Die DTM steht vor einer ungewissen Zukunft. Beileibe nicht zum ersten Mal in ihrer über 30-jährigen Geschichte. Der Ausstieg von R-Motorsport nach nur einer Saison war sicherlich ein Rückschlag, auf den DTM-Boss Gerhard Berger nur zu gern verzichtet hätte. Mit diesem Problem musste sich der Österreicher schließlich schon einmal herumschlagen, als Mercedes kurz nach seinem Amtsantritt ankündigte, Ende 2018 den Stecker zu ziehen.

Nach dem Wegfall des Schweizer Rennstalls R-Motorsport stehen aktuell Audi und BMW alleine dar. Zwei Hersteller im Kampf um die Meisterschaft, wie schon in den sechs Jahren von 2006 bis 2011, als Audi und Mercedes die Titel unter sich ausmachten.

Damals wie heute herrschten Bedenken über den langfristigen Fortbestand der geschichtsträchtigen Tourenwagenserie. Und damals wie heute rückten die Verantwortlichen trotz zahlreicher Grabenkämpfe eng zusammen in dem Wissen: Die DTM ist im Gesamtbild viel zu wichtig, um einen zweiten Tod wie 1996 zu sterben.

Gass: Großer Verfechter der DTM

"Ich bin ein großer Verfechter der DTM", sagte Audi-Motorsportchef Dieter Gass am vergangenen Wochenende am Rande des Formel-E-Rennens in Mexiko zu Motorsport-Magazin.com. "Die DTM bietet eine Plattform, und das ist eine der größten im Motorsport."

Auch beim Rennen der Elektro-Rennserie in der mexikanischen Millionen-Metropole war die DTM ein Thema. Gass und BMW-Pendant Jens Marquardt suchten den Kontakt und tauschten sich im Fahrerlager aus.

BMW hat nach der Absage 2019 bereits einen Schritt gemacht und mit dem durch ART eingesetzten BMW von Robert Kubica ein weiteres Auto an den Start gebracht. Gass zu Motorsport-Magazin.com: "Robert Kubica tut der DTM sehr gut. Er hat eine eigene sehr große Fan-Base."

BMW Motorsport-Direktor Jens Marquardt mit Audi-Motorsportchef Dieter Gass, Foto: LAT Images
BMW Motorsport-Direktor Jens Marquardt mit Audi-Motorsportchef Dieter Gass, Foto: LAT Images

BMW: 2021 mehr als ein Kunden-BMW möglich

2020 werden viele Augen auf ART und Kubica gerichtet sein, nachdem in der vergangenen Saison das Audi-Kundenteam mehrfach Highlights setzen konnte. "Wenn diese Teams sehen, dass sie eine Chance haben, mit den Großen mitzufahren, ist die Plattform attraktiv", so Marquardt. "In diesem Jahr ist es noch einmal mehr die Aufgabe von uns allen, zu zeigen, dass das absolut der Fall ist. Dann bin ich guten Mutes, dass wir mindestens nächstes Jahr mehr als einen Kunden- oder Privat-BMW im Feld haben werden."

Audi erwägt neunten RS 5 für 2020

Möglich sogar, dass Audi in den nächsten Wochen noch einmal nachlegt und neben den sechs Werksautos sowie den beiden Audi RS 5 in Diensten von WRT ein weiteres Fahrzeug einsetzt. "Ich kann das momentan nicht vollkommen ausschließen", sagte Gass am letzten Freitag in Mexiko-City. "Das ist eine grundsätzliche Möglichkeit, die wir in Betracht ziehen."

Sollte dieser Fall eintreten, würden beim Saisonauftakt im belgischen Zolder Ende April mindestens 16 DTM-Autos an den Start gehen. Zwar zwei Boliden weniger als 2019, dafür aber mit einer insgesamt höheren Wettbewerbsfähigkeit.

R-Motorsport: Sportlich irrelevant

Gass: "In der vergangenen Saison herrschte durch Aston Martin sicherlich eine große Euphorie. Wenn ich das Thema aber rein sportlich betrachte, haben sie nicht wirklich eine Rolle gespielt. Wenn wir eine Startaufstellung mit bis zu 16 Autos haben - auch, wenn es 'nur' Audi und BMW sein sollten - dann haben wir mit Blick auf das Starterfeld ein sehr hohes Niveau."

Auch angesichts der näheren Zukunft rücken Audi und BMW gemeinsam mit der DTM-Dachorganisation ITR zusammen. Ab 2022 sollen Motoren mit einem einheitlichen Hybridsystem an den Start gehen, dazu ein umweltfreundliches Benzin, das die auch in der Automobilbranche so wichtige Nachhaltigkeit in den Fokus rückt. Und nicht zuletzt winkt unter dem neuen Class-1-Reglement der schon lange anvisierte Schritt in die attraktive Internationalität.

Schon zum Dream Race in Fuji reisten Audi und BMW allein nach Japan, Foto: Audi Communications Motorsport
Schon zum Dream Race in Fuji reisten Audi und BMW allein nach Japan, Foto: Audi Communications Motorsport

Marquardt: Kampf lohnt sich

"Diese Plattform funktioniert, wenn man sich anschaut, wie viele Zuschauer zu den Rennen kommen", sagte Marquardt. "In den vergangenen Jahren mussten wir immer wieder aufs Neue kämpfen, aber das lohnt sich. Wir befinden uns im Austausch mit Gerhard Berger und Audi, weil wir alle wissen, dass es diese Plattform wert ist. Dafür werden wir weiter hart arbeiten und es ist wichtig, dass wir uns alle gemeinsam unterhaken und dafür pushen."

Elektromobilität hin oder her: In absehbarer Zukunft werden Autos mit Verbrennungsmotoren weiterhin den Straßenverkehr prägen. Darunter die effizienten Vierzylinder-Turbos ähnlich wie in der DTM, oder auch die teuren Modelle aus den RS- beziehungsweise M-Paletten, mit denen die Hersteller gutes Geld verdienen und die DTM als Werbeplattform nutzen.

Gass: "Wir haben allein bei Sat.1 eineinhalb bis zwei Millionen Fernsehzuschauer an einem Rennwochenende. Das sind ordentliche Zahlen, die man nicht ignorieren kann. Deshalb halte ich die DTM und auch die Plattform für sehr wichtig. Wir schauen uns genau an, wie man sie vielleicht noch besser nutzen kann."