Die Sportwagen-Szene blickt in diesen Tagen mit großer Spannung auf den Hockenheimring, wo die DTM mit ihren ersten Testfahrten offiziell in die neue GT3-Ära gestartet ist. Nach dem Abschied der Class-1-Prototypen stellt sich die DTM nun in den Vergleich mit zahlreichen Rennserien wie dem ADAC GT Masters, die ebenfalls auf die einst für den Kundensport entwickelten Fahrzeuge setzen.

"Die DTM strebt an, die schnellste GT3-Rennserie der Welt zu werden", kündigte Michael Resl, DTM Director Competition & Technology, während einer virtuellen Medienrunde an diesem Mittwoch an. "Unsere Balance of Performance ist darauf ausgelegt, die Autos so performant wie möglich zu machen."

Das zeigt sich bereits in Hockenheim, wo eine spezielle Test-BoP (Balance of Performance) zum Einsatz kommt, die den Autos von Audi, BMW, Mercedes und Ferrari möglichst viel Leistung zugestehen soll. Erst beim nächsten DTM-Test auf dem Lausitzring im Mai soll eine Balance of Performance zum Einsatz kommen, die sich mehr auf eigentlichen Rennen in der Saison 2021 richtet.

Berger: Schnellste Serie? Nicht so wichtig!

Ausgerechnet DTM-Chef Gerhard Berger gab sich etwas verhaltener auf die Frage, ob es ihm wichtig sei, dass die DTM die schnellste GT3-Serie der Welt wird. Der Österreicher, der nicht in Hockenheim ist, in einer Medienrunde am Donnerstagmittag: "Es ist nicht mal so wichtig, dass wir die schnellste Serie sind. Ich glaube, dass wir sie sein werden weil wir die besten Fahrer und Teams haben. Das Wichtigste ist, dass wir eine transparente, faire und ausgeglichene Startposition haben für die unterschiedlichen Marken."

Berger weiter: "Wir brauchen Sport mit Rad-an-Rad-Duellen, aber nicht nur zwischen zwei Herstellern, sondern mit verschiedenen Marken. Dann können wir optimalen Motorsport liefern. Ob die Rundenzeiten eine halbe Sekunde langsamer oder schneller sind, ist sekundär."

DTM-Testfahrten Hockenheim: Video-Zusammenfassung zu Tag 1 (01:41 Min.)

DTM: 1,3 Sekunden schneller als ADAC GT Masters

Was ein GT3-Auto mit relativ freier Leistungsentfaltung auf die Strecke bringen kann, zeigt sich trotz teilweise schwieriger Wetterbedingungen bei den Testfahrten. Am Donnerstag führte Vincent Abril die Zeitenliste mit seinem HRT-Mercedes zur Mittagspause an. Der Franzose benötigte 1:36.205 Minuten für seinen besten Umlauf auf der 4,574 Kilometer langen Traditionsstrecke. Abril folgten sechs weitere Mercedes-Markenkollegen - damit lagen alle sieben Autos der Marke mit dem Stern auf den vorderen Positionen.

Zum Vergleich: Die schnellste Qualifying-Runde auf dem Hockenheimring in der Geschichte des ADAC GT Masters geht auf das Konto von Philipp Eng. Der Österreicher schnappte sich im Schnitzer-BMW 2017 die Pole Position mit der Bestzeit von 1:37.511 Minuten - rund 1,3 Sekunden langsamer als Abrils Runde an diesem Donnerstag.

Dabei liegt das Ziel einer Balance of Performance grundsätzlich darin, einen ausgeglichenen Wettbewerb zu schaffen. Gerade im GT3-Sport treffen zahlreiche Konzepte wie Front-, Mittel- und Heckmotor sowie Motoren-Varianten - Acht- oder Zehnzylinder, Turbo- oder Saugmotor, aufeinander. Hat ein bestimmtes Fahrzeug einen deutlichen Vorteil im Wettbewerb, ist der dicke Ärger meist nicht weit.

Mit Audi, BMW, Mercedes und Ferrari treten vier Marken permanent in der DTM an, Foto: DTM
Mit Audi, BMW, Mercedes und Ferrari treten vier Marken permanent in der DTM an, Foto: DTM

Haupt: Andere zeigen wahre Performance nicht

Ob der DTM-Weg, die Balance of Performance zusammen mit Partner AVL aus Österreich größtenteils virtuell zu entwickeln, aufgeht, wird sich spätestens nach dem Saisonauftakt in Monza (18.-12. Juni 2021) zeigen. Die Angleichung des Leistungsspektrums erfolgt unter anderem durch Anpassungen des Fahrzeuggewichtes, der Fahrhöhe, des Lufteinlasses beziehungsweise des Ladedrucks.

"Wir sind offen und zeigen alles, während sich andere 'verstecken' und ihre wahre Performance noch nicht zeigen", warnt Teambesitzer Hubert Haupt am Rande der Testfahrten im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Das haben wir bereits am ersten Tag an den einzelnen Sektorenzeiten gesehen. Es wird sicher Spielerein geben, die man aber nicht durchgehen lassen darf."

DTM-Test: Keine Highspeed-BoP in Hockenheim

Laut DTM-Technikchef Resl sei die Test-BoP in Hockenheim nicht auf größtmögliche Leistung und spektakuläre Rundenzeiten fokussiert, sondern darauf, allen Beteiligten einen Startpunkt für die weitere Entwicklung zu liefern: "Das Ziel war es hier nicht, alle so nah wie möglich beieinander zu bringen, sondern den Teams das zu geben, was sie für den ersten Test benötigen. Wir haben hier keine spezifische Highspeed-BoP für Hockenheim."

Die für viele Beobachter überraschend schnellen Rundenzeiten der DTM in Hockenheim dürften neben der BoP-Einstufung auch auf die niedrigen Temperaturen und Umgebungsdrücke zurückzuführen sein. "Wir hatten es schwieriger erwartet, aber wenn es einmal rollt, dann rollt es", sagt HRT-Fahrer und Mittwochs-Spitzenreiter Maximilian Götz zu Motorsport-Magazin.com. "Wir kennen das aus Hockenheim. Und weil hier gestern Autos gefahren sind, war der Grip ganz gut."

ROWE-Teamchef Hans-Peter Naundorf, dessen Mannschaft mit zwei BMW M6 GT3 in der DTM debütiert, meint bezüglich der speziellen Test-BoP: "Es war richtig, das zu machen, um den maximalen Power-Output der Autos zu erzielen. Das ist eine gute Idee und das Vorhaben, die BoP virtuell zu erstellen, halte ich für eine fortschrittlich denkende Herangehensweise."