Über die Saison hinweg kristallisierten sich Marco Wittmann und Edoardo Mortara als stärkstes Duo der DTM 2016 heraus. Vor dem Finalwochenende kämpfen beide um den Titel, Jamie Green - rechnerisch ebenfalls noch mit Chancen - bräuchte ein Wunder. Für Edoardo Mortara dagegen würden zwei eigene Siege zum Titelgewinn reichen. Über die beste Ausgangslage verfügt jedoch Marco Wittmann, der mit 14 Punkten Vorsprung zum Finale reist. Motorsport-Magazin.com beleuchtet die Situation der beiden Fahrer vor dem Schlussakkord.

Wer hat die bessere Form?

Zunächst muss man klar sagen: Ohne die Disqualifikation gegen Marco Wittmann in Budapest wäre die Meisterschaft für den BMW-Piloten in deutlich greifbarerer Nähe. Doch der regelwidrige Unterboden seines Boliden kostete ihm satte zwölf Punkte. In Ungarn lieferte Audi eine beeindruckende Leistung ab, Mortara gewann das erste Rennen und stand für Lauf Nummer zwei auf der Pole Position. Ein Crash mit Wittmann direkt am Start beförderte den Italiener frühzeitig ans Ende des Feldes. Nachdem er zuvor bereits am Nürburgring das zweite Rennen gewann, wären es für Mortara drei Laufsiege in Folge gewesen. Eine Wahnsinns-Leistung in der so engen DTM.

Edoardo Mortara schwamm zuletzt auf einer Erfolgswelle, Foto: DTM
Edoardo Mortara schwamm zuletzt auf einer Erfolgswelle, Foto: DTM

Wittmann ist bei BMW absolut unangetastet und der klare Spitzenreiter der Münchner. Regelmäßig fährt er den eigentlich unterlegenen Boliden in die Spitzengruppe. Am Nürburgring gewann er das erste Rennen und wurde am Sonntag Dritter, in Ungarn konnte er so ziemlich als einziger Fahrer in die Audi-Phalanx einbrechen. Eine erneute Ingolstädter Dominanz ist in Hockenheim aber eher nicht zu erwarten. An den drei Wochenenden vor Budapest holte Wittmann stets mehr Punkte als Mortara.

Wie unterscheiden sich ihre Herangehensweisen?

Als derzeit Zweitplatzierter muss Mortara voll auf Angriff fahren, während Wittmann - zumindest teilweise - verwalten kann. Gewinnt der Audi-Pilot beide Rennen, wäre er Champion. Eine Ausgangslage, die dem Italo-Schweizer entgegenkommt. Mortara fährt stetes auf Angriff: "Für mich ist es am wichtigsten, Rennen zu gewinnen und mein Bestes zu geben", sagte Mortara nach dem Sieg am Nürburgring gegenüber Motorsport-Magazin.com. Teilweise fährt Mortara jedoch auch zu ungestüm. In Spielberg eskalierte ein rundenlanger Zweikampf mit Antonio Felix da Costa, als Mortara mit ihm kollidierte und ins Kiesbett flog. Statt eines möglichen dritten Platzes ging er leer aus.

Wittmann ist beinahe das exakte Gegenstück. Der Bayer besticht durch Konstanz und überlegtes Fahren. Das bedeutet jedoch nicht, dass er nicht gewinnen kann. Bereits drei Saisonsiege stehen auf seinem Konto, einer weniger als bei Mortara. Wittmann aber kam in den bisher 16 Rennen nur dreimal nicht in die Punkte, darunter die Disqualifikation in Budapest. Mortara blieb fünfmal ohne Zählbares. Wittmann selbst sieht sich jedoch nicht nur als Punktesammler. "Viele stempeln mich immer als den Eichhörnchenfahrer ab, aber nach gestern und heute weiß jeder, dass ich nicht immer klein beigebe und auch mal Risiko gehen kann", stellte er in Ungarn klar. In Hockenheim wird er sein Risiko aber genau abwägen.

Was sagt die Hockenheim-Statistik?

