Drücken, nicht drücken oder falsch drücken? Das ist derzeit die Frage in der DTM. Knopfdrücke sorgen auch beim zweiten Rennwochenende der Saison 2020 für Schlagzeilen. Nachdem Rene Rast am Freitag für seinen unerlaubten Knopfdruck auf das Push-to-Pass-System nachträglich eine Zeitstrafe erhielt und den Sieg im Spa-Rennen vor zwei Wochen verlor, spielte auch auf dem Lausitzring ein Knopf eine gewichtige Rolle.

Im Samstagsrennen kostete ein falscher Knopfdruck am Lenkrad den späteren Rennsieger Nico Müller ganze sechs Sekunden. Der erfolgte allerdings nicht im Audi, sondern im BMW von Jonathan Aberdein. Der Südafrikaner verwechselte tatsächlich den Pit-Limiter-Knopf mit dem Knopf für die Slow Zone und brachte Müller dadurch arg in die Bredouille.

"Das war zu 100 Prozent mein Fehler, da hat mein Gehirn ausgesetzt", sagte Aberdein. "Die Slow Zone wurde aktiviert, als ich gerade für die erste Kurve gebremst hatte. In der Konfusion habe ich ausversehen den Pitspeed-Limiter gedrückt und bin 50 km/h gefahren. Ich brauchte dann eine Weile, bis ich das verstanden hatte."

In der 27. der 43 Runden rief die Rennleitung eine Slow Zone aus, damit Loic Duvals defekter Audi sicher per Kran von der Strecke geschleppt werden konnte. Während es den 14 verbliebenen Piloten gelang, den Slow-Zone-Knopf zu drücken, der das Auto automatisch auf 80 km/h einbremst, betätigte der junge Aberdein den Knopf, der normalerweise bei der Einfahrt zur Boxengasse aktiviert wird - und den Wagen auf 50 km/h Tempolimit bremst.

Unglücklich: zu diesem Zeitpunkt lief der virtuell Führende Müller auf die quasi überrundeten Fabio Scherer (WRT-Audi) und Aberdein auf. Da während einer ausgerufenen Slow Zone Überholverbot herrscht, fuhren Scherer und Müller wegen Bremsklotz Aberdein nur 50 km/h, während der Rest des Feldes mit den eigentlich geltenden 80 km/h heranrauschte.

So gelang es Müllers ärgstem Verfolger Sheldon van der Linde während der Slow-Zone-Phase in den Runden 27 und 28, den Rückstand von 7,5 auf nur 1,4 Sekunden zu verringern. Aberdein erhielt für seinen Fehler im Nachgang des Rennens eine 30-Sekunden-Ersatzstrafe als Denkzettel.

"In der Slow Zone habe ich tonnenweise Zeit verloren", sagte Müller später. "Der große Vorsprung, den ich mir herausgearbeitet hatte, war weg. Und die Jungs hinter mir hatten DRS und Push-to-Pass. Die BMW waren hier im Spiel und Sheldon hat mich ganz schön ins Schwitzen gebracht."

DTM 2020 Lausitzring: Samstagsrennen als Zusammenfassung: (02:44 Min.)

Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn der falsche Knopfdruck des BMW-Neuzuganges am Ende Müllers dritten und saisonübergreifend vierten Sieg in Folge verhindert hätte. "In den fünf Runden nach der Slow Zone war Sheldon sogar etwas schneller als ich, aber ich konnte noch etwas Pace nachlegen", sagte Müller.

Mit 2,8 Sekunden Vorsprung auf das 21-jährige BMW-Juwel van der Linde überquerte Müller den Zielstrich und baute seine Führung in der Meisterschaft weiter aus. "Nur eine Slow Zone konnte Nico heute einbremsen", meinte Audi-Motorsportchef Dieter Gass. "Es war ärgerlich, dass er dadurch so viel Zeit verloren hat. Er hat aber die Ruhe bewahrt und war ganz eindeutig der schnellste Fahrer da draußen."

Den Grundstein zum Sieg hatte Müller bereits beim Start gelegt. Von Platz zwei hinter Abt-Teamkollege Robin Frijns gestartet, ging er in der ersten Kurve in Führung. Dabei profitierte er von einem kleinen Fehler des Niederländers beim kniffligen Anfahren, bei dem die Fahrer keine Vorspannung mehr nutzen dürfen, sondern Talent und Timing ausschlaggebend sind.

"Die Kupplung hat mich überrascht", sagte Frijns, der das Rennen auf dem dritten Platz beendete. "Nico war von Beginn an vor mir. Als Teamkollege gehst du nicht All-In in der ersten Runde. Vor allem, wenn noch ein BMW dahinterfährt. Nach sieben, acht Runden bekam ich dann ein paar Probleme und musste mehr in den Rückspiegel schauen statt nach vorne."