Die neue DTM Trophy hat sich längst zum heiß diskutierten Politikum in der Motorsportszene entwickelt. Die von der DTM-Dachorganisation ITR gegründete Rennserie, die 2020 im Rahmen der DTM ihr Debüt geben soll, sorgt hinter den Kulissen für mächtig Wirbel.

Das Problem: Die DTM Trophy stellt eine direkte Konkurrenzserie zur 2019 eingeführten ADAC GT4 Germany dar, die während der ADAC-Rennwochenenden gastiert. In der deutschen GT-Szene wurde befürchtet, dass beide Serien Schwierigkeiten bekommen könnten, ihre Starterfelder aufzufüllen.

Dieses Problem hat der ADAC offenbar nicht. Innerhalb von zwölf Tagen seit dem Beginn der Einschreibefrist Anfang Dezember 2019 hatten laut ADAC bereits 19 Teams mitsamt 34 Autos für die ADAC GT4 Germany 2020 genannt. Laut Reglement sind maximal 34 Rennwagen für einen permanenten Startplatz zugelassen.

Die ITR hält sich mit Zahlen zum Starterfeld unterdessen bedeckt. "Die Rückmeldungen der Teams sind sehr positiv", sagt ein DTM-Sprecher zu Motorsport-Magazin.com. "Die DTM Trophy stößt europaweit auf großes Interesse. Über die Anzahl der teilnehmenden Teams werden wir nach Ablauf der Einschreibefrist am 11. März informieren."

An diesem Mittwoch verschickte die DTM eine Pressemitteilung mit der Bekanntgabe des ersten Teams für die DTM Trophy. Das in München ansässige Team GT wurde mit zwei McLaren 570S offiziell als erster Teilnehmer präsentiert.

In der vergangenen Saison trat die Mannschaft von Teamchef Bernhard Laber unter anderem mit dem prominenten YouTuber Felix von der Laden in der ADAC GT4 Germany an - und erhob nach dem Rennwochenende in Hockenheim schwere Vorwürfe in Richtung des ADAC.

GT4: Eine Frage der Rechte

Nicht zuletzt sorgt die Rechte-Situation für Wirbel in der GT4-Welt. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com ließ die SRO unter Leitung von Gründer Stephane Ratel prüfen, ob die Durchführung der DTM Trophy rechtens ist.

In der DTM-Rahmenserie sollen Rennwagen der Kategorie 'GT4' eingesetzt werden. Der Name 'GT4' darf allerdings nicht frei verwendet werden, da sich bereits der ADAC vom GT4-Rechteinhaber SRO Motorsports Group die Exklusivrechte an der Klasse für Deutschland gesichert hat, mit Ausnahme von Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife.

Berger: Nicht in Konflikt mit Ratel geraten

DTM-Chef Gerhard Berger verteidigte zuletzt die Gründung der neuen Rennserie im 'eigenen' Rahmenprogramm. "Erstens: Stephane (Ratel) hat seine eigene Balance of Performance gemacht und ihm gehört das Recht daran. Die nutzen wir nicht", sagte er beim Dream Race in Fuji. "Zweitens: Stephane gehört der Name GT4 und den nutzen wir auch nicht. Wir machen eine Trophy."

Die von zahlreichen Herstellern aufgebauten GT4-Autos - oder laut FIA-Sprech: seriennahe GT-Rennfahrzeuge der FIA-Gruppen E2-SH und E2-SC - könnten laut Berger von jedem Team gekauft und für den Rennsport genutzt werden.

Der frühere Formel-1-Fahrer weiter: "Das ist erlaubt, du kannst es aber nicht als GT4-Meisterschaft austragen. Das wollen wir auch nicht. Wir werden sehr vorsichtig sein, nicht in Konflikt mit Stephane Ratel zu geraten. Ich kenne ihn, er ist ein Freund. Es gibt keinen Grund für Konflikte im Motorsport. Aber auf der anderen Seite brauchen wir dieses Programm."

DTM-Jahresfilm 2019: Die Video-Highlights der Turbo-Saison (10:12 Min.)

Ähnliches Produkt - gleiche Kundschaft

Die ITR selbst ermittelt vor Saisonbeginn die Spezifikationen aller teilnehmenden Fahrzeugtypen, auf deren Basis die Einstufung der unterschiedlichen Modelle vorgenommen wird. In der ADAC GT4 Germany ist die Balance of Performance Angelegenheit der SRO, die Daten aus GT4-Rennserien weltweit zusammenträgt und auswertet.

Einstufungen für die Fahrer wird es in der DTM Trophy nicht geben. Voraussetzung ist mindestens eine internationale D-Lizenz. Heißt: Es könnten neben Nachwuchspiloten und Amateur-Fahrern theoretisch auch erfahrene Profis an den Start gehen. In der ADAC GT4 Germany sind nur Piloten startberechtigt, die von der FIA mit der Einstufung Silber oder Bronze ausgestattet wurden.

Zwar unterscheiden sich die Konzepte der DTM Trophy und der ADAC GT4 Germany in einigen Punkten - 30-minütige Rennen ohne Fahrerwechsel im Gegensatz zu einstündigen Läufen mit Fahrertausch - doch beide Rennserien richten sich potenziell an die gleiche Kundschaft, die sich vorrangig auf einer deutschen Motorsport-Plattform engagieren möchte.

Die GT4-Klasse erlebt seit einiger Zeit einen Boom im Motorsport, Foto: ADAC GT4 Germany
Die GT4-Klasse erlebt seit einiger Zeit einen Boom im Motorsport, Foto: ADAC GT4 Germany

Ratel: Unfreundlicher Akt gegenüber dem ADAC

Zwischen der ITR und dem ADAC sind die Fronten seit einiger Zeit verhärtet. "Das kann man nur als unfreundlichen Akt gegenüber dem ADAC werten", wurde SRO-Boss Ratel Anfang November in der Motorsport Aktuell zitiert. "Warum sollten GT-Teams im Rahmenprogramm fahren, wenn sie anderswo Hauptdarsteller sind?"

Zum Jahresende hat die ITR weitere Details zur DTM Trophy bekanntgeben. An die drei bestplatzierten Fahrer der Gesamtwertung wird insgesamt 150.000 Euro an Preisgeld ausgeschüttet. Der Gesamtsieger erhält 75.000 Euro, der Zweitplatzierte 50.000 Euro und für Platz drei gibt es 25.000 Euro. Der Gewinner der Junior-Wertung (Fahrer und Fahrerinnen unter 22 Jahren) erhält nach Saisonende eine Testfahrt in einem DTM-Rennwagen.

Als exklusiver Reifenlieferant der DTM Trophy steht Hankook fest. Der Reifenhersteller und die ITR haben sich auf einen Vertrag mit einer Laufzeit von vier Jahren verständigt. Reifen und Kraftstoff werden allen Teams der DTM Trophy kostenlos zur Verfügung gestellt.

DTM Trophy: Kalender kleiner als geplant

Eine Änderung gab es bereits beim Rennkalender. In Assen wird die DTM Trophy entgegen früherer Planungen nicht im Rahmen der DTM antreten. Damit schrumpft der Kalender von sieben auf sechs Veranstaltungen.

"Die GT4 European Series der SRO richtet zeitgleich eine Veranstaltung aus, dieser Überschneidung möchten wir im Sinne der Teams partnerschaftlich aus dem Weg gehen", erklärt Frederic Elsner, ITR Director Business Unit Event, die Änderung.

DTM Trophy: Rennkalender 2020

RennenRennstreckeLandDatum
1ZolderBelgien24.-26. April 2020
2LausitzringDeutschland15.-17. Mai 2020
3AnderstorpSchweden12.-14. Juni 2020
4NorisringDeutschland10.-12. Juli 2020
5NürburgringDeutschland11.-13. September 2020
6HockenheimringDeutschland02.-04. Oktober 2020