Robert Wickens verlässt Mercedes und die DTM mit sofortiger Wirkung! Das gaben die Stuttgarter am Mittwochvormittag offiziell bekannt. Der Kanadier wechselt zur Saison 2018 in die IndyCar-Serie und geht dort für Schmidt Peterson Motorsports an den Start. Die beiden Rennen in Hockenheim am vergangenen Wochenende bildeten somit die Abschieds-Tournee für Wickens aus der deutschen Tourenwagenserie.

In Folge des geplanten DTM-Ausstiegs von Mercedes Ende 2018 wollte Teamchef Uli Fritz seinen Fahrern keine Steine in den Weg legen, wenn sich eine neue Möglichkeit ergeben sollte. Das war nun bei Wickens der Fall, der schon länger mit den US-amerikanischen IndyCars geliebäugelt und dieses Jahr beinahe zu seinem ersten Renneinsatz gekommen wäre. "Das waren sechs fantastische Jahre in meinem Leben", sagte Wickens. "Bis zu dieser Saison habe ich es nie wirklich in Betracht gezogen, Mercedes oder die DTM zu verlassen."

Kehrt Wehrlein zu Mercedes zurück?

Wer seinen Platz beim Mercedes-DTM-Team einnimmt, ist noch offen. Pascal Wehrlein könnte ein möglicher Nachfolger sein, wenn er 2018 kein neues Team in der Formel 1 findet. Seine Zeit bei Sauber endet vermutlich, ein mögliches Cockpit bei Williams gilt ebenfalls als unwahrscheinlich. Vor genau zwei Jahren verabschiedete sich Wehrlein mit dem DTM-Titel im Gepäck in Richtung F1.

Ein weiterer Kandidat wäre der aktuelle Test- und Ersatzfahrer von Mercedes, Maximilian Günther. Das deutsche Top-Talent schloss die Formel-3-Europameisterschaft als Gesamtdritter ab und testet kommende Woche auf dem Lausitzring. Trotz des angekündigten DTM-Ausstiegs dürften die Mercedes-Cockpits weiter sehr begehrt sein. Sie könnten als gutes Sprungbrett in die Formel E dienen, in die Mercedes 2019 werksseitig einsteigt.

DTM-Aus bei Mercedes: Mach's gut, Robert Wickens!: (01:12 Min.)

Wickens' Bilanz nach 6 Jahren DTM

Für Wickens endet nun eine sechsjährige Zeit in der DTM. In 84 DTM-Rennen erzielte er für die Marke mit dem Stern 5 Pole Positions, 5 schnellste Runden, 6 Siege, 15 Podestplätze und 429 Punkte. Sein erfolgreichstes Jahr war die Saison 2016, in der er bis zum vorletzten Rennwochenende in Budapest im Titelkampf mitmischte. Die IndyCars bedeuten für ihn einen motorsportlichen Neubeginn.

"Mich erwartet eine sehr steile Lernkurve und viele Dinge werden komplett neu für mich sein", sagte Wickens. "Ich bin zum Beispiel noch nie in einem Oval gefahren", verriet Robert. "Außerdem ist es kein Geheimnis, dass ich in den letzten sechs Jahren, in denen ich in der DTM unterwegs war, keine Formel-Rennwagen gefahren bin. Ich muss mich also sehr rasch wieder einleben, aber ich freue mich auf die neue Herausforderung."

Die IndyCar Serie ist für Wickens kein komplettes Neuland. Vor dem Beginn der DTM-Saison 2017 durfte er in Sebring im Rennwagen seines Landsmannes James Hinchcliffe zum ersten Mal ein IndyCar testen. Bei den DTM-Testfahrten in Vallelunga revanchierte sich Wickens und ließ Hinchcliffe einige Runden in einem Mercedes-AMG C 63 DTM drehen. Ende Juni sprang Wickens zudem kurzfristig für Schmidt Peterson Motorsports ein und ersetzte im Freitagstraining in Road America Einsatzfahrer Mikhail Aleshin, der Schwierigkeiten bei der Einreise hatte.

Das sagt Mercedes-Teamchef Uli Fritz

"Es ist natürlich sehr schade, dass Rob uns verlässt", sagte Mercedes-Teamchef Ulrich Fritz. "Mit ihm verlieren wir nicht nur einen großartigen Fahrer, sondern auch einen tollen Menschen. Rob war in den letzten sechs Jahren eine wichtige Säule in unserem Team, hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert und zu einer festen Größe in der DTM entwickelt. Obwohl sein Weggang natürlich traurig für uns ist, freuen wir uns aber auch für ihn. IndyCar wird sicher eine tolle Erfahrung für Rob sein und ich bin mir sicher, dass er auch dieser Serie seinen Stempel aufdrücken wird."

