Es steht zur Diskussion, dass jeder Hersteller 2017 nur noch sechs statt acht Autos einsetzt. Ist das ein Thema unter euch Fahrern?
Gary Paffett: Ja, natürlich sprechen wir darüber. Wenn es so kommt, verlieren immerhin zwei Fahrer ihren Job in der DTM. Für manche Fahrer ist das eine Sorge. Leicht ist es nur für die BMW-Jungs, weil sich da schon zwei Fahrer vorzeitig verabschiedet haben. Es ist sicher nicht einfach für die Fahrer und auch für die Teams. Auf der anderen Seite fände ich eine Reduzierung nicht negativ für die DTM. Wir hätten dann immer noch 18 Fahrer und Autos, die extrem nah beieinander liegen. Ich glaube auch nicht, dass es für die Fans einen Unterschied macht. Es interessiert sie meist sowieso nicht, wer hinten rum fährt.

Es gibt Gerüchte, dass Edoardo Mortara 2017 von Audi zu Mercedes wechselt. Täte der DTM ein Fahrermarkt ähnlich wie in der Formel 1 gut?
Gary Paffett: Klar, warum auch nicht. Ich sehe nichts Schlechtes daran. Das verleiht der DTM ein bisschen zusätzliche Würze. Natürlich möchten die Hersteller ihre Fahrer oftmals halten, weil sie ansonsten nicht nur den Fahrer ziehen lassen, sondern mit ihm das interne Wissen über das Auto und so weiter. Ich selbst habe nie in Betracht gezogen, zu einem anderen Hersteller zu wechseln. Ich war immer loyal zu Mercedes und andersherum. Ich denke, es geht den Fahrern im Falle eines Wechsels mehr darum, ob sie sich innerhalb des Teams noch wohlfühlen - und nicht, weil sie einfach zu einem anderen Hersteller wollen.

Wäre es mal an der Zeit für einen Generationswechsel in der DTM?
Gary Paffett: Ich weiß es nicht. Wir haben ein paar junge Fahrer, die einen guten Job machen. Wie Lucas, der immer mehr zu seiner Form findet. Oder Felix, der sofort gute Arbeit geleistet hat. Ich denke aber, dass Fahrer wie Paul, Robert und ich etwas mehr Konstanz haben in den Rennen.

Mit Martin Tomczyk hat sich der erste DTM-Veteran bereits verabschiedet...
Gary Paffett: Martin hatte das Gefühl, nicht mehr konkurrenzfähig zu sein. Aber es gibt einige andere erfahrene Piloten, die noch nicht an diesem Punkt angelangt sind. Wir haben junge Fahrer, die einen guten Job machen. Es gibt aber auch immer mal wieder jüngere Piloten, denen es nicht so gelingt. Ich glaube deshalb nicht, dass es etwas mit dem Alter zu tun hat. Die DTM ist einfach eine extrem harte Herausforderung für jeden, mich eingeschlossen. Das ist das Ding: Wenn du keine gute Arbeit ablieferst, wird immer jemand kommen, der dich ersetzen möchte.

Gary Paffett startet seit 2003 in der DTM für Mercedes, Foto: DTM
Gary Paffett startet seit 2003 in der DTM für Mercedes, Foto: DTM

Hast du denn jemals über einen DTM-Abschied nachgedacht?
Gary Paffett: Nein, noch nicht. Irgendwann wird der Zeitpunkt sicherlich kommen. Soweit ist es aber noch nicht. Ich fühle mich noch konkurrenzfähig. Solange das der Fall ist, gibt es für mich keinen Grund, aufzuhören. Meine Rolle innerhalb des Teams hat sich im Verlauf der vergangenen beiden Jahre stark verändert, seit ich mich ART angeschlossen habe. Früher bin ich einfach nur Auto gefahren. Inzwischen bringe ich einem ganzen Team bei, wie die DTM funktioniert. Wir haben sehr talentierte Leute, aber sie kannten weder die Serie noch das Auto. Für sie war das ein sehr großer Lernprozess.

Braucht ein Hersteller einen Mix aus jungen und erfahrenen Piloten?
Gary Paffett: Ich denke schon, ja. Wir Älteren sind so etwas wie Vorbilder für die Jungs. Hier in der DTM wird wesentlich mehr von dir erwartet als es in den Formel-Nachwuchsserien der Fall war. Du arbeitest für einen großen Hersteller und repräsentierst wichtige Sponsoren. Dem Fahrer wird hier viel mehr abverlangt. Es ist wichtig, dass ältere Fahrer wie ich den Jungs zeigen, was hier wirklich alles abgeht. Wir halten letztendlich das Gefüge zusammen.

Paffett ist der Anführer bei seinem Team ART Grand Prix, Foto: DTM
Paffett ist der Anführer bei seinem Team ART Grand Prix, Foto: DTM

Viele Leute sagen, dass das Fahrerfeld in der DTM stärker ist als in der Formel 1. Wie bewertest du das?
Gary Paffett: Ja, in der DTM ist das Feld stärker als in der Formel 1. Sicherlich hast du in der F1 einige Top-Fahrer, die zu den besten auf der Welt gehören. Aber ich bin sicher, dass es in der DTM einige Fahrer gibt, die mit den Besten aus der Formel 1 mithalten können. Wenn man die Fahrer aus dem Mittelfeld aus beiden Serien vergleicht, schätze ich die aus der DTM als stärker ein.

Warum?
Gary Paffett: Wenn du dich in der DTM mal ausruhst, stehst du ganz schnell auf Platz 20. Wenn du dir in der Formel 1 so etwas leistest, verlierst du nur vier, fünf Positionen - einfach, weil die Autos den Unterschied ausmachen. Du kannst es dir leisten, auch mal eine halbe Sekunde langsamer zu sein als dein Teamkollege. Trotzdem landest du dann nur zwei Plätze hinter ihm. In der DTM ist sowas überhaupt nicht möglich, weil alle Autos auf einem vergleichbaren Level sind.

Martin Tomczyk sagte bei seinem Abschied, dass die DTM zu politisch sei. Deine Meinung?
Gary Paffett: Um ehrlich zu sein: Wenn es die halbe Saison lang keine Politik gibt und dann plötzlich Fahrer untereinander die Positionen tauschen, ist das ein großes Problem. Aber ich habe die Meisterschaft 2005 auch mit Hilfe meiner Teamkollegen gewonnen. Es war also schon immer so. Das sehe ich auch, wenn ich mir ganz alte DTM-Rennen anschaue. Das resultiert daraus, dass jeder Hersteller viele Autos einsetzt. Dadurch können sie Ergebnisse beeinflussen. Und so passiert es auch.

Ärgert man sich als Fahrer nicht darüber?
Gary Paffett: Natürlich will jeder Fahrer für sich gewinnen. Aber an einem Punkt der Saison ist es so, dass dein Teamkollege bessere Chancen hat. Dann hilfst du ihm eben. Für mich ist das in Ordnung, solange es ein bestimmtes Level nicht übersteigt. Es muss schon Grenzen geben. Ich bin froh, dass wir uns bei Mercedes daran halten.