Pascal Wehrlein ist erst 23 Jahre alt und hat schon jetzt einen entscheidenden Punkt in seiner jungen Karriere erreicht: Wie geht es für ihn nach dem angekündigten Ausstieg von Mercedes aus der DTM weiter? In der Tourenwagenserie nach seinem Comeback höchstwahrscheinlich nicht, denn: Wehrlein will unbedingt zurück in die Formel 1. Daraus hatte er schon kurz nach der Rückkehr zu Mercedes in die DTM keinen Hehl gemacht.

Zu Beginn der Saison 2017 gaben die Verantwortlichen der Mercedes-Silberpfeile lieber Valtteri Bottas den Vorzug im F1-Werksteam, für Wehrlein war plötzlich kein Platz mehr in der Königsklasse des Formelsports. Die DTM als Notlösung und Rettungsanker zugleich aus Wehrleins Sicht, nachdem er zuvor die japanische Super Formula favorisiert hatte.

Dass Wehrlein seinen eigenen Erwartungen in der DTM-Saison 2018 bislang nicht gerecht werden konnte, versetzt ihn nicht unbedingt in eine bessere Position für die angestrebte Rückkehr in die Formel 1. Und erst recht nicht, wenn er nicht mehr auf die langjährige Unterstützung von Mercedes bauen kann, wie bereits im Fahrerlager gemunkelt wird.

Wolff: Arbeiten an Optionen für 2019

Doch soweit ist es noch nicht. Wie Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bei Motorsport-Magazin.com erklärt, ist Wehrlein weiter ein Thema. "Pascal ist zwei Jahre lang in der Formel 1 gefahren, konnte sich aber kein Cockpit für 2018 sichern und hat dieses Jahr die Rolle als Reserverfahrer für Mercedes übernommen", sagt Wolff und fügt an: "Er fährt zudem für uns in der DTM und wir arbeiten weiter an Optionen für 2019."

Das klingt nicht danach, als ob Mercedes den Ziehsohn Wehrlein zum Jahresende einfach fallen lassen würde. Wie genau diese angesprochenen Optionen aussehen, lässt Wolff zunächst offen. Doch der Österreicher und Förderer von Wehrlein weiß ganz genau, dass die Formel 1 für den Youngster absolute Priorität genießt.

Wehrlein muss Gas geben

Um seine Chancen zu erhöhen, muss Wehrlein in den verbleibenden DTM-Rennen allerdings Gas geben. Bislang steht trotz des dominanten Mercedes-Rennwagens nur ein Podestplatz zu Buche. Nur er und Lucas Auer (vier Podestplätze) aus dem aktuellen Mercedes-Kader konnten noch kein Rennen gewinnen.

Die Unterstützung von Mercedes wäre ein wichtiger Baustein bei Wehrleins weiteren Karriereambitionen, doch einfacher ist es für ihn teamintern nicht geworden. Das Team aus Brackley setzt derzeit auf den Briten George Russell. Der 20-Jährige führt die Gesamtwertung in der Formel 2 an und durfte zuletzt in Ungarn Testfahrten im Silberpfeil absolvieren.

Deutsche Fahrer haben keine Priorität

Ob Brite oder Deutscher - die Nationalität spielt für Wolff keine Rolle. Die Suche nach einem deutschen Nachfolger für den zurückgetretenen Weltmeister Nico Rosberg hat keine Dringlichkeit, obwohl Mercedes in den vergangenen Jahren stets darauf bedacht war, auch deutschen Nachwuchspiloten eine Chance zu geben.

Wolff: "Kurz vor der Sommerpause haben wir einen gut besuchten und erfolgreichen Großen Preis von Deutschland gesehen, der gezeigt hat, dass der Sport in Deutschland weiter sehr beliebt ist. Die TV-Zuschauerzahlen in Deutschland sind die höchsten in ganz Europa. In der Geschichte der Formel 1 ist die Zahl der Fahrer aus einzelnen Ländern immer wieder mal gestiegen und gefallen. Wir glauben, dass auch die kommenden Talente ganz natürlich an die Spitze kommen werden, so wie es immer der Fall war."

Wer folgt auf Vettel und Hülkenberg?

Dabei könnte es aus deutscher Sicht nicht schaden, sich frühzeitig um den Nachwuchs zu kümmern. Zeiten, in denen wie 2010 gleichzeitig sieben Deutsche in der Formel 1 an den Start gingen, sind längst vorbei.

Und Sebastian Vettel und Renault-Pilot Nico Hülkenberg haben die 30 bereits überschritten. Aktuell haben nur Wehrlein und Formel-2-Pilot Maximilian Günther genügend Punkte gesammelt, um die für die F1 nötige Superlizenz zu erhalten.

Haug: Wunsch nach deutschen Formel-1-Fahrern vorhanden

"Deutsche Fahrer, deutsche Motoren und deutsche Technik bestimmen seit über zwei Jahrzehnten überwiegend die Spitze der Königsklasse", sagt Norbert Haug zu Motorsport-Magazin.com. "Und auch 2018 wird der Weltmeister mit deutscher Technik bei Mercedes oder mit Sebastian Vettel bei Ferrari gestellt werden. Verständlich, dass der Wunsch nach weiteren deutschen Fahrern mit Formel 1-Befähigung für zukünftige Erfolge vorhanden ist."

Haug weiß genau, wovon er spricht. In seiner mehr als 22-jährigen Amtszeit als Mercedes-Motorsportchef hat er viele junge deutsche Fahrer auf dem Weg in die obersten Klassen des Motorsports unterstützt.

Kennen sich gut: Norbert Haug und Pascal Wehrlein, Foto: ADAC Formel 4
Kennen sich gut: Norbert Haug und Pascal Wehrlein, Foto: ADAC Formel 4

Wehrlein: Fähig zu Formel-1-Erfolgen

Der 65 Jahre alte Schwabe ist überzeugt von Wehrleins Formel-1-Potenzial, warnt aber zugleich vor der enormen Schwierigkeit, eines der begehrten Cockpits zu ergattern - wie Wehrlein selbst nach zwei Jahren bei den kleineren Rennställen Manor und Sauber feststellen musste.

Haug: "Pascal Wehrlein hat bei seinem zweijährigen Formel-1-Gastspiel durchaus gezeigt, dass er die Fähigkeiten für Erfolg im Motorsport-Oberhaus hat. Das Potential zu haben und die Garantie, den passenden Sitz in der Formel 1 zu bekommen, waren allerdings schon immer zweierlei Themen - das mussten nicht nur fähige deutsche Rennfahrer auch in der Vergangenheit erfahren."