Mehr Taktik, weniger Einfluss auf die Rundenzeit, nur noch Anwendung als reine Überholhilfe - das waren die Hauptkriterien der neuen DRS-Regel, die ab 2016 in der DTM gilt. Ab sofort hat jeder Fahrer nur noch eine gewisse Anzahl an Runden DRS zur Verfügung. Diese ist abhängig von der Strecke. Zudem darf der Klappflügel auch nur noch verwendet werden, wenn der Fahrer beim Überqueren der Start/Ziellinie höchstens eine Sekunde hinter seinem Vordermann liegt.

Nach dem ersten Wochenende zogen die Fahrer ein Fazit der neuen Regelung. Timo Scheider zeigte sich zufrieden. "Aufgrund der Situation, dass man nur die Hälfte der Rundenzahl DRS hat, ist es schon ein bisschen Management des Fahrers, ob du es nutzt oder nicht. Und das führt klar dazu, dass man mehr Überholmanöver sieht", so Scheiders erste Einschätzung gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Das ist im Nachhinein ein Vorteil für die Fans, für uns alle, dass wir mehr Überholmanöver sehen. Das wollten wir erreichen und das hat funktioniert", so der Audi-Pilot weiter.

Ähnlich sieht es auch Maximilian Götz. "Taktisches Fahren ist nun mehr als zuvor notwendig. Zum Ende des Rennens hin wird es interessant. Wann ich DRS nutze, liegt komplett in meinem Ermessen", schildert er die neue Situation aus Fahrersicht. Jedoch gibt es auch Fahrer, die zwar den richtigen Weg erkennen, ihnen ein Punkt aber nicht gefällt - das Sekunden-Fenster.

DRS wird gerade im Pulk häufig genutzt, Foto: DTM
DRS wird gerade im Pulk häufig genutzt, Foto: DTM

Sekunden-Fenster schränkt Spielraum ein

"Ich denke, ohne die Sekunde wäre es noch spannender, weil jeder eine andere Strategie hätte. Das würde noch mehr Spannung reinbringen. Da sehe ich mich einfach mal als Vertreter der Fahrermeinung", sagte Timo Glock. Mit der aktuellen Regel würde DRS vor allem gleich am Rennstart verplempert. "Ich habe einfach auf meine Zahl geguckt und gesehen, dass es immer weniger wird. Und ich dachte, wenn die anderen Jungs das nutzen, mache ich es auch, um dranzubleiben. Denn wenn du es einmal nicht nutzt, fällst du aus dem Sekundenfenster heraus", erläutert der 34-Jährige das Dilemma. Ohne die Einschränkung, es nur bei einer Sekunde Abstand nutzen zu dürfen, "würde DRS noch mehr Spaß machen", ist er überzeugt.

Zustimmung erhält Glock von Mike Rockenfeller. Der Phoenix-Pilot versucht jedoch, beide Seiten der Medaille zu sehen. "Ich hätte die Sekunde einfach weggelassen, dann hast du es als Strategietool. Andere sagen, es soll nur zum Überholen dienen, nicht für die Rundenzeit. Das ist auch okay", so Rockenfeller auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Glock sieht das Sekunden-Fenster auch aufgrund der Bauweise der Autos problematisch. "In die Sekunde reinfahren, das kannst du vielleicht zwei oder drei Runden schaffen. Aber dann geht dein Vorderreifen kaputt und du hältst dich nicht mehr im Fenster. Das ist das Problem an unseren Autos, dass sie zu viel Abtrieb generieren", so der BMW-Fahrer am Samstag. Zuvor war ihm zu Ohren gekommen, dass Miguel Molina mit zwölf Schüssen, also in gerade einmal vier Runden, am häufigsten DRS benutzt habe. "Das ist sehr wenig", erkannte Glock. Mehr sei aufgrund der "dirty air" jedoch für den Hintermann nicht möglich.

Keine Änderung möglich

Zumindest in dieser Saison wird sich an der 1-Sekunde-Regel allerdings nichts mehr ändern. Wie Motorsport-Magazin.com weiß, ließe sich das Sportliche Reglement nur aus sicherheitsrelevanten Gründen abändern. Zudem würde es theoretisch zu einer Verfälschung der Ergebnisse kommen, da einige Fahrer in den beiden Hockenheim-Rennen gar nicht erst die Möglichkeit hatten, DRS einzusetzen. Ohne die 1-Sekunde-Regel wäre das Ergebnis womöglich anders ausgefallen.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Timo Glocks Einwände sind verständlich. Jedoch soll DRS als reine Überholhilfe dienen, daher wurde das Reglement ja überhaupt angepasst. Wenn sich ein Fahrer durch den Einsatz des Klappflügels an den Vordermann heranarbeitet - nichts anderes würde durch den Wegfall des Sekunden-Fensters erreicht - wird DRS wieder zum Rundenzeiten-Tool. Zudem könnte es auch der Vordermann wieder zum Verteidigen nutzen. Worin läge dann noch der Sinn von DRS? Aber ein anderer von Glock genannter Punkt ist interessant. Wenn man zulange hinter dem Vordermann fährt, gehen die Reifen kaputt, Stichwort Aerodynamik. Daran sollte man vielleicht eher arbeiten. Dann bräuchte man in Zukunft vielleicht gar kein DRS mehr. (Chris Lugert)