Robert, wie groß ist die Vorfreude auf das neue Abenteuer namens DTM?
Robert Kubica: Das ist eine neue Herausforderung für mich und die DTM ist eine der härtesten Kategorien, in denen du fahren kannst. Das Starterfeld mit seinen Fahrern und Teams ist extrem konkurrenzfähig und die Hersteller sind stark involviert. Ich weiß, dass mir keine einfache Challenge bevorsteht, aber ich freue mich auf mein Renndebüt. Ich gehe das sehr realistisch an. In der Vergangenheit haben wir einige ehemalige Formel-1-Fahrer gesehen, die Probleme in der DTM hatten. Entweder waren sie wenig erfolgreich oder sie brauchten eine Weile, um bei der Musik zu sein. Diesen Prozess werde ich jetzt auch durchlaufen.

Wie fühlt es sich an, im Alter von 35 Jahren als Rookie in einer Serie zu starten?
Robert Kubica: Das ist eine gute Frage. Ich habe viel Erfahrung in unterschiedlichen Rennserien, neben der Formel 1 bin ich auch Rallyes gefahren. Aber in der DTM bin ich wirklich ein Rookie. Es fühlt sich ein bisschen an wie vor 15 Jahren, als ich neu in die Formel 1 kam. Der Unterschied ist, dass du in der DTM nur sehr wenig Streckenzeit zur Verfügung hast, das macht es für Neueinsteiger noch herausfordernder. Die einzige Möglichkeit, etwas über ein Auto herauszufinden, ist, es zu fahren. Natürlich gibt es Ingenieure, Daten und Onboard-Aufnahmen, aber die wertvollsten Erfahrungen sind die, die du selbst am Steuer sammelst. Deshalb werden die ersten Rennwochenenden ein Test und Lernprozess für mich.

2003 und 2004 bist du mit der F3 Euro Series im Rahmenprogramm der DTM gefahren. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?
Robert Kubica: Oh, ich habe sehr viele gute Erinnerungen an die DTM! Mein erstes Rennen bin ich 2003 in der Formel 3 auf dem Norisring gefahren. Und ich habe es sogar gewonnen. Die vorigen Saisonrennen davor habe ich verpasst, weil ich als Beifahrer bei einem Autounfall verletzt wurde. Ich erinnere mich gern an die hunderttausenden Zuschauer, als ich im Rahmen der DTM gefahren bin. Das war unglaublich! Zu diesem Zeitpunkt war die DTM wahrscheinlich auf ihrem Höhepunkt, aber die Qualität der Fahrer, Teams und Fans ist sehr hoch geblieben.

Du genießt bis heute einen riesengroßen Rückhalt der polnischen Motorsport-Fans. Was erwarten sie in der DTM von dir?
Robert Kubica: Die polnischen Fans kennen vor allem die Formel 1, weil sie der Höhepunkt des Motorsports ist. Durch meinen Wechsel in die DTM ist das Interesse in meiner Heimat an der Serie gewachsen, aber die Fans müssen verstehen, dass mich hier keine leichte Aufgabe erwartet. Ich sehe die DTM auf dem gleichen Schwierigkeitsgrad wie die Formel 1. Weißt du, ich bin 35 Jahre alt und manchmal wache ich morgens auf und denke: 'Woah, ich habe mir die schwierigste Rennserie ausgesucht, in der ich antreten kann'. Um aber größtmögliche Genugtuung zu erfahren, musst du die größten Herausforderungen annehmen.

Robert Kubica Interview: DTM auf gleichem Level wie Formel 1: (33:08 Min.)

Du kehrst in einen Rennwagen mit BMW-Motor zurück. Was bedeutet dir das?
Robert Kubica: BMW hat in meiner Karriere eine große Rolle gespielt, vor allem in der Formel 1. Mit BMW Sauber habe ich 2006 mein F1-Debüt gegeben und bin bis zum BMW-Ausstieg Ende 2009 für sie gefahren. Es ist schön, jetzt wieder mit Leuten zu arbeiten, mit denen ich schon vor zehn Jahren zusammen war. Ich bin bei solchen Dingen eigentlich kein emotionaler oder sensibler Mensch, aber es ist schon lustig: Ich bin jetzt in der Formel 1 zu meinen Anfängen in Hinwil zurückgekehrt, auch, wenn das Team jetzt Alfa Romeo heißt. Und dann die Sache mit BMW in der DTM, das fühlt sich an wie eine Rückkehr nach Hause in beiden Fabriken. Nicht viele Menschen realisieren, wie schön so etwas sein kann. Und ich möchte noch etwas anmerken...

Ja, bitte?
Robert Kubica: Es geschafft zu haben, dass ich mit zwei unterschiedlichen Teams zwei verschiedene Programme bestreiten kann, war nicht einfach. Vor allem, weil im Motorsport solch ein starker Wettbewerb herrscht. Das ist ein bisschen, als spiele man für den FC Bayern in der Champions League und gleichzeitig für ein anderes Team in der italienischen Serie A. Ich muss mich dafür wirklich bei allen Involvierten bedanken, dass es geklappt hat.