Sowohl Mortara, als auch Wittmann konnten bisher einmal in Hockenheim gewinnen. Der BMW-Pilot gewann zum Auftakt seiner Meistersaison 2014 in Hockenheim, Mortara dagegen entschied in der laufenden Saison gleich das erste Rennen für sich. Dennoch ist der 29-Jährige kein großer Freund der Strecke im Herzen Baden-Württembergs. "Hockenheim ist nicht meine Lieblingsstrecke, aber es ist auch nicht die schlimmste Strecke für mich. Normalerweise liegt sie uns nicht so schlecht, also irgendwo in der Mitte. Ich mag die Strecke, habe nichts gegen sie, fahre nur lieber auf anderen", so Mortara.

2014 gewann Marco Wittmann den Saisonauftakt in Hockenheim, Foto: DTM
2014 gewann Marco Wittmann den Saisonauftakt in Hockenheim, Foto: DTM

Der Blick auf die Einzelergebnisse weist jedoch einen kleinen Vorteil für Mortara aus. Neben seinem Sieg 2016 gelang ihm 2015 sowohl am ersten Wochenende, als auch zum Jahresabschluss der Sprung auf das Podium. Für Wittmann dagegen reichte es weder vor, noch nach seinem Sieg wieder zu einem Podestplatz. Im zweiten Saisonrennen 2015 wurde er Fünfter.

Wer hat den besseren Hersteller hinter sich?

Über die größere Leistungsdichte verfügt in diesem Jahr eindeutig Audi. Unter den Top fünf der Gesamtwertung befinden sich drei Fahrer der Ingolstädter, Wittmann ist Einzelkämpfer für BMW. Audi allein konnte bislang die Hälfte der 16 Saisonrennen für sich entscheiden. BMW brachte es nur auf vier Siege, drei davon durch Marco Wittmann selbst. Sowohl in der Hersteller-Wertung, als auch in der Teamwertung ist Audi vorne. Sollte es am Wochenende nur ansatzweise ähnlich laufen, könnte es für Wittmann sehr kompliziert werden.

Bekanntermaßen ist die Teamorder ein großes Thema in der DTM. Platziert sich Audi also mit mehreren Fahrern an der Spitze, dürfte sich Mortara - vorausgesetzt, er gehört dazu - über den besten Platz bereits freuen. Wittmann dagegen müsste selbst bei einem guten Startplatz mit harten Attacken rechnen. Die große Unbekannte ist Mercedes. Ein guter Auftritt der stark gebeutelten Stuttgarter beim Heimspiel könnte entscheidenden Einfluss in der Meisterschaft haben - in beide Richtungen.

Welche Rolle spielt Mercedes im Titelkampf?, Foto: DTM
Welche Rolle spielt Mercedes im Titelkampf?, Foto: DTM

Was sagt die Konkurrenz?

Bei Audi und BMW sind die Hoffnungen und Einschätzungen klar. "Ich hoffe natürlich, dass es der Edo wird, ganz klar", drückt Rene Rast, der für den abwesenden Mattias Ekström einspringt, seinem Markenkollegen die Daumen. Martin Tomczyk, der nach den Rennen in Hockenheim seine Karriere in der DTM beendet, sieht Marco Wittmann vorne. "Marco ist mit unserem Paket dieses Jahr am besten zurechtgekommen", blickt er auf die besondere Stellung des 26-Jährigen bei BMW. "Er hat das Beste daraus gemacht und ist ein Kämpfer. Das sieht man einfach. Wer konstant vorne mitfährt und auch innerhalb von BMW meistens die Benchmark setzt, ist er auch derjenige, der es am meisten verdient hat", stellt er klar.

Eine neutrale Stimme kommt von Mercedes-Pilot Daniel Juncadella. Der Spanier betrachtet die Situation nicht durch eine Markenbrille, sondern rein sportlich. Er sieht Mortara vorne. "Nach den letzten beiden Rennen ist Edoardo für mich der Favorit", erklärt er. "Am letzten Wochenende hat er gezeigt, dass er am schnellsten war. Und wenn er zweimal gewinnt ist er Meister. Wenn er und Audi diese Leistung aus Budapest mitbringen, ist er Favorit", äußert sich Juncadella klar.

Mortara vs. Wittmann: Head-to-Head-Vergleich:

Edoardo MortaraMarco Wittmann
Starts7454
Siege78
Poles48
Punkte479493
Anteil Top-10-Ergebnisse54 Prozent74 Prozent

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