Der DTM-Gaststart von Alex Zanardi beim Rennen in Misano ist eine Sensation. Und zugleich eine absolute Herausforderung für ihn und die Ingenieure von BMW. Sie müssen Zanardis DTM-Rennwagen anpassen, damit dieser trotz seiner Bein-Amputation an den Start gehen kann. Erstmals wird der 51-Jährige dabei mit der Hand das Bremspedal betätigen. Dafür hatte er in der Vergangenheit seine Beinprothese samt speziellem Bremspedal genutzt.

"Der größte Unterschied seit meinem Unfall wird sein, meinen Arm statt meines Beines zum Bremsen zu benutzen", sagte Zanardi bei einer Telefon-Konferenz an diesem Dienstagnachmittag. Erste Tests mit der 'Handbremse' gab es bereits, dabei saß Zanardi in einem BMW M6. Das neue System wurde mit Blick auf Zanardis Start bei den 24 Stunden von Daytona 2019 entwickelt, kommt nun aber schon im DTM-Boliden zum Einsatz.

Noch ist nicht sicher, ob sich Zanardi mit dem neuen System auch im DTM-Simulator von BMW vertraut machen kann. Geplant ist aber, sich im DTM-Auto auf die Rennen in Misano vorzubereiten.

Zanardis Fahrplan bis Misano

Zanardi auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com: "Ich werde Zeit bekommen, um ein Gefühl für das Auto zu entwickeln. Wegen der Regeln darf ich leider nicht in Misano fahren. Es wäre sehr gut für mich, das Auto auf einer mir bekannten Strecke zu testen. Also auf einer, wo ich mich nur ums Auto selbst und nicht um die Strecke kümmern muss."

Zusätzlich wird sich Zanardi in München im BMW-Werk mit den neuen Systemen vertraut machen, um in Misano keine böse Überraschung zu erleben. "Dann vielleicht noch ein Rollout, bei dem wir die Instrumente auf ihre Effizienz überprüfen können. Das ist der grobe Plan", so Zanardi. Das Rennwochenende in Misano steigt vom 24. bis 26. August, die Rennen werden spätabends unter Flutlicht ausgetragen.

Alex Zanardi 2015 bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps, Foto: Regina Marx
Alex Zanardi 2015 bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps, Foto: Regina Marx

Zanardi: Sorgen vor dem DTM-Debüt

Man sieht: Zanardi will die Herausforderung DTM in bestmöglicher Verfassung in Angriff nehmen. Im besten Fall für eine Überraschung sorgen, wie er sagt. Dass es für den Fan-Liebling bei seinem allerersten DTM-Rennen nicht einfach wird, ist offensichtlich. Zanardi macht auch kein Geheimnis daraus, dass er einige Sorgen vor seinem Debüt hat.

Der frühere Formel-1-Fahrer auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com: "Damals in meiner Karriere war die eine Hälfte des Starterfeldes sehr konkurrenzfähig. Aber in der anderen Hälfte war Platz für einen jungen Mann wie mich, um neu dazuzukommen und gut abzuschneiden. Heute bin ich jedoch kein Kind mehr und inzwischen sind einfach alle Fahrer gut vorbereitet und erhalten das beste Material. Ich meine, oft liegt das gesamte Feld innerhalb einer Sekunde."

Zanardi weiter: "Ich bin ja nicht blind. Ich habe gesehen, wie ein talentierter Fahrer wie Mattias Ekström sein letztes Rennen in Hockenheim gefahren ist. Und nur, weil er die Testfahrten im Winter ausgelassen hat, war er am Großteil des Wochenendes in Hockenheim im hinteren Feld zu finden. Es gibt keine technischen Gründe, warum es für mich besser laufen sollte. Genau genommen, sollte es viel schlechter werden. Aber ich bin Optimist und Kämpfer und nehme alle Möglichkeiten von BMW an, um mich vorzubereiten und die Zuschauer zu überraschen."

Zanardi testete schon 2012 einen umgebauten DTM-Rennwagen von BMW auf dem Nürburgring, zu einem echten Renneinsatz kam es aber nie. Immer wieder gab es Gerüchte um einen möglichen Einstieg von Zanardi - jetzt werden sie zumindest mit dem laut Reglement erlaubten Gaststart wahr. Den Weg dazu hatte der zweifache DTM-Champion Mattias Ekström mit seinem Abschiedsrennen in Hockenheim geebnet.

Erste Gespräche im April

Laut Zanardi habe es im April erste Gespräche mit BMW-Motorsportchef Jens Marquardt über einen möglichen Start in Misano gegeben. Zanardi brauchte eine Weile, gab dann aber grünes Licht. DTM-Rechteinhaber ITR, Mercedes und Audi stimmten dem Vorhaben ebenfalls zu. "Ich muss zugeben, dass ich ein paar Sorgen habe", sagt Zanardi. "Aber empfinde eine solch große Leidenschaft für den Sport und habe entschieden, die Gelegenheit anzunehmen."

Vor allem die Streckenbetreiber von Misano dürften über den Gaststart des Lokalmatadors jubeln. Kein Zweifel: Zanardi allein wird die Ticketverkäufe im italienischen Badeort ankurbeln. Er selbst sagt: "Es hat wohl allen gefallen, jemanden wie mich in Misano im Auto zu haben. Ich denke, dass meine Anwesenheit das Scheinwerferlicht noch etwas mehr auf die Serie wirft, die alle Aufmerksamkeit verdient hat."

Zanardi abschließend zum mit großer Spannung erwarteten Gaststart und seinem ersten Rennen seit mehr als zwei Jahren: "Das ist eine der härtesten Herausforderungen, die ich jemals in meiner Rennkarriere angenommen habe. Es gibt noch viele Fragezeichen, aber ich werde mein Bestes geben, um so gut wie möglich vorbereitet zu sein."