Hast du mit deinen 35 Jahren das Gefühl, dir selbst oder der Motorsportwelt noch etwas beweisen zu müssen?
Robert Kubica: Ich bin ein Wettbewerbs-Mensch. Ich will jeden Tag etwas beweisen, auch mir selbst. Ich habe jetzt die richtigen Leute um mich herum und empfand es als sinnvoll, noch einmal etwas Neues zu machen. Im Motorsport versucht man lieber etwas, als hinterher zu bereuen, es nie probiert zu haben. Mit der richtigen Herangehensweise und Respekt vor der DTM glaube ich, dass ich Spaß haben kann. Nicht mit Blick auf die Ergebnisse, sondern auf die Erreichung von Herausforderungen. Das kann manchmal wichtiger sein als ein einzelnes Resultat.

Stars wie Lewis Hamilton oder Rene Rast bezeichnen dich noch heute als einen der talentiertesten Rennfahrer überhaupt. Was bedeuten solche Lobeshymnen für dich?
Robert Kubica: Ich sehe sie nicht als Stars. Lewis hat viele Weltmeisterschaften gewonnen, aber wir kennen uns seit meinem 13. Lebensjahr aus dem Kartsport. Ich bin diesen Fahrern aber dankbar und es ist schön, dass sie mich respektieren. Ich respektiere sie genauso, und auch alle Rennfahrer und Sportler auf einem hohen Niveau. Weil ich weiß, dass es von außen betrachtet manchmal einfacher aussieht als es wirklich ist. Was Rene in der DTM erreicht hat, ist eine wirklich große Sache. Nicht viele Leute realisieren, dass das nicht nur vom Speed abhängt, sondern, dass viele Faktoren zusammenkommen müssen, um derart dominant zu sein.

Robert Kubica startet in der DTM für das BMW-Privatteam ART, Foto: BMW Motorsport
Robert Kubica startet in der DTM für das BMW-Privatteam ART, Foto: BMW Motorsport

War es für dich jemals wichtig, in der Öffentlichkeit als Star wahrgenommen zu werden?
Robert Kubica: Nein, war es nie. Wenn du mich fragst, ob ich lieber unbekannt wäre, dann würde ich das annehmen. Die Bekanntheit ist nicht negativ und ich weiß die Unterstützung der Fans vor allem in Polen und auch dem Rest der Welt sehr zu schätzen. Aber das eine ist Unterstützung, das andere, mich als einen Star zu sehen. Ich bin ein ganz normaler Kerl, der einfach Motorsport mag und eine Leidenschaft dafür hat. Manchmal vielleicht sogar zu viel, gelegentlich würde etwas weniger vielleicht nicht schaden... Ich weiß, wie wichtig der Sport für mein Leben war. Ich bin nach meinem Unfall durch harte Zeiten gegangen und war komplett aus dem Motorsport raus. Jetzt weiß ich die Gelegenheit zu schätzen, in der DTM zu fahren. Solange du das Spiel spielen kannst, solltest du es machen und keine Angst dabei haben!

Hast du dir ein persönliches Ziel für das DTM-Debüt gesteckt?
Robert Kubica: Wie gesagt, als Rookie und auch einziger Fahrer in einem privaten Team bist du in keiner einfachen Lage. Wenn wir schnell die richtige Richtung finden können, dann hoffe ich auf ein paar gute Rennen. Top-10-Ergebnisse wären zu Beginn schon eine Genugtuung. Vieles hängt natürlich auch vom Auto ab. Letztes Jahr war Audi sehr dominant. Meine Kollegen bei BMW haben eine Verbesserung im Auto gespürt, aber Motorsport ist nicht nur ein Rennen auf der Strecke, sondern auch in der Fabrik.

Würdest du dein einjähriges Comeback in der Formel 1 als Erfolg bezeichnen?
Robert Kubica: Aus persönlicher Sicht war das vielleicht sogar mein größter Erfolg. Nicht nur, weil ich wieder in die Formel 1 kam, sondern, weil ich konkurrenzfähig war - auch wenn die Ergebnisse das so nicht gezeigt haben. Nicht viele Leute wissen, in was für einer schlechten Verfassung ich nach dem Unfall war und was ich durchgemacht habe. Da ist es nicht einfach, nach so vielen Jahren in den Sport zurückzukehren und konkurrenzfähig zu sein. Das gilt vor allem für die Formel 1. Ich habe es aber geschafft.

Wie ist es für dich, in diesem Jahr die Rennen der Formel 1 als Ersatz- und nicht mehr als Stammfahrer zu verfolgen?
Robert Kubica: Ich kenne die Situation ja schon aus den Jahren 2006 und 2018 bei Williams, auch, wenn die Umstände nicht vergleichbar sind. 2006 war ich ein junger Fahrer, der die F1-Welt erkundet hat und für den ein Traum wahr wurde. Jetzt mit 35 Jahren machst du in deiner Karriere Höhen und Tiefen durch. Natürlich lief es wegen meines Unfalls nicht wie erhofft. Aber alles in allem bin ich glücklich, dass ich in der Formel 1 für gute Teams fahren durfte. Als Reservefahrer ist es jetzt etwas anders, aber ich nutze die Gelegenheit, um in der F1 zu bleiben. Man weiß ja auch nie, was passiert. Aber am Ende bin ich realistisch und deshalb ist die DTM ja auch so wichtig für mich. Ich wollte dieses Jahr Rennen fahren, hatte in der Formel 1 aber nicht mehr die Gelegenheit dazu.