DTM trifft Super GT! Beim Saisonfinale auf dem Hockenheimring (04.-06. Oktober 2019) kommt es zum ersten Schlagabtausch der beiden Tourenwagenserien, die sich dem Class-1-Reglement verschrieben haben. Als Alternative zu einem ursprünglich geplanten, eigenständigen Joint Event in Europa starten die Japaner aus der Super GT im Rahmen des letzten Meisterschaftswochenendes in Hockenheim.

Durch je einen Honda, Nissan und Lexus wächst das Starterfeld zusammen mit den Vertretern der DTM auf 21 Fahrzeuge in den Rennen am Samstag und Sonntag an. Motorsport-Magazin.com hat alle wichtigen Infos zum Clash der Nationen.

Die Super-GT-Autos

In Hockenheim bringen die japanischen Vertreter einen Honda NSX-GT, Nissan GT-R sowie Lexus LC500 an den Start. Diese Autos treten in der Super GT in der Topklasse GT500 (einst nach der PS-Zahl benannt) an und ähneln den hiesigen DTM-Boliden in vielen Bereichen.

In Japan kommt der Zwei-Liter-Turbo-Motor, der dieses Jahr in der DTM debütiert, bereits seit 2014 zum Renneinsatz. Die Autos leisten mehr als 600 PS, die Motoren gelten als etwas leistungsstärker im Vergleich zur DTM.

In den vergangenen Jahren wurde die Aerodynamik in der GT500-Kategorie kontinuierlich beschnitten, aktuell fahren die Japaner das Paket, das die DTM bis 2018 verwendete. In diesem Jahr wurde die Downforce in der deutschen Serie noch einmal leicht gesenkt.

Honda setzt aktuell auf ein Mittelmotor-Konzept, 2020 erfolgt die Rückkehr zum Frontmotor, um mit der Class 1 übereinzustimmen. Toyota bringt zur kommenden Saison die legendäre Supra als GT500-Spezifikation zurück auf die Strecke, Nissan bleibt beim bewährten GT-R.

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Die Fahrer

Der Superstar, den sich die DTM als Gaststarter mit Welt-Format gewünscht hatte, überstrahlt natürlich alles: Jenson Button ist in Hockenheim am Start. Der Formel-1-Weltmeister von 2009 startet in einem Honda NSX-GT für das Team Kunimitsu. Es ist geplant, dass der 39-Jährige beide Rennen im Motodrom bestreitet, während sich die Fahrer bei Nissan und Lexus abwechseln.

Button gewann 2018 zusammen mit Teamkollege Naoki Yamamoto die Meisterschaft in der Super GT, aktuell belegt das Duo den achten Platz. "Wir haben keine Ahnung, wie es laufen wird", sagt der Brite. "Sind die Super-GT-Autos schneller? Werden wir mit den Hankook-Reifen zurechtkommen? Es ist spannend, ich kann es kaum erwarten!"

Die weiteren Gastfahrer versprühen nicht den Formel-1-Flair, blicken allerdings auch auf zahlreiche Erfolge zurück. Ronnie Quintarelli wechselt sich im Nissan Nismo GT-R mit Tsugio Matsuda in den beiden Rennen ab. Der 40-jährige Italiener pilotierte den Nissan bereits 2017 bei den Demorunden in Hockenheim. Quintarelli ist ein absoluter Routinier in der Super GT und gewann 2011 und 2012 sowie 2014 und 2015 zusammen mit Matsuda die Meisterschaft.

Für das Lexus Team KeePer TOM's treten Nick Cassidy und Ryo Hirakawa in jeweils einem Rennen an. Das Fahrergespann liegt in der Super GT aktuell auf dem zweiten Platz und hat ein Rennwochenende vor Schluss noch Chancen auf den Titelgewinn. Für den Neuseeländer Cassidy wäre es nach 2017 (zusammen mit Hirakawa) die zweite Meisterschaft. Der wegen seiner Formel-3-Vergangenheit auch in Deutschland bekannte Cassidy tritt in Japan sowohl in der Super GT als auch in der Super Formula an. Cassidy ist in beiden Meisterschaften Gesamtzweiter, nachdem er sich im Vorjahr die Vize-Titel in beiden Serien gesichert hatte - ein angehender Superstar in Japan also.

