Der Funk-Skandal bei Audi im Sonntagsrennen der DTM in Spielberg um Timo Scheider und Wolfgang Ullrich schlägt hohe Wellen. Für den Abschuss der Mercedes-Fahrer Robert Wickens und Pascal Wehrlein unterstellte die Rennleitung Scheider bereits Absicht und disqualifizierte den Audi-Fahrer vom Team Phoenix.

In einer zweiten Entscheidung könnte das Sportgericht des DMSB noch prüfen, ob es sich bei dem zumindest im TV klar zu vernehmenden Funkspruch "Timo, schieb ihn raus!" um eine bewusste Anordnung eines Unfalls an Scheider gehandelt hat - und ob er diese tatsächlich nicht hörte, wie er sich nach Rennende verteidigte.

Während das Urteil - im Fall einer Verurteilung mit Sanktionen bis hin zum Entzug der Lizenzen des Phoenix-Teams und Scheiders, wie DMSB-Sprecher Michael Kramp gegenüber Motorsport-Magazin.com.com erklärte - noch in den Sternen steht, sorgt der Zwischenfall in der DTM-Szene und bei den Fans für Aufruhr. Selbst ein Vergleich mit dem Crashgate-Skandal der Formel 1 bei Renault um Falvio Briatore und Nelson Piquet jr. im Jahr 2008 wurde schon bemüht.

Doch die DTM bietet in ihrer jüngeren Geschichte bereits selbst einige Aufreger. Motorsport-Magazin.com.com nennt einige Beispiel für Affären, Skandale und Aufreger - ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Der Vorfall in Spielberg geht ans Sportgericht, Foto: Motorsport-Magazin.com
Der Vorfall in Spielberg geht ans Sportgericht, Foto: Motorsport-Magazin.com

Spielberg 2015 - Abschuss-Ansage bei Audi?

Zunächst kurz zurück zum aktuellen Fall. Was ist passiert? In den letzten Runden des Sonntagsrennens in Spielberg hatte Mercedes-Fahrer Robert Wickens Audi-Fahrer Timo Scheider eingebremst. So konnte Wickens' Markenkollege, der Meisterschaftsführende Pascal Wehrlein, aufschließen. Im letzten Umlauf überholte Wehrlein schließlich Scheider in Kurve zwei, auf der folgenden Geraden ließ Wickens seinen Kollegen durch. Genau in diesem Moment hörte man in der TV-Übertragung den Audi-Funkspruch an Scheider: "Timo, schieb ihn raus!"

In der folgenden Kurve geschah dann genau das - Scheider fuhr Wickens ins Heck, dieser rutschte in Wehrlein - beide Mercedes endete im Kiesbett und schieden aus. Daraufhin kam es zu heftigen Diskussionen, inklusive Schuldzuweisungen seitens Mercedes und verwirrenden Aussagen von Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich zum Ursprung des Funkspruchs.

Mit diesem Foto argumentierte Mercedes gegen die Disqualifikation, Foto: Mercedes-Benz
Mit diesem Foto argumentierte Mercedes gegen die Disqualifikation, Foto: Mercedes-Benz

Spielberg 2014 - Drama-Disqualifikation: Mercedes vs. Rennleitung

Ein Jahr vor dem Audi-Skandal stand Mercedes in Spielberg im Mittelpunkt. Beim Boxenstopp des Führenden Robert Wickens leistete sich Mercedes nach Ansicht der Rennleitung eine "Unsafe Release" und bestrafte den Kanadier mit einer Durchfahrtsstrafe. Diese Information wurde vonseiten Mercedes' allerdings nicht an Wickens weitergegeben, sodass dieser später - noch immer an der Spitze - disqualifiziert wurde. Die Aktion sorgte für viel Gesprächsstoff. Mercedes tobte und wetterte gegen die Rennleitung, der Vorfall sei nicht annähernd eine "Unsafe Release" gewesen, es handele sich um die krasseste Fehlentscheidung, die die DTM je gesehen hätte.

Diese Position untermauerte Mercedes später Bildern aus der Vogelperspektive. Noch dazu habe die Rennleitung Wehrlein, dessen Stopp auch untersucht worden war, und Wickens schlichtweg verwechselt. Für diese Äußerungen und vermeintlichen Beweise hatte nicht jeder Verständnis. Bei Entscheidungen der Rennleitung bleibe kein Diskussionsspielraum, gegen eine Durchfahrtsstrafe könne kein Protest vorgetragen werden, hieß es etwa vom DMSB. Weitere Schritte Mercedes' gegen die Entscheidung änderten somit nichts am Resultat, da es sich um eine Tatsachenentscheidung handelte.

Die DTM zugast in Moskau - beim ersten Mal eine peinliche Nummer, Foto: DTM
Die DTM zugast in Moskau - beim ersten Mal eine peinliche Nummer, Foto: DTM

Moskau 2013 - Putin-Posse: Flugraum-Sperre stoppt Q4

In einem der sowieso schon chaotischsten Qualifyings der DTM kam es beim Premierenwochenende in Moskau 2013 kurz vor Schluss zu einem Vorfall, der als Putin-Posse Schlagzeilen machte. Nach mehreren Tracklimit-Verstößen, einem Einschlag und einer defekten Zeitnahme in den ersten Sessions der Qualifikation wurde plötzlich das finale Q4 komplett gestrichen.

Der Heli konnte nicht starten, