Das zweite DTM-Rennen in Budapest erlebte seinen größten Aufreger bereits nach wenigen Metern. Während Marco Wittmann aus dem Chaos am Start zwar angeschlagen, aber als heimlicher Sieger hervorging, ging Audi kollektiv K.o. Was war passiert? Polesetter Edoardo Mortara erwischte einen schlechten Start, er hatte mit durchdrehenden Rädern zu kämpfen. Marco Wittmann, der von Rang drei und damit direkt hinter Mortara gestartet war, wollte diesen Umstand nutzen und auf der Außenbahn vorbei fahren.

Doch Mortara ließ dem BMW-Piloten wenig Platz - zu wenig. Zwar konnte sich Wittmann vor den Italiener setzen, doch beim Einscheren traf Mortara das Heck des BMW, wodurch er Wittmann eigentlich in einen Dreher schickte. Der Meisterschaftsführende hatte jedoch Glück im Unglück. Er traf den Boliden von Jamie Green, wodurch der Dreher verhindert und Wittmann wieder in Fahrtrichtung gesetzt wurde. Für Green war es jedoch ein Desaster, sein Audi erlitt eine Beschädigung, die ihn noch am Ende der ersten Runde zur Aufgabe zwang.

Marco Wittmann krachte in den Boliden von Jamie Green, Foto: Audi
Marco Wittmann krachte in den Boliden von Jamie Green, Foto: Audi

Audi-Hoffnungen früh zerstört

Doch zurück zur Szenerie. Mortara und Wittmann kämpften sich durch die erste Kurve, der Audi-Pilot ging sogar als Zweiter durch Kurve eins. Wittmann dagegen befand sich im Sandwich gleich mehrerer Fahrer. Alles gut also für Mortara? Mitnichten! Obwohl Mattias Ekström ihn gleich vorbei ließ und er somit die Führung übernahm, kam kurz darauf das böse Erwachen. Mortara hatte sich einen schleichenden Plattfuß eingefangen. Er musste zur Box kommen. Da der Stopp jedoch nicht im vorgeschriebenen Rundenfenster stattfand, musste er dennoch später nochmals an die Box kommen. Das Aus für alle Hoffnungen Mortaras, der ganz ans Ende des Feldes zurückfiel.

"Es war eine etwas unglückliche Situation. Ich hatte einen sehr schlechten Start. Die Kupplung machte mir Probleme, dadurch kam es zu durchdrehenden Rädern", erklärt Mortara seinen schlechten Rennbeginn. Danach habe er versucht, Wittmann zu blocken. "Ich habe ihn ein bisschen ins Gras gedrückt. Aber er konnte mich trotzdem links überholen."

Was dann geschah, fasst Mortara unter einer Mischung aus Glück, Pech und Fehlverhalten zusammen. "Dann hatten wir die Situation, dass ich zwischen Green und Marco gequetscht wurde. Wenn man die Tür vielleicht zehn Meter weiter zugemacht hätte, wäre es in Ordnung gewesen", meint er. "Aber ich habe ihn leicht mit der linken Vorderseite berührt. Leider löste das einen Domino-Effekt aus. Dann hatten wir leider einen Plattfuß. Man kann sagen, dass er sehr viel Glück hatte in dieser Situation - und wir extrem viel Pech. Letztendlich hätte es auch für ihn schlechter, und für uns besser laufen können", schildert Mortara.

Nach dem Qualifying war die Welt bei Edoardo Mortara noch in Ordnung, Foto: Audi
Nach dem Qualifying war die Welt bei Edoardo Mortara noch in Ordnung, Foto: Audi

Green: Ich kann es nicht fassen!