Das Reglement

Die Japaner betreten in Hockenheim nicht nur auf dem Asphalt Neuland. Die drei Vertreter der Super GT müssen auch mit dem DTM-Reglement zurechtkommen - und das hat es in einigen Aspekten in sich. Vor allem die Reifen stellen eine große Herausforderung dar. Honda, Nissan und Lexus starten auf den aus der DTM bekannten Einheitsreifen von Hankook. In Japan herrscht hingegen freie Reifenwahl mit speziellen Entwicklungsmischungen.

Fahrerwechsel oder Nachtanken, so wie in der Super GT bei den mehrstündigen Rennen, gibt es bei den beiden Sprintrennen in Hockenheim nicht. Auch müssen die Japaner auf den Einsatz von DRS und Push-to-Pass verzichten, während die DTM-Autos bei ihrem regulären Saisonfinale diese Überholhilfen einsetzen dürfen. Beim nächsten Joint Event in Fuji Ende November wird dann auch den DTM-Autos der Einsatz von Klappflügel und Push-to-Pass untersagt.

Die Chancen

Wer ist schneller: Super GT oder DTM? Das ist die große Frage vor dem ersten Aufeinandertreffen unter Wettbewerbsbedingungen. Es wird angenommen, dass die japanischen Vertreter sowohl beim Motor als auch bei der Aero einen leichten Vorteil haben. Bei den Demorunden 2017 in Hockenheim waren sie etwa zwei Sekunden schneller als die alten V8-Boliden - die ihrerseits rund 1,5 Sekunden langsamer sind als die jetzige Turbo-Generation.

Ein zweimal einstündiger Test an diesem Donnerstag soll ermitteln, zu welchen Rundenzeiten die Japaner fähig sind. Eine Balance of Perfomance mittels Zusatzgewicht bei den Super-GT-Autos könnte zum Zuge kommen. Aber wie effektiv ist das? Wo BoP ist, da ist Sandbagging meist nicht weit entfernt...

Das Prozedere kann für die Qualifyings sinnvoll sein, in den Rennen dann aber möglicherweise ohne größeren Wert. Das mangelnde Wissen über das spezielle Verhalten der Hankook-Reifen und die fehlende Möglichkeit, DRS und/oder Push-to-Pass zu verwenden, könnte die Rennen für die Japaner zur Herkulesaufgabe gestalten. "Ohne DRS haben sie auf der Geraden keine Chance zu überholen oder sich zu verteidigen", unkt ein DTM-Fahrer, der nicht genannt werden möchte, bei Motorsport-Magazin.com.

Beim Gaststart der Japaner handelt es sich natürlich mehr um einen Show-Auftritt, in den Rennen können sie keine Meisterschaftspunkte holen. Mit Blick auf die Außenwirkung und auch den japan-internen Vergleich wollen sich Honda, Nissan und Lexus aber sicherlich keine Blöße geben.

DTM-Champion 2019 Rene Rast im Exklusiv-Interview: (09:51 Min.)

So geht es weiter

Nach dem ersten Aufeinandertreffen in Hockenheim folgt rund eineinhalb Monate später das nächste Highlight. Vom 22. bis 24. November 2019 tragen DTM und Super GT in Fuji das sogenannte Dream Race aus. Die deutsche Tourenwagenserie schickt sieben Autos auf die japanische Rennstrecke: vier Audis und drei BMW. DTM-Neueinsteiger Aston Martin verzichtet aus unterschiedlichen Gründen komplett auf die Reise. In Fuji wird die DTM-Delegation auf das GT500-Starterfeld von bis zu 15 Autos treffen.

Das Dream Race wird nach dem DTM-Reglement ausgetragen, also mit Pflicht-Boxenstopp, jedoch ohne Fahrerwechsel oder Nachtanken wie sonst in Japan üblich. Zum Einsatz kommen wie in Hockenheim die Einheitsreifen von Hankook. Der Gebrauch von DRS und/oder Push-to-Pass ist den DTM-Fahrern in den zwei 55 Minuten plus einer Runde langen Rennen untersagt.

BMW setzt mit dem beinamputierten Fanliebling Alex Zanardi und dem früheren Formel-1-Fahrer Kamui Kobayashi auf zwei berühmte Namen als Gaststarter im Dreier-Aufgebot. Audi schickt den zweifachen DTM-Champion Rene Rast, den früheren Meister Mike Rockenfeller, den in Japan bestens bekannten Loic Duval sowie Le-Mans-Sieger Benoit Treluyer (im Kundenteam WRT) ins Rennen.