Mercedes schien mit Christian Vietoris und Robert Wickens auf dem besten Weg, dem ruhmreichen Norisring-Kapitel der Stuttgarter eine weitere Erfolgsgeschichte hinzuzufügen. Doch ein heranfliegender Mattias Ekström zerstörte die Hoffnungen. Etwa 25 Minuten vor dem Ende wollte der Schwede in der Anfahrt zur Grundig-Kehre am zweitplatzierten Wickens vorbeifahren. Jedoch verschätzte er sich komplett und räumte den völlig unbeteiligten Vietoris mit ab. Auch Wickens wurde getroffen. Für den Kanadier war das Rennen vorbei, Vietoris wurde bis auf Platz neun durchgereicht.

Die Emotionen nach dem Rennen waren gewaltig. Der Mücke-Pilot ließ sich gar zu einer persönlichen Beleidigung gegen Ekström hinreißen. "Ekström ist das allergrößte Arschloch, das ist unglaublich", polterte er stocksauer. Ein paar Minuten nach dem Rennen hatte sich das Gemüt des Mercedes-Piloten etwas beruhigt, die Fassungslosigkeit über diesen Unfall bestand jedoch immer noch. "Ich hatte das gesagt, weil ich mega genervt war von der Situation. Er hat beide führenden Mercedes rausgenommen, mit einem Move, der nix mit Motorsport zu tun hatte. Wenn ich nicht da gewesen wäre, wäre er noch 100 Meter weiter geradeaus gefahren", so Vietoris.

Der Audi-Pilot versucht sich an einer Erklärung für das Geschehene. "Ich habe normal gebremst und mein Auto war sehr gut auf der Bremse für Turn 1. Ich habe nicht später gebremst als normal", versichert er. Vielmehr habe sich Wickens falsch verhalten. "Ich dachte mir, dass er etwas mehr Platz lassen würde, aber er kann ja machen was er will, wie alle anderen Rennfahrer auch. Man muss halt nur mit den Konsequenzen leben und im Nachhinein wird man wahrscheinlich anders entscheiden", hofft er, dass der Kanadier aus der Situation lernt.

Mattias Ekström sorgte für Gesprächsstoff, Foto: Audi
Mattias Ekström sorgte für Gesprächsstoff, Foto: Audi

Doch was genau wirft er ihm vor? "Er zog dann rein, weil er glaube ich gemerkt hat, dass ein Versuch kommt. Deshalb waren wir auch voll links. Als ich dann links rausgezogen war, gab es für mich auch kein Zurück mehr und normal kämpfen dürfen wir ja alle. Das Einzige, was sehr unglücklich war, war, dass ich Vietoris getroffen habe. Das war nicht gut", hat er Mitleid mit dem Unfallopfer.

Wickens dagegen sieht das völlig anders. "Ich denke, er soll erwachsen werden und muss die Verantwortung übernehmen. Er wirft mit Anschuldigungen um sich, dass ich einen Fehler gemacht hätte, was lächerlich ist. Wir können uns dazu die Videos anschauen und dann gibt es keine Diskussion", wird er deutlich. "Wenn er Christian nicht getroffen hätte, wäre er mit Sicherheit in der Absperrung am Ende von Kurve 1 gelandet. Er war viel zu schnell, er hätte die Kurve niemals bekommen. Ich sehe keine andere Möglichkeit die Situation zu betrachten", schildert Wickens, der seine Gesamtführung einbüßte.

Auch Vietoris stellt sich schützend vor Wickens und sieht die Schuld einzig bei Ekström. "Er ist erfahren genug, seinen Bremspunkt entsprechend zu wählen, dass er nicht den führenden Mercedes aus dem Rennen nimmt. Egal, ob er einen Zweikampf mit einem anderem führt: Er muss dafür sorgen, dass er den Bremspunkt trifft", stellt der 27-Jährige klar.

Zudem merkt Vietoris an, das es keine wirkliche Entschuldigung von Ekström gegeben habe. "Grundsätzlich bin ich dazu bereit, jede Entschuldigung anzunehmen, wenn sie ernst gemeint ist. Er aber hat ein riesiges Grinsen auf seinen Backen gehabt und tanzt da in der Box vor mir rum, was ich nicht ernst nehmen kann ganz ehrlich", schildert Vietoris das Verhalten des Schweden. Dieser wiederum zeigt Verständnis: "Er war immer noch sehr sauer, aber da war das Adrenalin noch sehr hoch. Ich kann da schon mit leben."

Als Konsequenz für den Unfall fordert der Polesetter des Rennens eine harte Strafe für Ekström, zumal das Manöver kein Einzelfall sei. "Wenn man ehrlich ist, war es ja jetzt nicht nur eins. Und ich glaube, langsam ist es auch an der Zeit, mal über eine Rennsperre nachzudenken", äußert er drastische Schritte. Er denkt dabei auch an einen berühmten Crash-Piloten der neueren Zeit. "Ich will ihn nicht mit Pastor Maldonado vergleichen, da ist er schon besser. Aber der hatte auch schon eine entsprechende Strafe bekommen. Und das kann in der DTM auch schonmal passieren", nimmt er kein Blatt vor den Mund.