Es ist das Ende einer mehr als 50 Jahre andauernden Ära: BMW trennt sich zum Jahresende 2020 von Schnitzer Motorsport. Mit der Truppe aus Freilassing feierte der Autobauer aus München zahllose Erfolge rund um den Globus.

Darunter der einzige Gesamtsieg von BMW bei den 24 Stunden von Le Mans 1999 sowie weitere insgesamt zehn Gesamterfolge bei den berühmten 24h-Klassikern in Spa-Francorchamps (1985, 1986, 1988, 1990, 1995) und auf dem Nürburgring (1989, 1991, 2004, 2005, 2010).

Auch in der Tourenwagen-WM (1987), der Tourenwagen-EM (1983, 1986, 1988), der DTM (1989, 2012), der STW (1998) sowie in vielen weiteren Rennserien rund um den Globus war Schnitzer Motorsport erfolgreich. Bei Charly Lamms letztem Rennen am Kommandostand beim FIA GT Cup in Macau 2018 holte Augusto Farfus mit dem einzigen M6 GT3 im Feld einen weiteren Sieg für die Münchner. Wenig Monate später verstarb Motorsport-Legende Lamm.

Ein Rückblick auf die bewegte Geschichte von Schnitzer Motorsport, die 1963 begann, als die Brüder Josef und Herbert Schnitzer 1963 einen Unfallwagen kauften, um ihn zu restaurieren und mit ihm Rennen zu fahren. Wenige Jahre später stießen die Halbbrüder der beiden, Karl, genannt "Charly", und Dieter Lamm dazu. Fortan führte das Quartett Schnitzer Motorsport zu immer größeren Erfolgen.

1966 - Der erste Meistertitel - Sieg für Josef Schnitzer
Josef Schnitzer wird in einem von ihm getunten BMW 2000ti Deutscher Rennsport-Meister und holt den ersten Titel nach Freilassing. Zu diesem Zeitpunkt kann noch keiner ahnen, dass dies der Beginn einer einmaligen Titelsammlung sein würde.

1968 - Schnitzer erobert Europas Berge
1968 beginnt die Vorherrschaft des Teams Schnitzer in der Berg-Europameisterschaft. Ernst Furtmayr erringt seinen ersten Gesamtsieg auf dem bewährten BMW 2002ti. Es folgen zwei weitere Titel in den Jahren 1969 und 1970.

1971- Der vierte Titel in Folge
Der Schweizer Walter Brun, der in den folgenden Jahrzehnten noch Motorsport-Geschichte schreiben soll, verschafft dem Freilassinger Team den vierten Titel in der Europa-Bergmeisterschaft in Folge. Er gewinnt das Championat im bewährten BMW 2,8 CS.

1975 - Erfolgreicher Ausflug in den Formelsport - Formel 2 Europameister
Der Franzose Jacques Laffite gewinnt auf seinem Martini Formel 2 mit Schnitzer-Motor die Formel-2-Europameisterschaft und verhilft Schnitzer damit zum ersten Titel im Formelsport.

Jacques Laffite 1975 in seinem Formel-2-Renner, Foto: Sutton
Jacques Laffite 1975 in seinem Formel-2-Renner, Foto: Sutton

1978 - Triumph und Tragik - Ein großer Verlust
So erfolgreich das Jahr 1978 aus sportlicher Sicht verläuft, so tragisch gestaltet es sich im menschlichen Bereich. Den überragenden Leistungen des neuen Piloten Harald Ertl im BMW 320 turbo, die schließlich zum Gewinn der deutschen Rennsportmeisterschaft führen, steht der tragische Unfall von Josef Schnitzer gegenüber, der bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall bei der Anreise nach Zolder verstirbt.

1980 - Einzigartige Siegerserie in Macau
Auf Anhieb gewann Schnitzer Motorsport mit Hans-Joachim Stuck bei seiner Rennpremiere im Spielerparadies Macau vor den Toren Hongkongs. Bei insgesamt 20 Starts in der Glückspielstadt am südchinesischen Meer erzielte Schnitzer insgesamt 12 Siege, vier Doppel- und drei Dreifach-Erfolge sowie 25 Podiumsplätze.

1983 - Auf Europas Thron: Tourenwagen-Europameister
Schnitzer Motorsport gewinnt mit dem Österreicher Dieter Quester die Tourenwagen-Europameisterschaft auf einem BMW 635 CSi Gruppe A. Nach den Europameister-Titeln in der Bergmeisterschaft sowie in der Formel 2 als Motorenlieferant ist dies bereits der sechste EM-Titel in der 20-jährigen Firmengeschichte.

