Robert Kubica Interview: DTM auf gleichem Level wie Formel 1 (33:08 Min.)

Am kommenden Wochenende hätte die DTM eigentlich in die Saison 2020 starten sollen. Beim Auftakt im belgischen Zolder wären alle Augen auf Robert Kubica gerichtet gewesen. Der Pole war nach seiner einjährigen Rückkehr in die Formel 1 in die Tourenwagenserie gewechselt. Doch es sollte anders kommen.

Kubica sitzt in der Corona-Krise wie alle anderen Rennfahrer auf der Welt zuhause. Statt auf Daten zu schauen, blickt der 35-Jährige auf seinen Bildschirm. Am anderen Ende der Leitung: Motorsport-Magazin.com. Wir bekamen die Gelegenheit, ein virtuelles 30-minütiges Video-Interview (siehe oben) mit dem neuen Star der DTM zu führen.

Trotz großer Karriere im Motorsport geht Kubica das DTM-Abenteuer mit Bedacht an. "Die DTM ist auf dem gleichen Schwierigkeitsgrad wie die Formel 1", glaubt er sogar. "Ich bin 35 Jahre alt und manchmal wache ich auf und denke: 'Woah, ich habe mir die schwierigste Rennserie ausgesucht, in der ich noch antreten kann'. Um aber größtmögliche Genugtuung zu erfahren, musst du die größten Herausforderungen annehmen."

Größte Herausforderung: Küche

Kubicas größte Herausforderung in der Corona-Zwangspause: die Küche. Ein Ort, den er in seiner Wohnung in Monaco zuvor eher selten betreten hat. Jetzt müssen die aus der Kart-Zeit in Italien erworbenen Kochkenntnisse herhalten. "Ist okay, ich bin da nicht so anspruchsvoll", sagt er mit einem Lachen. "Ich möchte mich sowieso nicht beschweren, es gibt Menschen mit großen Problemen."

Ähnlich wie die Zubereitung von Speisen geht Kubica auch die DTM an: mit Demut. Zusammen mit dem ORLEN Team ART startet er auf einem privat eingesetzten BMW M4 DTM - als einziger Fahrer ohne echten Teamkollegen und mit einem Auto, das 2019 im Gesamtpaket der Konkurrenz von Audi deutlich unterlegen war.

Die extreme Einschränkung von Testmöglichkeiten erschwert die Aufgabe zusätzlich für den Rookie Kubica. Aktuell steht nicht einmal fest, ob die Fahrer vor dem Saisonstart - nach aktuellem Stand vom 10. bis 12. Juli auf dem Norisring - eine Gelegenheit zum Testen erhalten. Der geplante ITR-Test in Hockenheim fiel der Coronavirus-Pandemie zum Opfer.

Robert Kubica startet in der DTM für das ORLEN Team ART, Foto: Orlen
Robert Kubica startet in der DTM für das ORLEN Team ART, Foto: Orlen

Kubica: Erste Rennwochenenden als Test

"Die ersten Rennen werden sehr schwierig", vermutet Kubica. "Ich werde wohl die ersten Rennwochenenden als Test nutzen. Um Informationen zu sammeln und Dinge zu verbessern, musst du sie ausprobieren. Das funktioniert am besten im Auto und das geht nur an den Rennwochenenden."

Die gesamte DTM-Saison betrachtet Kubica als Lernprozess - trotz und gerade wegen der Euphorie in Polen, die sein Wechsel in die Tourenwagenserie ausgelöst hat. Viele Fans wünschen sich die guten Zeiten zurück und würden das Jahr mit der Williams-Gurke am liebsten für immer aus ihrem Gedächtnis streichen.

Top-10-Resultate wären Genugtuung

Was ein Erfolg für Kubica in der DTM wäre? "Wenn wir schnell die richtige Richtung finden können, dann hoffe ich auf ein paar gute Rennen. Top-10-Ergebnisse wären dann schon eine Genugtuung. Vieles hängt natürlich auch vom Auto ab. Letztes Jahr war Audi sehr dominant. Meine Kollegen bei BMW haben eine Verbesserung im Auto gespürt, aber Motorsport ist nicht nur ein Rennen auf der Strecke, sondern auch in der Fabrik."

Für Kubica wird es auch ein Rennen gegen sich selbst. Nach dem F1-Jahr bei Williams, das er als persönlichen Erfolg wertet, das aber anders verlief als erhofft, stellt sich die Frage: Will er sich selbst oder der Motorsportwelt noch etwas beweisen? Nicht zu Unrecht gilt Kubica noch immer als einer der talentiertesten Fahrer der letzten 15 Jahre.

"Ich bin ein Wettbewerbs-Mensch", sagt er, dessen Karriere nach dem schweren Rallye-Unfall 2011 ein zwischenzeitliches Ende nahm. "Ich will jeden Tag etwas beweisen, auch mir selbst. Im Motorsport versucht man lieber etwas, als hinterher zu bereuen, es nie probiert zu haben. Mit der richtigen Herangehensweise und Respekt vor der DTM glaube ich, dass ich Spaß haben kann. Nicht mit Blick auf die Ergebnisse, sondern auf die Erreichung von Herausforderungen. Das kann manchmal wichtiger sein als die reinen Resultate."