In der Theorie könnte beim kommenden DTM-Wochenende auf dem Nürburgring (13.-15. September) die vorzeitige Entscheidung in der Fahrer-Meisterschaft fallen. Auf dem Papier hat Rene Rast die Möglichkeit, nach den beiden Rennen in der Eifel seinen zweiten Titel nach 2017 einzusacken. Aus praktischer Sicht ist die Wahrscheinlichkeit allerdings extrem gering.

Die Rechnung ist einfach: Wenn Rast nach dem Sonntagsrennen 57 Punkte mehr auf dem Konto hat als Titelrivale und Audi-Markenkollege Nico Müller, wäre er beim Saisonfinale auf dem Hockenheimring rechnerisch nicht mehr einholbar. Dazu müsste Rast auf dem Nürburgring 37 Zähler mehr erzielen als der Schweizer, der mit 20 Punkten Rückstand an den Ring reist.

Dass Rast Wunder vollbringen kann, hat er 2018 bewiesen, als er auf dem Nürburgring als erster Fahrer in der DTM-Geschichte Doppel-Pole und Doppel-Sieg erzielte und damit seine einzigartige Serie von sechs Siegen in Folge einleitete. In der laufenden, von Audi klar dominierten, Saison sehen die Verhältnisse allerdings ganz anders aus.

Mit Müller hat Rast einen echten Gegner aus dem eigenen Lager - und obendrein den konstantesten im gesamten Fahrerfeld. Seit saisonübergreifend 18 Rennen fuhr der 27-Jährige in die Punkteränge, während Rast bereits drei Ausfälle zu verzeichnen hatte.

DTM: Längste Punkteserien der Geschichte

Punkte in FolgeFahrerHerstellerVon... bis...
24Mattias Ekström AudiDonington 2003 bis Lausitz 2/2005
21Gary Paffett MercedesLausitz 2009 bis Hockenheim 1/2011
18Nico Müller AudiAktuell: Spielberg 1/2018 bis Lausitz 2/2019
17Jamie Green AudiHockenheim 2/2017 bis Hockenheim 4/2017
17Bernd Schneider MercedesSachsenring 2002 bis Hockenheim 2/2003
17Bernd Schneider MercedesIstanbul 2005 bis Norisring 2007
17Bruno Spengler MercedesLausitz 2009 bis Oschersleben 2010
16Martin Tomczyk AudiZandvoort 2010 bis Hockenheim 2/2011
15Paul Di Resta MercedesOschersleben 2008 bis Oschersleben 2009
13Marco Wittmann BMWLausitz 2/2017 bis Spielberg 2/2017
13Timo Scheider AudiOschersleben 2009 bis Brands Hatch 2010
13Tom Kristensen AudiLausitz 1/2005 bis Oschersleben 2006
13Laurent Aiello AudiSachsenring 2002 bis Nürnberg 2003

Obwohl Rast mit seinen fünf Siegen und einer überragenden Qualifying-Performance für die Big Points zuständig war, wanderten er und Müller größtenteils im Gleichschritt in Richtung Tabellenspitze. Den mit 37 Punkten größten Vorsprung auf Müller hatte Rast nach dem Rennwochenende in Brands Hatch. Beim folgenden Event auf dem Lausitzring schlug Müller zurück und verkürzte auf 20 Zähler Differenz.

In der Lausitz holte Müller 17 Punkte mehr als Titelrivale Rast - es war der größte Unterschied zwischen den beiden Piloten in der gesamten Saison. In Hockenheim und Misano erzielte Rast drei beziehungsweise vier Punkte mehr als Müller, in Assen war seinerseits Müller mit drei Zählern überlegen.

Selbst wenn Rast wie im Vorjahr mit 56 Zählern die perfekte Punkteausbeute am Nürburgring erzielen würde, müsste bei Müller einiges schiefgehen, um die Meisterschaft vorzeitig abschreiben zu können. Selbst in jenem Szenario würden Müller 21 Punkte ausreichen, um die Entscheidung auf das Finale in Hockenheim hinauszuzögern. Natürlich muss die Möglichkeit eines Ausfalls, gerade mit den noch nicht ausgereiften Turbo-Rennwagen, in Betracht gezogen werden.

DTM-Saison 2019: Rast und Müller im Punktvergleich

RennwochenendeRene RastNico MüllerDifferenz
Hockenheim I25223
Zolder291910
Misano39354
Norisring35278
Assen30333
Brands Hatch483315
Lausitzring284517

"Letztes Jahr war ein Ausnahme-Wochenende, das hatte es so in der DTM noch nie gegeben", sagt Rast vor dem Eifel-Wochenende. "Da hat von vorne bis hinten alles gepasst. Ich kann nicht davon ausgehen, dass es wieder so laufen wird. Natürlich hoffe ich, dass wir ähnlich viele Punkte holen. Es ist unwahrscheinlich, aber wir arbeiten dran."

Weitere Doppelsiege durch Rast und Müller wie zuletzt am Lausitzring sind angesichts der schwachen BMW-Performance möglich. Die restlichen Audi-Fahrer haben bereits angekündigt, die Favoriten aus dem eigenen Lager zu unterstützen. Wie Jamie Green, der in der Lausitz von der Pole Position seinem Hintermann Rast Platz machte und ihm die Führung überließ. Gegenwehr aus den eigenen Reihen haben Rast und Müller weiterhin nicht zu befürchten.

Will Müller seine Titelchancen wahren, muss er allerdings Rast besiegen - im Qualifying wie im Rennen. "Wir müssen versuchen vor ihm zu starten", sagt Müller, der einem offenen Kampf mit Rast entgegenblickt: "Wir wollen keine dummen Aktionen zwischen Audis, egal wann in der Saison. Da hat sich nichts geändert. Im Rennen soll der Schnellere gewinnen. Der Nürburgring ist wieder so eine Strecke, wo man ohne ein größeres Risiko überholen kann, wenn man schnell ist."