Der BMW 635 CSi Gruppe A 1983 in Silverstone, Foto: LAT Images
Der BMW 635 CSi Gruppe A 1983 in Silverstone, Foto: LAT Images

1985 - Marathon-Premiere: Sieg in den Ardennen
1985 gelingt im BMW 635 CSi der erste Sieg bei einem 24-Stunden-Rennen in der Geschichte des Schnitzer-Teams. Das Trio Roberto Ravaglia, Gerhard Berger und Marc Surer gewinnt den Klassiker in Spa-Francorchamps vor dem Schwesterauto, pilotiert von Dieter Quester, Markus Oestreich und Johnny Cecotto. Es sollten noch vier weitere Erfolge 1986, 1988, 1990 und 1995 folgen. Damit ist Schnitzer Motorsport bis heute das erfolgreichste BMW- und deutsche Rennteam in der 70-jährigen Spa-Geschichte.

1986 - Beginn einer Ära: Erster Titel für Ravaglia
Zum zweiten Mal nach 1983 gewinnt Schnitzer Motorsport die Europameisterschaft - und das im erprobten BMW 635 CSi Gruppe A. Hinter dem Lenkrad sitzt diesmal der Italiener Roberto Ravaglia. Diesem ersten gemeinsamen Triumph folgen in den folgenden Jahren viele weitere großartige Siege.

Roberto Ravaglia und Gerhard Berger 1986 beim gemeinsamen Rennen im 6er BMW, Foto: LAT Images
Roberto Ravaglia und Gerhard Berger 1986 beim gemeinsamen Rennen im 6er BMW, Foto: LAT Images

1987- Sieg bei der Premiere: Tourenwagen-Weltmeister
Der italienische Schnitzer-Pilot Roberto Ravaglia gewinnt die 1987 zum ersten Mal ausgetragene Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) auf einem BMW M3. Ravaglia bleibt 18 Jahre lang Titelträger, da erst 2005 die nächste offizielle WTCC ausgetragen wird.

1988 - Ravaglia zum Dritten: Wieder Europameister
Nach dem Gewinn der Europameisterschaft 1983 und 1986 sowie der WM 1987, gewinnt Roberto Ravaglia für Schnitzer Motorsport in der Tourenwagen-Europameisterschaft den dritten EM-Titel. Wie bereits im Vorjahr wird ein BMW M3 Gruppe A eingesetzt.

1989 - Der erste DTM-Titel und Sieg beim Eifelmarathon
1989 ist ein ganz besonderes Jahr für das Team Schnitzer: Zum ersten Mal können in einer Saison zwei Meistertitel gewonnen werden. Im Debütjahr erringt Roberto Ravaglia den Meistertitel in der DTM, in der italienischen Tourenwagenmeisterschaft ist Johnny Cecotto erfolgreich.

Zudem feiert die Mannschaft aus Oberbayern ihren ersten Triumph beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Weitere Gesamtsiege auf der legendären Nordschleife in der Eifel folgen 1991, 2004, 2005 und 2010.

Der legendäre BMW M3 1989 in der DTM, Foto: BMW
Der legendäre BMW M3 1989 in der DTM, Foto: BMW

1990 - Titel in Italien: Ravaglias fünfter Streich
Nach einem Weltmeistertitel, zwei Europameisterschaften sowie dem Triumph in der DTM gewinnt Roberto Ravaglia in der italienischen Tourenwagenmeisterschaft den fünften Titel hintereinander. Eine eindrucksvolle Bilanz, die den Italiener bis heute zu einem der erfolgreichsten Tourenwagenpiloten weltweit macht.

1993 - Britischer Tourenwagen-Meister: Winkelhock erobert England
Nach dem Ausstieg von BMW aus der DTM sucht Schnitzer ein neues Betätigungsfeld - und findet es in der britischen Tourenwagen-Meisterschaft. Joachim Winkelhock, genannt "Smoking Joe", gewinnt auf Anhieb die Meisterschaft und beschert dem Schnitzer-Team einen weiteren Titel in einem nationalen Championat.

In dieser Szene lief es ausnahmsweise nicht für Joachim Winkelhock, Foto: LAT Images
In dieser Szene lief es ausnahmsweise nicht für Joachim Winkelhock, Foto: LAT Images

1994 - Ein neues Abenteuer: FIA Asien-Pazifik Tourenwagen-Meister
Neue Saison, neue Meisterschaft, neuer Kontinent und altbekannte Sieger. Unser Team gewinnt mit Joachim Winkelhock die FIA Asien-Pazifik Tourenwagenmeisterschaft.

