Zumindest ein anderes Auto wollte Alex Zanardi bei seinem ersten DTM-Rennen hinter sich lassen. Dieses Ziel hatte der 51-Jährige vor seinem Renndebüt in Misano ausgegeben. Am Ende des chaotischen ersten Nachtrennens in der Geschichte der DTM waren es sogar sechs Autos. Zanardi überquerte die Ziellinie am Samstag kurz vor Mitternacht auf Platz 13.

Sicherlich profitierte der Gaststarter in Diensten von BMW von insgesamt sechs Ausfällen anderer Fahrer - den meisten bei einem Rennen in der Saison 2018. Doch im Gegensatz zu Daniel Juncadella, Rene Rast, Bruno Spengler, Jamie Green, Lucas Auer und Gary Paffett gelang es Zanardi, die komplette Renndistanz zu absolvieren.

"Wenn man sieht, wo ich gestartet bin, habe ich viele Gründe zum Lächeln", sagte Zanardi, der das Rennen vom 18. Startplatz aufgenommen hatte und zunächst nur den aus der Box gestarteten Jamie Green im Rückspiegel sah. Die meiste Zeit des Rennens verbrachte Zanardi auf der letzten Position, doch bei den regnerischen Bedingungen glich es einem Kunststück, den speziell umgebauten BMW heil über die Runden zu bringen.

Großes Lob für Zanardi

Zanardi heimste für seine überlegte Fahrweise im Anschluss viel Lob ein. Beim Start sowie den beiden Re-Starts nach Safety-Car-Phasen riskierte der Gaststarter nicht zu viel, um die anderen Fahrer nicht in Nöte zu bringen - das erledigten die etablierten DTM-Piloten im größtenteils chaotischen Rennen ohnehin selbst untereinander.

"Alex hat sich bei seiner DTM-Premiere vor heimischer Kulisse super geschlagen", zollte BMW Motorsport-Direktor Jens Marquardt seinen Respekt. "Er hat sich aus allem rausgehalten und das Auto auf Position 13 ins Ziel gebracht." Der Italiener, der vor zwei Jahren sein letztes Rennen bestritten hatte, bestätigte: "Es hätte mir nichts gebracht, wenn ich in der ersten Runde zu viel riskiert und mich gedreht hätte."

Am Ende schneller als Di Resta

Wirklich beeindruckend: In der Schlussphase des Rennens drehte Zanardi sogar richtig auf und fuhr in den letzten sechs Runden sogar schnellere Zeiten als Rennsieger Paul Di Resta in seinem Mercedes! Zanardi: "Vor allem gegen Ende konnte ich den Speed der anderen ziemlich gut mitgehen. Das macht mir Mut für morgen."

Premiere also vollkommen geglückt - das soll es aber noch nicht gewesen sein für Zanardi bei seinem DTM-Abenteuer. Am Sonntag hat der frühere Formel-1-Fahrer eine weitere Gelegenheit, sich in den Geschichtsbüchern der DTM zu verewigen. Am Sonntagabend um 22:30 Uhr (live bei kabel eins und im Live-Ticker von Motorsport-Magazin.com) steht das zweite Rennen des Misano-Wochenendes an.

Keine Lust auf Spazierfahrten

Wer Zanardi kennt, weiß, dass eine Spazierfahrt für ihn überhaupt nicht in Frage kommt. Kein Wunder, dass er sich am Samstag über den verregneten Tag geärgert hatte. Zanardi hätte sich trockene und stabile Bedingungen gewünscht, um an die Performance seines zweitägigen Tests in Vallelunga anknüpfen zu können. So musste er sich neben dem Auto, das er mit den Händen bremst und beschleunigt, auch noch mit der regennassen Rennstrecke auseinandersetzen.

Für den Sonntag kündigte Zanardi umgehend eine Attacke an: "Für morgen habe ich hoffentlich einige Erfahrungen gesammelt, die ich mit dem Qualifying beginnend für mich nutzen kann. Ich hoffe auf konstante Bedingungen. Das Leben ist wunderbar und du musst jede Chance nutzen. Das heute war die eine, morgen folgt die nächste."

Was steckt hinter dem falschen Boxenstopp?

Eine besonders kuriose Szene passierte in der elften Runde: Zanardi legte seinen vermeintlichen Pflichtboxenstopp während einer Safety-Car-Phase ein. Das ist zwar erlaubt, wird laut des Reglements aber nicht als Pflichtreifenwechsel gewertet. So musste Zanardi am Samstag zweimal die Boxengasse ansteuern.

Ein Kommunikationsfehler? Nein, dahinter steckte Kalkül seitens BMW. Grund war, dass Zanardi beim Re-Start als Vierter mitten im Getümmel um einen Spitzenplatz gewesen wäre. Weil die Münchner nicht riskieren wollten, dass Zanardi möglicherweise in eine Kollision verwickelt wird und damit das Rennen für ihn und einen Konkurrenten vorzeitig endet, hat man Zanardi aus Sicherheitsgründen "aus dem Verkehr" genommen.

Möglicherweise haben die Safety-Car-Phasen auch einen Plan vermasselt, den Zanardi und BMW vor dem Rennstart ausgetüftelt hatten. Bei normalem Rennverlauf wäre Zanardi vielleicht als letzter Fahrer zum Boxenstopp hereingekommen - dann hätte er eine gute Chance gehabt, Führungskilometer vor heimischem Publikum zu sammeln. Das hätte den Auftritt des Gaststarters, der per Reglement keine Punkte erzielen kann, noch spezieller gemacht.