Positive Rückmeldungen aus den Lagern von sowohl Audi als auch BMW gab es länger nicht in der DTM. Anders auf dem Nürburgring, wo sich die Fahrer beider Hersteller unisono einig waren: Die Rückkehr zum Grand-Prix-Layout des Kurses war eine goldrichtige Entscheidung. Schon nach dem ersten Freien Training zum fünften Rennwochenende der Saison 2020 schwärmten die Fahrer von den zusätzlichen Streckenabschnitten.

Vor allem die 2007 nach Michael Schumacher benannte Links-Rechts-Kurvenkombination 'Schumacher-S' hat es den Piloten angetan. "Eine sehr beeindruckende Kurve", fand BMW-Pilot Timo Glock nach dem ersten Training am Freitag. "Da sieht man, wie schnell die DTM-Autos sind, ich bin fast mit Vollgas durchgefahren."

Unter Rennbedingungen erwartete Glock keine Durchfahrt mit durchgedrücktem Gaspedal. Im Qualifying mit wenig Sprit an Bord und keiner größeren Beachtung des Reifenzustandes könnte es aber klappen. Glock, der den Grand-Prix-Kurs noch aus seiner Zeit in der Formel 1 kennt, über das Schumacher-S: "Im Qualifying könnte es da lauten: Eier raus und Vollgas."

Fraglich nur, wie weit man den Hosenschlitz in der schnellsten Ecke der Strecke aufmachen kann. Ferdinand Habsburg kam im Training kurz von der Strecke ab und musste durchs Kiesbett. "Im Schumacher-S brauchst du Eier", sagte der Österreicher aus dem Audi-Team WRT. "Du musst den Fuß drauflassen. Als ich da durch den Kies bin, war das ein bisschen beängstigend. Aber du musst die Limits kennenlernen."

Ob es Habsburg am Samstag gelingt, das Schumacher-S mit Vollgas zu fahren, könnten Fans in den sozialen Medien des jungen DTM-Piloten erfahren: "Hoffentlich kann ich morgen auf Instagram posten, dass ich da mit Vollgas durchgefahren bin!"

Der erfahrene Audi-Markenkollege Jamie Green sparte sich derartige Ausritte zum Auftakt des Wochenendes auf dem GP-Layout, das zum ersten Mal seit 19 Jahren wieder in der DTM genutzt wird. Damals allerdings noch in der 4,556 Kilometer-Variante. Inklusive der später errichteten Mercedes-Arena misst die Grand-Prix-Strecke heute 5,148 Kilometer.

"Eine coole Strecke und besser als die kurze, von der ich nie ein Fan war, aber lange mit leben musste", sagte Green kurz vor seinen DTM-Rennen 202 und 203 an diesem Wochenende in der Eifel. Der Brite weiter: "Im Schumacher-S bin ich nicht Vollgas gefahren. Ich habe da viel Zeit liegen lassen, weil ich nicht wusste, wo das Limit ist. Da war ich ein bisschen eine Pussy..."

Seit August 2001 fuhr die DTM jährlich auf der 3,629 Kilometer langen Kurzanbindung - damit die Zuschauer die Autos häufiger zu sehen bekommen, wie die Begründung damals lautete. Von 1984 bis Mai 2001 kam meist die GP-Variante mit ihren aus der Formel 1 bekannten 4,556 Kilometern zum Zuge. Seit 2002 fuhr die Formel 1 auf einem 5,148 Kilometer langen Layout.

Einen Beliebtheitspreis gewann die Kurzanbindung auf dem Nürburgring nie. DTM-Boss Gerhard Berger konnte sich die GP-Rückkehr schon 2018 vorstellen, die Umsetzung dauerte allerdings eine Weile. Die Fahrer werden es dem Österreicher danken. "Die lange Strecke macht so viel Spaß mit dem DTM-Auto, deutlich mehr als die Kurzanbindung", sagte Marco Wittmann, der sich die Bestzeit im 1. Training mit Audi-Rivale Nico Müller teilte.

Die Hinzunahme der Dunlop-Kehre sowie des anschließenden Schumacher-S wird der aktuellen Auto-Generation der DTM gerecht. Die Turbo-Boliden mit einer Grundleistung von knapp 600 PS bei weniger als einer Tonne Gewicht eilen von einem Streckenrekord zum nächsten. Glock nach der Schumacher-S-Erfahrung im Training: "Da herrscht ein ähnliches Gefühl zwischen Formel 1 und DTM."