Das Meister-Duell der DTM-Saison 2019 setzt sich in diesem Jahr fort - in der berühmtesten Kurve der Welt. Rene Rast und Nico Müller lieferten sich im Samstags-Rennen beim Auftakt in Spa-Francorchamps ein aufregendes Duell direkt nach dem Start. Mit dem besseren Ende für den Schweizer, den später den souveränen Fünffachsieg von Audi anführte.

Der von Platz zwei gestartete Müller musste sich direkt nach dem Start gegen den amtierenden Champion und Hintermann Rast zur Wehr setzen. Als die beiden Audis Seite an Seite durch die berühmte Eau Rouge donnerten, dürften am einen oder anderen Audi-Kommandostand Stoßgebete gesprochen worden sein...

Zunächst hatte Rast auf dem Weg in die berüchtigte Kurve samt legendärer Kompression die Oberhand, doch Müller auf der Außenseite steckte nicht zurück und eroberte den zweiten Platz hinter dem zu diesem Zeitpunkt Führenden Pole-Setter Robin Frijns zurück.

"Mein Start lief nicht nach Plan", räumte Rennsieger Müller später ein. "Das führte zu der Rad-an-Rad-Situation mit Rene durch Eau Rouge. Ich hatte gehofft, dass er früher vom Gas geht. Das ist keine Kurve, in der du einen Kontakt haben möchtest... Aber da waren zwei Profis am Steuer, es war alles fair."

DTM 2020 Spa: Samstags-Rennen in der Zusammenfassung: (03:57 Min.)

Rast bewertete die Situation anders und hätte sich seinerseits gewünscht, dass der Markenkollege früher den Fuß vom Gaspedal nimmt. "Seite an Seite durch Eau Rouge ist knifflig", meinte der 33-Jährige, der das Rennen nach einem doppelten Reifenwechsel und einer Aufholjagd als Fünfter beendete. "Ich hatte die Innenseite der Kurve und denke, dass sich der Fahrer auf der Außenseite mehr kümmern sollte. Das hat er aber nicht, ich musste runter vom Gas und habe Plätze verloren. Ich habe ihm da einen Gefallen getan, indem ich vom Gas runter bin."

Die Kurvenkombination Eau Rouge/Raidillon samt anschließender Kemmel-Geraden erwies sich im ersten von zwei Rennen auf dem belgischen Kurs als beliebter Ort zum Überholen. Auch mit den Überholhilfen DRS und Push-to-Pass (jetzt mit 60 statt wie bisher 30 PS) nutzten einige Fahrer diesen Bereich für einen Angriff oder Positionsgewinn.

Mit zwei 580 PS starken Rennwagen im Parallelflug durch die nach einem Fluss benannte Senke und anschließend den Berg hochzufahren, kann jedoch heikel werden. "Das ist keine gute Idee, da verlieren beide ein bisschen", meinte der Viertplatzierte Mike Rockenfeller. "Es ist schon ein bisschen kritisch, dort zu überholen."

Im Vorfeld des Rennwochenendes gab es sogar Wetten unter den Fahrern, ob und wie es möglich sei, die Eau-Rouge-Passage mit Vollgas zu durchfahren. Die Umsetzung hing vor allem von den Umständen ab, namentlich dem Zustand der rennentscheidenden Hankook-Reifen. "Das ist und bleibt eine spezielle Kurve und nicht in jeder Runde konnten wir Vollgas fahren", sagte Jamie Green nach seinem Podesterfolg.

Zu weiteren Duellen zwischen Rast und Müller sollte es am Samstag nicht kommen. Während Rast große Schwierigkeiten mit seinem Reifen-Management hatte und nach zwei Stints über je zehn Runden einen ungeplanten Boxenstopp einlegte, zog Müller an der Spitze weg. Beim Zieleinlauf hatte er gigantische 19 Sekunden Vorsprung auf Markenkollege Green.

Trotzdem begann auch bei Müller gegen Rennende das große Zittern, als er Vibrationen im Auto verspürte und um die Resthaltbarkeit seiner Reifen fürchtete: "Ich war im zweiten Stint zuversichtlich, aber dann kam der 'Cliff' (auf der Klippe) und ich hatte Angst, dass die Reifen kaputtgehen. Vor allem in Eau Rouge, wo eine starke Last auf das Auto einwirkt, aber zum Glück haben sie gehalten."

Während Müller der bestmögliche Auftakt gelang, betrieb Rast mit seiner späten Aufholjagd dank frischer Reifen Schadensbegrenzung und überquerte die Ziellinie als Fünfter. Das hatte allerdings seinen Preis: durch den zusätzlichen Boxenstopp stehen ihm am Sonntag nur noch zwei frische Reifensätze zur Verfügung. "Das ist keine gute Voraussetzung", ahnte Rast. "Wir müssen schnell herausfinden, warum die Reifen so stark eingebrochen sind."