Geisterrennen in der DTM? Ein Szenario in Zeiten der Corona-Krise, das hinter den Kulissen derzeit eifrig diskutiert wird. Im Mittelpunkt steht derzeit der geplante Saisonauftakt auf dem Norisring vom 10. bis 12. Juli 2020. Eine Veranstaltung, die seit mehr als sieben Jahrzenten wie kaum eine andere von ihren Zuschauern lebt.

Aufgrund des bis Ende August in Deutschland geltenden Verbots von Großveranstaltungen wäre eine Austragung unter Ausschluss der Öffentlichkeit die einzige Möglichkeit, das 78. Norisring Speedweekend wie geplant abzuhalten. Wolfgang Schlosser, Vorstand des veranstaltenden Motorsport Club Nürnberg, hielt dies zuletzt für eine "charmante Idee".

Dem gegenüber stehen die mit der Veranstaltung verbundenen Kosten. Schlosser sprach gegenüber der Webseite Nordbayern von ein paar Hunderttausend Euro, die der Aufbau der temporären Rennstrecke auf dem Zeppelinfeld kosten würde. Wie die fehlenden Ticketeinnahmen kompensiert werden könnten, ist offen.

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Zusätzliche Sponsoren, die ein Interesse an einer Ausstrahlung der Rennen im Fernsehen haben, müssten in die Bresche springen. An einem Geisterrennen zu kämpfen hätte unterdessen auch die DTM-Dachorganisation ITR, die aus wirtschaftlicher Sicht auf Ticketeinnahmen bei Veranstaltungen angewiesen ist. Hier funktioniert das Einnahmenmodell anders als etwa in der Formel 1 oder der MotoGP, wie der ITR-Vorsitzende Gerhard Berger unlängst ausführlich erklärte.

In der Königsklasse des Formelsports zeichnet sich die Austragung von Rennwochenenden unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Zwei Rennen an aufeinanderfolgenden Wochenenden Anfang Juli auf dem Red Bull Ring in Österreich stehen zur Diskussion. Dem entgegen steht die komplette Absage des Großen Preis von Frankreich an diesem Montag.

Die meisten Rennfahrer sprechen sich unterdessen für Rennen vor leeren Tribünen aus. Im Gegensatz zu Fußball oder Handball besteht im Motorsport zumindest theoretisch die Möglichkeit, einen direkten Kontakt der Involvierten zu vermeiden. Dem gegenüber stehen behördliche Auflagen und nicht zuletzt Reisebeschränkungen.

"Sicherlich hätten Geisterrennen nicht diesen Flair und diesen Reiz wie normales Racing mit Zuschauern", sagt der zweifache DTM-Champion Marco Wittmann. "Doch wenn wir dadurch in eine Motorsportsaison starten können, denke ich, dass wir das akzeptieren könnten, auch wenn es schwer wäre."

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Eine Absage des Norisring-Wochenendes wäre historisch: Nur in den Jahren 1958 und 1959 musste der Motorsport Club Nürnberg auf die Austragung verzichten. "Eine DTM ohne den Norisring wäre für mich fast unvorstellbar, weil dieser Stadtkurs einfach das Highlight im Rennkalender ist", sagt Lokalmatador Wittmann, der 2018 seinen bislang einzigen Sieg beim Stadtrennen errang.

Das BMW-Aushängeschild weiter: "Wenn uns ein solches Rennen ohne Zuschauer ermöglicht, in die Motorsportsaison zu starten, dann wäre es vielleicht schon die Überlegung wert, dies zu machen. Letzten Endes bin ich Racer durch und durch, mit voller Leidenschaft, und mir blutet gerade das Herz, dass wir momentan keine Rennen fahren können. Daher könnte ich auch mit einem Geisterrennen leben, auch wenn es natürlich sehr schwer wäre, ohne Fans fahren zu müssen. Gerade am Norising."