sophia FlörschAbt-Audi1:38.260