Robert Kubicas Debüt in der DTM wird mit großer Spannung erwartet - das gab es in dieser Form zuletzt bei Timo Glock, der zur Saison 2013 nach seinem Formel-1-Ausstieg bei BMW anheuerte. Es zeigt sich: Auch in der heutigen Zeit genießen Rennfahrer mit F1-Vergangenheit einen besonderen Stellenwert in der Motorsportszene.

Viele Experten und auch Konkurrenten fragen sich, was Kubica mit seinen 35 Jahren und vor allem der 2011 erlittenen Handverletzung noch zu leisten im Stande ist. Die DTM bedeutet eine neue Welt für den polnischen Nationalhelden, Testmöglichkeiten sind auch ohne Corona-Krise rar gesät.

"Ganz einfach wird es nicht", glaubte der amtierende DTM-Champion Rene Rast, als er in einem Instagram-Livevideo von ran auf Kubica angesprochen wurde. "Das DTM-Auto ist sehr speziell. Und die Reifen über eine Renndistanz zu verstehen, ist nicht einfach. Wenn wir keinen Test haben sollten, wird es noch schwieriger."

Kubica selbst, der 2019 bei seiner Formel-1-Rückkehr mit Hinterbänkler-Team Williams ein Horrorjahr erlebte, schraubte die Erwartungshaltung immer wieder runter. Doch dem 97-fachen Grand-Prix-Starter hängt die Vergangenheit an, schließlich zählte er vor seinem Rallye-Unfall zu den talentiertesten Fahrern der Welt.

DTM 2020: Das steckt hinter dem BMW-Wechsel von Robert Kubica: (08:13 Min.)

DTM-Aushängeschild Rast: "Ich traue ihm schon zu, dass er vorne mitfährt. In der Formel 1 hatte er bei Williams kein gutes Auto und ist immer hinten rumgefahren. Das wirkte schon fast lächerlich. Ich bin mir aber sicher, dass er immer noch ein sehr guter Rennfahrer ist. In der Vergangenheit war er ein Mega-Talent und ohne Unfall hätte ich ihm den F1-Titel zugetraut."

Dass Kubica in der DTM sicherlich nicht chancenlos hinterhergurkt, ließ er bei seinem zweitägigen Test Ende vergangenen Jahres auf Anhieb durchblicken. Zwar müssen Rundenzeiten mit besonderer Vorsicht genossen werden, doch bis auf wenige Zehntel war Kubica an BMW-Markenkollege und Referenzfahrer Marco Wittmann dran.

Klingt nach wenig, ist in der DTM mit den relativ baugleichen Boliden aber eine ganze Menge. Auch Glock meinte nach seinem Einstieg, dass es kein Problem gewesen sei, mit wenigen Zehntelsekunden Rückstand an die Top-Zeiten heranzureichen - für die entscheidenden Hundertstel brauchte es jedoch eine ganze Weile länger.

Wie Rast anmerkte, könnte vor allem der Umgang mit den Hankook-Einheitsreifen in Kombination mit den Turbo-Autos zur Herausforderung werden. Der von der DTM gewollte, plötzliche Abbau der Reifen hat schon so manchen erfahrenen Tourenwagen-Piloten in der Vergangenheit auf dem falschen Fuß erwischt.

Und dass der Umstieg vom Formelauto in einen Tourenwagen so einige Tücken mit sich bringt, haben prominente F1-Fahrer wie Ralf Schumacher, Heinz-Harald Frentzen oder David Coulthard eindrucksvoll bewiesen.

"Ich glaube, dass es nie einfach ist, von einem Formel-1-Auto in einen Tourenwagen zurückzukehren. Ich habe das selbst durchgemacht", sagte kürzlich Pascal Wehrlein zu Motorsport-Magazin.com. "Der Schritt vom Tourenwagen ins F1-Auto ist hingegen sehr einfach, weil es schneller ist und mehr Grip hat. Um sich dann wieder zurück umzustellen, braucht es etwas Zeit."

Wehrlein, der in 58 DTM-Rennen für Mercedes drei Siege, sieben Podestplätze und eine Pole Position sowie 2015 die Meisterschaft errang, über Kubicas Chancen: "Ich glaube schon, dass er Highlights setzen kann. Das schafft man auch als Neueinstiger, aber um die Meisterschaft zu kämpfen ist sehr, sehr schwierig."

Rast stimmte dieser Fernprognose zu: "Das Fahren hat er nicht verlernt. Er wird sich umstellen müssen, aber das wird mit Sicherheit nicht lange dauern." Der Audi-Werksfahrer freute sich zudem über den berühmten DTM-Neuzugang und hätte auch gegen einen Nico Hülkenberg nichts einzuwenden.

Über dessen sportliche Zukunft wurde nach dem Aus in der Formel 1 zum Ende der vergangenen Saison heiß spekuliert, neben so ziemlich jeder Rennserie wurde auch die DTM genannt. Rast: "Nico würde das Fahrerfeld ordentlich aufmischen. Der Typ ist echt cool und passt in die DTM-Welt. Schnell ist er auch, das könnte ich mir gut vorstellen. Je größer die Namen, desto schöner ist es, wenn man gegen sie fahren darf."