Wie wirkt sich die Corona-Krise aktuell konkret auf die Reinhold Motorsport GmbH aus?
Stefan Reinhold: Im Zuge des verschobenen Saisonstarts haben wir auch unseren internen operativen Kalender angepasst. Im Moment ist unsere Firma vorübergehend bis nach Ostern geschlossen. Denn da wir später, wenn die Saison dann losgeht, nur noch wenig Möglichkeiten haben, Urlaubstage zu nehmen, haben unsere Mitarbeiter Urlaubstage vorgezogen und nehmen diese zum jetzigen Zeitpunkt.

Mussten Sie Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken? Falls ja, wie viele und wie groß ist das gesamte Team?
Stefan Reinhold: Wir haben rund 30 Mitarbeiter. Kurzarbeit haben wir nicht, da unsere Mitarbeiter sich bereit erklärt haben, einen Teil ihrer Urlaubstage für dieses Jahr vorzuziehen. Denn die Saison dauert nach der aktuellen Planung bis in den November, und danach geht es weiter mit den Wintertests. Deshalb nehmen unsere Leute einen Teil ihres für den Herbst und frühen Winter geplanten Urlaubs bereits jetzt.

Wie gelingt es Ihnen, Ihre Mitarbeiter weiterhin bei der Stange zu halten?
Stefan Reinhold: Diese Frage stellt sich gar nicht. Denn unsere Leute sind leidenschaftliche Motorsportler, sie freuen sich auf die Saison. Und wenn wieder Normalität einkehrt, ist bei uns jeder weiterhin hoch motiviert, Motorsport zu betreiben.

Mit Marco Wittmann gewann Reinhold 2014 und 2016 die Fahrer-Meisterschaft, Foto: BMW Motorsport
Mit Marco Wittmann gewann Reinhold 2014 und 2016 die Fahrer-Meisterschaft, Foto: BMW Motorsport

Wie sieht aktuell Ihr Alltag aus? Wie kann sich das Team trotzdem auf die Saison vorbereiten?
Stefan Reinhold: Wir hatten im Zuge der Saisonvorbereitung noch einiges an Arbeit zu erledigen. Als Rennteam hatten wir über den Winter ein strammes Testprogramm, und hier steht nun die Nacharbeit an. Dazu gehört zum einen, die Rennwagen weiter zu bauen. Dazu kommen die üblichen Aufgaben, die man als Rennteam im Winter macht, zum Beispiel am Equipment zu arbeiten und sich im Bereich Engineering auf die Saison vorzubereiten. Einen Teil davon haben wir bereits erledigt, und Ende April werden wir damit weitermachen. Wir haben also noch wie vor einiges zu tun.

Glauben Sie persönlich, dass im Jahr 2020 DTM-Rennen ausgetragen werden können? Falls ja, wann ist Ihrer Meinung nach mit den ersten Rennen zu rechnen?
Stefan Reinhold: Wenn man sich die Zahlen und Statistiken ansieht, dann ist nach wie vor schwer vorherzusehen, wie sich die Situation weiter entwickelt. Doch ich denke, dass man sicherlich bald Effekte der getroffenen Maßnahmen sehen wird. Mit einem Zeithorizont von zwei bis drei Monaten könnte ich mir vorstellen, dass wir dann irgendwann Rennen fahren können. Wie viele Zuschauer dann dabei sein dürfen, ist natürlich momentan schwierig zu beurteilen. Die Hoffnung ist natürlich da. Doch die Gesundheit aller Beteiligten hat oberste Priorität, und wir unterstützen alle Entscheidungen, die die ITR, die Hersteller und die Rennveranstalter treffen.

Alle Fahrer von Reinhold Motorsport in der DTM

FahrerJahreBeste Position
Marco Wittmann2014-20191. (2014, 2016)
Timo Glock2016-20195. (2018)
Augusto Farfus2017-201816. (2017, 2018)
Maxime Martin2014-20157. (2014, 2015)
Martin Tomczyk2012-20138. (2012)
Bruno Spengler20199. (2019
Andy Priaulx201320. (2013)
Joey Hand201220. (2012)

Haben Sie als BMW-Werksteam in der Corona-Krise einen Vorteil gegenüber rein privaten Teams? Falls ja, warum?
Stefan Reinhold: Das kann man jetzt noch nicht beurteilen. Die aktuelle Situation trifft uns alle. Wir müssen nun alle erstmal abwarten, wie sich die Lage in den kommenden Wochen oder Monaten entwickelt und welche Auswirkungen sie genau auf den Motorsport hat. Daher kann man hier aktuell keine Einschätzung treffen.

Die Reinhold Motorsport GmbH betätigt sich meines Wissens ausschließlich in der DTM. Ist das ein Vor- oder Nachteil gegenüber Teams, die mehrere Rennsportprogramme durchführen?
Stefan Reinhold: Von der Struktur unseres Teams her sind wir so aufgestellt, dass wir lediglich in der DTM als Werksteam engagiert sind. Wir machen keinen Kundensport oder andere Aktivitäten. Unser personeller Rahmen ist daher genau auf den Einsatz als DTM-Werksteam angepasst. Ob dies jetzt in der aktuellen Situation ein Vor- oder ein Nachteil ist, kann man jetzt noch nicht beurteilen.

Packt selbst kräftig mit an: RMG-Chef Stefan Reinhold, Foto: BMW Motorsport
Packt selbst kräftig mit an: RMG-Chef Stefan Reinhold, Foto: BMW Motorsport

Ziehen Sie aufgrund der aktuellen Situation Alternativen zum DTM-Einsatz im Motorsport in Betracht?
Stefan Reinhold: Nein. Denn wir haben von BMW einen klaren Auftrag, und der wird nach wie vor erfüllt.

Können Sie aus der Krise auch etwas Positives ziehen?
Stefan Reinhold: Ich denke, das ist vor allem im persönlichen Bereich der Fall. Viele Menschen denken jetzt über die Dinge nach, die im Leben wirklich wichtig sind, und wissen auch Kleinigkeiten wieder mehr zu schätzen. Das ist das Positive, das man daraus ziehen kann, auch wenn das natürlich jeder für sich selbst beurteilen muss. Aber als Rennteam in der Saisonvorbereitung fiebert man einfach dem Moment entgegen, an dem es wieder losgeht.

Es heißt, dass die Corona-Krise den Motorsport nachhaltig verändern könnte. Wie sehen Sie das?
Stefan Reinhold: Das denke ich nicht. Es gab ja bereits vorher andere Themen dazu, wie der Motorsport in der Zukunft aussehen kann, und die Coronakrise ist jetzt nur eine temporäre Sache - hoffe ich. Denn der Bedarf und das Interesse am Motorsport werden nach der Krise, meiner Ansicht nach, unverändert bleiben.