Wie schnell ist Alex Zanardi wirklich? Beim Auftakt zum spektakulären DTM-Wochenende in Misano ließ es der BMW-Gaststarter gemächlich angehen. Im 1. Training am Freitagabend nach Sonnenuntergang belegte Zanardi den letzten Platz. Sein Rückstand auf Spitzenreiter Jamie Green (Audi) betrug 2,681 Sekunden.

Zanardi spulte bei seiner ersten offiziellen DTM-Session 18 Runden ab, um sich mit dem speziell auf seine Bedürfnisse umgebauten BMW M4 DTM-Rennwagen - er bremst und beschleunigt ausschließlich mit den Händen - weiter vertraut zu machen. Gab der 51-Jährige dabei schon alles, oder ist noch einiges an Luft nach oben für die folgenden Qualifyings und Rennen am Samstag und Sonntag?

Im Vorfeld des 1. Trainings überraschte Edoardo Mortara mit einer interessanten Aussage während der Pressekonferenz am Freitagabend. "Ich war da, als er (Zanardi; d.Red.) das Auto in Vallelunga getestet hat", sagte der Mercedes-Pilot. "Ich war von seinem Speed beeindruckt. Es ist sicherlich nicht einfach, das Auto so zu fahren, weil es eine ganz andere Art des Fahrens ist. Er war sehr schnell. Damals ist er die schnellste Runde gefahren. Es würde mich nicht wundern, wenn er hier oben mit dabei ist."

Mortara kennt die Rundenzeiten

Mortara erlebte Zanardis erste Runden im DTM-Auto hautnah mit. Der Italo-Schweizer war beim speziellen Gaststarter-Test in Vallelunga dabei, wo sich Zanardi und Sebastien Ogier auf ihre Gasteinsätze vorbereiten konnten. Mortara war bei dieser Gelegenheit als Referenzfahrer für den fünffachen Rallye-Weltmeister im Einsatz. Er hatte also direkten Blick auf die Rundenzeiten an den beiden Testtagen, die allerdings nicht offiziell kommuniziert worden sind.

Ogier, der für Mercedes in Spielberg einen Gasteinsatz bestreiten wird, war bei dem Vallelunga-Test sogar schneller als Mortara. Das bestätigte Ulrich Fritz gegenüber Motorsport-Magazin.com. Der Mercedes-Teamchef meinte allerdings, dass die gefahrenen Zeiten aus vielerlei Gründen nicht vergleichbar seien - auch in Bezug auf Zanardi.

Spezielle Vorgaben beim Gaststarter-Test

Als Erklärung nannte Fritz beispielsweise die Tatsache, dass bei einem solchen Test, den man mit einem Young-Driver-Test vergleichen könne, die jeweiligen Referenzfahrer nur maximal zehn Runden am Tag im Renntempo absolvieren dürfen. Zum Vergleich: Mortara fuhr in Vallelunga eben diese 10 Runden - DTM-Rookie Ogier dagegen 211!

Zanardi legte in Vallelunga 294 Runden zurück - die meisten der drei anwesenden Fahrer. "Wir sind Renn-Simulationen gefahren nach ein paar Longruns", erklärte der Fan-Liebling an diesem Freitag. "Ich saß praktisch zwei Tage am Stück im Auto und hatte keine physischen Probleme. Alles ist im Auto für mich ganz anders als früher, aber ich bin happy mit der Arbeit. Es ist wahrscheinlich sogar besser als das, was wir uns erhofft hatten. Physisch ist das Auto sehr herausfordernd, aber was noch in meinem Körper vorhanden ist, reicht aus."

Zanardi: Mindestens ein Auto hinter mir lassen

Zanardi selbst dämpfte im Vorfeld die Erwartungshaltung, die einige seiner italienischen Fans schon an den Tag gelegt hatten. "Ich werde versuchen, zumindest ein Auto hinter mir zu lassen. Mal sehen, ob ich das schaffe", sagte der mit 51 Jahren älteste Fahrer mit 19-köpfigen Teilnehmerfeld, der als Gaststarter ohnehin keine Meisterschaftspunkte erzielen kann. "Das Wichtige ist, dass ich aus Misano das Wissen mitnehme, dass ich mein Bestes gegeben habe."

Eine durchaus realistische Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit im engen Feld der DTM. Doch wer Zanardi kennt, der weiß: Er wird bei den beiden Rennen in Misano alles geben, um so gut wie möglich abzuschneiden. "Ich kenne ihn seit 15 Jahren", bestätigte BMW-Markenkollege Augusto Farfus, der auf eine gemeinsame Vergangenheit mit Zanardi in der WTCC zurückblickt. "Er ist ein echter Kämpfer. Er ist nicht hier um nur Runden zu drehen, er will performen."