Red Bull, Ferrari, DTM: Gerhard Berger ist es dank seines schier unerschöpflichen Netzwerkes zu verdanken, dass die deutsche Rennserie in diesen Tagen trotz Corona und dem schwelenden Konflikt mit dem ADAC GT Masters wieder einmal positive Schlagzeilen fabriziert. Die beiden spektakulär folierten Ferrari 488 GT3 Evo, die Red Bull zu Beginn dieser Woche präsentiert hat, fanden bei Fans durchweg großen Anklang in den sozialen Medien.

Die renommierte Ferrari-Mannschaft AF Corse als Einsatzteam und der Formel-1-Fahrer Alex Albon samt GT-Spezialist Nick Cassidy und Nachwuchspilot Liam Lawson sind Namen ganz nach Bergers Geschmack. Noch höher ist dem Österreicher anzurechnen, dass es ihm gelungen ist, Red Bull nach zweijähriger Abwesenheit zurück in die DTM zu lotsen. In schwierigen Zeiten für den Motorsport sind es gerade diese renn-affinen und finanzstarken Unternehmen, nach denen sich jeder Promoter die Finger leckt.

Berger: 10.000 Dollar von Mateschitz

Dabei ließ Berger höchstwahrscheinlich seine Beziehungen in die oberste Etage von Red Bull spielen, namentlich: Dietrich Mateschitz. Die beiden Landsmänner verbindet seit Jahrzehnten eine enge Freundschaft, die in das Jahr 1985 zurückreicht. Damals lernten sich die beiden ausgerechnet beim Formel-1-Rennen in Österreich kennen, als Mateschitz dem klammen Arrows-Piloten Berger ein Sponsorengeld in Höhe von 10.000 Dollar anbot - eine überschaubare Summe zwar, aber tatsächlich noch einige Monate vor der Gründung von Red Bull.

Berger, oftmals bewaffnet mit RB-Trinkflasche, ging als erster Red-Bull-Athlet in die Geschichte des Energy-Drink-Herstellers ein. Die Wege der beiden Alphatiere kreuzten sich immer wieder, so übernahm Berger 2006 die Hälfte der Anteile am Formel-1-Ausbildungsteam Toro Rosso, heute als Alpha Tauri bekannt. Im Gegenzug beteiligte sich Mateschitz zu 50 Prozent an Bergers Logistikunternehmen Berger Logistik GmbH, das auch die berühmten Dosen durch die Weltgeschichte transportiert.

"So wurde aus der Begegnung im Fahrerlager eine einzigartige Erfolgsgeschichte im Motorsport, eine all die Jahre überdauernde Partnerschaft - und noch viel mehr: eine lebenslange Freundschaft zwischen uns beiden", erinnerte sich Berger an das einstige Treffen während des Grand Prix auf dem A1-Ring - heute Red Bull Ring - in der Steiermark.

Marko: DTM-Fahrer erkennt kein Mensch

Trotz der engen Zusammenarbeit zog es Red Bull vor, sich nach 2018 und damit in Bergers zweitem ITR-Jahr erst einmal aus der DTM zu verabschieden. Gleichzeitig verließ auch der zweifache Audi-Champion und Publikumsliebling Mattias Ekström, den Red Bull seit 2001 durchgehend unterstützt hatte, die Tourenwagenserie. Zwar engagierte sich der Dosenhersteller von 2014 bis 2017 auch bei BMW, doch mit dem aufbrausenden Schweden fehlte das wichtige Markengesicht.

"Ich will keinem DTM-Fahrer zu nahetreten, aber auf der Straße erkennt sie doch kein Mensch", sparte Red-Bull-Berater Dr. Helmut Marko bei einem DTM-Besuch im Jahr 2018 nicht mit offenen Worten. "Das ist wahrscheinlich auch ein Fehler der Hersteller, die mehr Wert auf ihre Markenpolitik legen, obwohl der Zuschauer den Fahrer als Hero sehen will."