Wickens blickt auf eine erfolgreiche Zeit im Formelsport zurück, bevor er sich 2012 für den DTM-Einstieg entschied. 2006 gewann er die Formel BMW USA, 2009 wurde er Vize-Meister in der alten Formel 2. Im Folgejahr holte er den zweiten Gesamtplatz in der GP3-Serie, bevor er 2011 die Meisterschaft in der Formel Renault 3.5 feierte. Im selben Jahr absolvierte er zudem Formel-1-Testfahrten für Lotus Renault und Marussia.

3 Fragen an Robert Wickens zum DTM-Abschied

Rob, wenn du die letzten sechs Jahre Revue passieren lässt: Was ist deine schönste Erinnerung an die DTM?
Robert Wickens: Ehrlich gesagt sind die schönsten Erinnerungen jene an die vergangenen drei Jahre, in denen ich mich in der DTM besser zurechtgefunden und mehr zu einem Titelanwärter entwickelt habe. Das war ein echtes Vergnügen. Im ersten Jahr musste ich mich in der DTM einleben und danach war es eine große Ehre, zu HWA wechseln zu dürfen. Natürlich war auch mein erster DTM-Sieg auf dem Nürburgring 2013 ein absolut fantastisches Gefühl. Denn ich wusste, dass viele Formel-Rennfahrer und Ex-Formel 1-Piloten in der DTM zu kämpfen hatten. Entsprechend war es für mich eine große Erleichterung, dass ich so schnell gewinnen konnte. Ich hatte einige fantastische Rennen und Teamergebnisse und es ist wirklich schwierig, nur eines davon herauszugreifen. Aber ich würde definitiv sagen, dass ich mich am meisten an die letzten drei Jahre erinnern werde.

Wie wichtig waren für dich die Menschen in der DTM und im Team, allen voran deine Freundschaft mit Gary?
Robert Wickens: Das waren sechs fantastische Jahre in meinem Leben. Ich kann mich bei Mercedes nicht genug dafür bedanken und wünsche ihnen viel Glück für die Zukunft. Ich habe hier einige Freunde fürs Leben gewonnen. Es ging auf und ab, aber ich habe noch nie zuvor so viel Unterstützung von einem Team erhalten. Es war mir eine Ehre, die Marke zu vertreten und vielleicht war es ja auch nicht das letzte Mal. Gary und ich gingen sehr schnell von Teamkollegen zu echten Freunden über. Das hat sich auf und neben der Strecke gezeigt. Er ist so ein guter Kerl, total bodenständig. Als ich in die DTM kam, war ich nur ein Neuling und er diese DTM-Legende Gary Paffett. Er war in meinem Rookie-Jahr einer der Titelanwärter und hat ihn nur knapp verpasst. Nachdem ich zu HWA gewechselt bin, habe ich ihn im Folgejahr dann richtig kennengelernt. Das werde ich immer in Erinnerung behalten. Es gab so viele Momente, zum Beispiel in unserem Fahrerraum, an die ich mein ganzes Leben lang denken werde. Ich bin mir sicher, dass wir in Kontakt bleiben werden, denn wir sind schon lange über den Punkt einer reinen Arbeitsbeziehung hinaus. Wenn wir uns unterhalten, dann mehr als Freunde. Wir können für Stunden über alles Mögliche reden. Es ist traurig und hart, besonders nachdem das letzte Rennen in Hockenheim sehr schwierig für mich war. Ich musste bei einigen Gelegenheiten die Tränen zurückhalten. Ich hätte mir ehrlich gesagt gewünscht, dass eine Crew einen Dokumentarfilm über meine sechs Jahre mit dem Team gemacht hätte.

Was wird dir am meisten an Deutschland fehlen?
Robert Wickens: Schnitzel und das Oktoberfest. [lacht] Nein, ganz ehrlich, die deutschen Fans sind so unglaublich motorsportverrückt. Ich habe vier Jahre lang in Deutschland gewohnt und ich habe wunderbare Erinnerungen daran. Ich habe viele großartige Menschen getroffen, aber was ich am meisten vermissen werde, sind meine ganzen deutschen Kollegen. Jeder war so hilfsbereit und hat mich im Verlauf meiner Karriere sehr unterstützt. Die Fans sind auch fantastisch. Bei jedem Rennen sind die Tribünen voll. Wenn ich daran zurückdenke, habe ich ein Lächeln im Gesicht. Es ist traurig, dass ich gehe, aber gleichzeitig bin ich gespannt auf die neue Herausforderung.