Wenn Siege sich wie Niederlagen anfühlen. Edoardo Mortara musste genau dieses Erlebnis in Hockenheim hinnehmen. Dabei zeigte der Italiener einmal mehr seine große Klasse. Nach einem schwächeren Start arbeitete sich Mortara binnen weniger Runden vom siebten auf den ersten Platz nach vorne. Von diesem Moment an dominierte der Italo-Schweizer das Rennen nach Belieben. Allein: Es half ihm im Titelkampf nichts. Zwei Siege in Hockenheim hätten ihm zum Titel gereicht. Nach Rang drei am Samstag musste er aber auf Schützenhilfe hoffen - diese blieb jedoch aus.

"Es sind gemischte Gefühle. Es ist schön, in dieser Saison wieder ein Rennen gewonnen zu haben. Aber natürlich ist es eine Enttäuschung, den Titel um vier Punkte verpasst zu haben. Nichtsdestotrotz haben wir die Team- und Herstellermeisterschaft gewonnen, das ist gut für Audi", so Mortara nach dem Rennen gefasst. Schnell begann jedoch im Umfeld die Suche nach den verlorenen Punkten. Und dabei fiel der Blick umgehend auf Zandvoort. Dort kassierte Mortara auf Platz fünf liegend eine ungerechtfertigte Durchfahrtsstrafe. Mit diesen zehn Punkten wäre der Audi-Pilot nun Meister.

Schlaflose Nächte bereitet ihm der Rückblick aber nicht, wie Mortara versichert. "Ich habe keine Albträume deshalb. Ich werde gut schlafen können heute Abend, denn ich habe alles getan, was möglich war", stellt er klar. "Diese Entscheidung war unglaublich falsch, in solch einer Serie sind derartige Entscheidungen inakzeptabel. Das hat mir viele Punkte gekostet, aber schlussendlich ist es, wie es ist", lohnt sich für Mortara kein Hadern.

Verlor Mortara in Zandvoort den Titel?, Foto: DTM
Verlor Mortara in Zandvoort den Titel?, Foto: DTM

Gass fühlt Verbitterung

Bei Audi selbst verursacht der Begriff 'Zandvoort' im Moment aber doch noch Kopfschmerzen. "Ich glaube, das ist für den Saisonausgang der Worst Case gewesen, dass wir in das Fenster gerutscht sind, wo man an Zandvoort denken muss", blickt DTM-Leiter Dieter Gass zurück. "Dort wurden uns unberechtigt Punkte genommen. Das bringt mich in eine Situation, wo ich momentan ein gewisses Niveau an Verbitterung habe", gibt Gass Einblick in seine Gefühlswelt.

Dass Mortara trotz seiner starken Leistung im Abschlussrennen der Saison dennoch kaum in der Situation war, wirklich am Titel schnuppern zu dürfen, lag auch an einer schwachen Vorstellung von Audi im Gesamten. Zweitweise fuhr der zweitbeste Bolide aus Ingolstadt nur auf Platz 14. Von Unterstützung für Mortara dementsprechend keine Spur.

"Es war auch im Qualifying schon absehbar, dass er auf sich gestellt sein würde", so Gass auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Wir haben versucht, ihn strategisch zu unterstützen. Das hat heute aber auch nicht so gut funktioniert. Es gab in den ersten kurven Kontakte mit Green und anderen Fahrern, was zu Positionsverlusten geführt hat. Das sind aber Situationen, die passieren können. Edo hat sich nichts vorzuwerfen, er hat alles getan, was er konnte", stellt Gass klar.

Edoardo Mortara zeigte ein famoses Rennen, Foto: DTM
Edoardo Mortara zeigte ein famoses Rennen, Foto: DTM

Fünf Siege - aber auch fünf Nullnummern

Am Ende der Saison waren seine fünf Nullnummern in 18 Rennen aber doch zu viel für Mortara, um den Meistertitel zu gewinnen - obwohl Mortara fünf Saisonsiege und damit die mit Abstand meisten einfuhr. Zu seinen Ausfällen gehörte auch die Racheaktion gegen Antonio Felix da Costa in Spielberg, als er nach mehreren Aktionen die Beherrschung verlor und ausschied. Das sieht Mortara aber anders. "Ich hatte in Spielberg ein technisches Problem und musste deshalb hart kämpfen. Am Ende hatte ich das Problem mit da Costa. Ich habe damit aber kein großes Problem, denn es war nicht zu 100 Prozent mein Fehler", findet Mortara.

Ein deutlich größeres Problem hatte der 29-Jährige dagegen mit den Vergünstigungen, die BMW vor Saisonbeginn erhielt. Auch das ist in der Nachbetrachtung des geringen Rückstandes auf Wittmann unter Umständen ein Faktor, den man ergreifen könnte. "Wir sind nicht unter gleichen Regeln angetreten. Schon vor Beginn der Saison wusste ich, dass ein BMW-Fahrer Meister wird. Die Chancen waren zumindest sehr groß", äußert er Kritik an den Vorteilen. Daher kann er den Titelgewinn Wittmanns auch nicht ganz ohne Groll hinnehmen. "Es ist hart für mich zu entscheiden, ob sie es verdienen oder nicht. Sie hatten halt andere Regeln", sah er keine gleiche Wettbewerbsfähigkeit gegeben.