AF Corse startet 2021 mit Alex Albon/Nick Cassidy und Liam Lawson in der DTM, Foto: Red Bull Content Pool
AF Corse startet 2021 mit Alex Albon/Nick Cassidy und Liam Lawson in der DTM, Foto: Red Bull Content Pool

Marko: DTM mit Berger wieder attraktiver

Nun sind die bis zuletzt verbliebenen Autobauer Audi und BMW weg - und Red Bull samt GT3-Kundenteam wieder da. Zwar muss die DTM künftig auf die Finanzkraft der beiden Werke verzichten, dafür kann Berger als nun alleiniger Chef die Geschicke der Traditionsserie mehr nach seinem Geschmack lenken. Seine Ideen, unter anderem die Rennfahrer wieder mehr in den Fokus zu rücken, fanden schon vor drei Jahren Anklang beim befreundeten Marko.

Der Chefkonsultant der Bullen damals: "Mit der Arbeit, die Gerhard leistet, ist der Sport wieder attraktiver und damit ganz klar ein Punkt, der für ein erneutes Engagement von Red Bull spricht. Die Berechtigung und der Bedarf für die DTM sind sicher da."

Red Bull kehrt nach zwei Jahren Auszeit zurück in die DTM, Foto: Red Bull Content Pool
Red Bull kehrt nach zwei Jahren Auszeit zurück in die DTM, Foto: Red Bull Content Pool

Von R-Motorsport bis AF Corse

Marko war es auch, der einst den Kontakt zwischen Berger und dem Schweizer Rennstall R-Motorsport unter Dr. Florian Kamelger eingefädelt hatte. Auf ein Engagement beim Aston-Martin-Team, das sich Anfang 2020 nach nur einer Saison wieder aus der DTM verabschiedete, verzichtete Red Bull trotz aller Spekulationen jedoch.

Jetzt war es seinerseits Berger, der die Zusammenarbeit zwischen Red Bull und AF Corse lancierte. Dabei dürften die weiterhin besten Kontakte, die er noch aus seiner aktiven Formel-1-Zeit nach Maranello hegt, geholfen haben. AF Corse unter der Leitung von Amato Ferrari - nicht verwandt mit Enzo Ferraris Familie oder dem Autobauer - stemmt seit Jahren erfolgreich Einsätze für die Marke mit dem Springenden Pferd.

Und natürlich war Berger auch bewusst, dass das DTM-Debüt von Ferrari weltweit durch die Medien wandern würde, gilt der Sportwagenhersteller trotz der letzten Formel-1-Resultate doch als Leuchtturm im Motorsport. Amato Ferrari bestätigte den direkten Einsatz des DTM-Chefs: "Diese Idee verdanken wir Gerhard Berger. Mit Red Bull haben wir uns relativ schnell geeinigt und blicken jetzt mit großem Enthusiasmus auf die Zusammenarbeit."

Fünf Marken mit BMW: Etappenziel erreicht

Bergers Red-Bull/Ferrari-Coup gilt als äußerst wichtiger Baustein für die neue GT3-DTM, um weitere Privatteams und zahlungskräftige Sponsoren anzulocken. Die Kosten bleiben ein Thema, vor allem, weil nur Profi-Rennfahrer statt finanzstarker Amateure die Rennen bestreiten sollen - eine der wichtigsten Einnahmequellen für Teams im GT3-Sport. Rund fünf Monate vor dem Saisonstart wurde der geplante Auftakt in Russland abgesagt, wohl auch, um Teams nicht durch die hohen Logistikkosten abzuschrecken.

Offiziell zur neuen DTM bekannt haben sich bislang die Teams GruppeM Racing (Mercedes), 2 Seas Motorsport und Team Rocket RJN von Jenson Button (beide McLaren), Abt Sportsline (Audi), Rosberg (vermutlich Audi) sowie das von Red Bull finanzierte Ferrari-Team AF Corse.

Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com soll zudem mindestens ein BMW-Team am Start sein, womit Berger seine eigene Vorgabe von mindestens fünf unterschiedlichen Herstellern erfüllt hätte. Für das erhoffte Starterfeld von rund 20 GT3-Autos muss er seine Kontakte aber wohl noch einige Male spielen lassen.