1998 - Zurück in Deutschland - Johnny Cecotto auch in der STW Spitze
In Johnny Cecotto gewinnt 1998 eine weitere Tourenwagen-Ikone die deutsche ADAC Supertourenwagen-Meisterschaft auf einem Schnitzer BMW. Nach dem Ende der ITC und der DTM ist die STW auch 1998 die höchste Tourenwagenkategorie in Deutschland.

Johnny Cecotto führt das STW-Feld 1998 am Sachsenring an, Foto: LAT Images
Johnny Cecotto führt das STW-Feld 1998 am Sachsenring an, Foto: LAT Images

1999 - Im Dienste von BMW Motorsport: Triumph in Le Mans
Als Einsatzteam für BMW Motorsport gewinnt das Team Schnitzer mit einem BMW V12 LMR und den Fahrern Joachim Winkelhock, Pier-Luigi Martini und Yannick Dalmas bei den legendären 24 Stunden von Le Mans. Es ist bis heute einer der größten Siege für die Mannschaft aus Freilassing. Mit diesem großartigen Triumph schafft das Team Schnitzer zudem ein einzigartiges Kunststück: Die Mannschaft aus Freilassing ist weltweit das einzige Rennteam, dem Gesamtsiege bei den berühmten 24-Stunden-Rennen in Le Mans, Spa-Francorchamps und auf dem Nürburgring gelungen sind. Joachim Winkelhock gehörte als einziger BMW-Werksfahrer ebenfalls zu den Gewinnern der drei Langstreckenklassiker.

Le Mans 1999: Einer der größten Schnitzer-Erfolge, Foto: Sutton
Le Mans 1999: Einer der größten Schnitzer-Erfolge, Foto: Sutton

2001 - Auch jenseits des Atlantiks erfolgreich - Winning in America
Auch auf der anderen Seite des Atlantiks ist Schnitzer das Maß aller Dinge: Jörg Müller gewinnt den GT-Titel in der American Le Mans Series (ALMS) auf einem vom Schnitzer-Team eingesetzten BMW M3 GTR vor seinem Teamkollegen J.J. Lehto. Zudem geht auch der Team-Titel nach Oberbayern.

2005 - 2009 - Kampf um den WM-Titel: Schnitzer erneut in der WTCC am Start
Zwischen 2005 und 2009 gewinnt das BMW Team Schnitzer mit dem BMW 320i und dem BMW 320si WTCC 25 Rennen in der FIA World Touring Car Championship (WTCC). Ein weiterer WM-Titel bleibt dem Team jedoch versagt, obwohl es mehrmals bis zum großen Finale in Macau um den Spitzenplatz kämpft.

2012 - Fulminante Rückkehr: DTM-Champion beim Comeback
Wie zuvor 1989 mit Roberto Ravaglia gewinnt das BMW Team Schnitzer mit Bruno Spengler im ersten Jahr nach der DTM-Rückkehr den Titel. Darüber hinaus belegt das Team in der Mannschaftswertung Platz eins.

Bruno Spengler holt den Titel bei der DTM-Rückkehr 2012, Foto: BMW AG
Bruno Spengler holt den Titel bei der DTM-Rückkehr 2012, Foto: BMW AG

2018 - Neue Herausforderung: ADAC GT Masters
Mit zwei BMW M6 GT3, dem zweimaligen DTM-Champion Timo Scheider sowie talentierten BMW-Junioren kämpft das BMW Team Schnitzer um die Titel in der Fahrer- und Teamwertung des ADAC GT Masters. Bei Lamms letztem Rennen am Kommandostand holt Augusto Farfus den Sieg beim FIA GT Cup in Macau. Nur wenige Monate später verstirbt Lamm nach kurzer, aber schwerer Krankheit.

2020 - GT3-Entwicklung und Nürburgring-Podium
Im Jahr 2020 ist Schnitzer Motorsport nur noch selten bei Rennen anzutreffen. Die Mannschaft wird mit der Entwicklung des BMW M4 GT3 betreut, der 2022 sein Renndebüt geben und den M6 ablösen soll. Auf dem Nürburgring sorgen die Schnitzers ein letztes Mal für Furore: Mit Martin Tomczyk, Sheldon van der Linde und Augusto Farfus gelingt ein weiterer Podesterfolg beim Eifel-Klassiker.