Jamie Green war der dritte Beteiligte im Bunde, der sogar wenig später komplett abstellen musste. "Von meiner Seite war ich sehr überrascht. Mein Start war sehr gut und plötzlich gab es einen Kontakt von links. Ich habe Edo da überhaupt nicht gesehen. Mein Auto war danach kaputt und das war alles", erklärt er. Wie Mortara, so sieht auch Green zumindest eine Teilschuld bei Wittmann. "Wittmann hat nach rechts gelenkt. Es ist sehr ärgerlich, denn dadurch war mein Rennen vorbei. Ohne mich wäre er da nach rechts in die Wand geflogen. Aus irgendeinem Grund konnte sein Auto dann das Rennen sogar noch beenden, was ich irgendwie nicht fassen kann", zeigte er sich ungläubig.

Tatsächlich kam Wittmann sehr gut aus dieser Situation heraus. Zwar war seine Lenkung etwas schief, doch sein Auto war fahrbar - und er lag auf Rang vier. Erleichtert wurde Wittmann die Fahrt durch eine ganze Armada an BMW-Fahrern, die ihm das Heck frei hielten. Doch nach dem Rennen war Wittmann sichtlich angefressen. "Ich hatte einen sehr guten Start, ein sehr gutes Momentum. Dann bin ich neben Edo hingefahren, doch er hat mich in die Wiese gedrückt und wollte seinen Fehler scheinbar an mir auslassen", sieht Wittmann in Mortaras Fahrweise eine Unsportlichkeit.

Die Rennleitung sah in der gesamten Situation ein Vergehen beider Fahrer und belegte sowohl Mortara, als auch Wittmann mit einer Verwarnung. Eine Entscheidung, die der BMW-Pilot nicht nachvollziehen kann. "Edo hat angefangen und ich musste ausweichen, da blieb nur die Wiese und irgendwann kam es dann zum Kontakt. Die Rennleitung hat mich zwar auch mit der Verwarnung bestraft, aber im Endeffekt ist es halt so gewesen", sieht er sich im Recht.

Unterschiedliche Ansichten über den Vorfall hatten auch die beiden Teamchefs von Audi und BMW. "Der Start war ganz okay, Edo hatte aber zu viel Wheelspin. Er kam nicht so gut weg, Marco dagegen schon. Es waren zwei Meisterschaftskandidaten und keiner wollte nachgeben. Sie hatten Kontakt und für uns war es unglücklich, dass zwei Autos raus aus dem Rennen waren", sah Audis DTM-Leiter Dieter Gass eher einen Rennunfall.

Marco Wittmann konnte das Rennen auf Platz vier beenden, Foto: DTM
Marco Wittmann konnte das Rennen auf Platz vier beenden, Foto: DTM

Wittmann erlebt Typenveränderung

Anders dagegen Jens Marquardt, der einen Fehler von Edoardo Mortara erkannte. "Ja, Edo kam schlecht weg und hat sich nach innen bewegt. Aber dann musst du normalerweise auf deiner Linie bleiben", stellt er klar. "Als Marco dann kam, ist er nach außen gefahren und zwei Bewegungen sollte man in einer Startsituation nicht machen. Am Ende hatten wir Glück, dass es nicht in einem großen Schaden geendet ist", atmet er tief durch.

Wittmann sieht in dem ganzen Vorfall aber auch eine Veränderung seiner Außendarstellung. "Viele stempeln mich immer als den Eichhörnchenfahrer ab, aber nach gestern und heute weiß jeder, dass ich nicht immer klein beigebe und auch mal Risiko gehen kann. Das hat Edo heute auch zu spüren bekommen", stellt er auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com klar. Im gleichen Atemzug jedoch kann er nicht verstehen, warum Mortara am Start ein solch großes Risiko gegangen ist. "Audi war sehr stark an diesem Wochenende und selbst wenn er den Start gegen mich verloren hätte, hätte er mich wohl mit seiner Pace wieder eingeholt. Dann hätte er auf jeden Fall Punkte gutmachen, vielleicht sogar in Führung gehen können. Jetzt hat er viel Boden verloren", rechnet er vor.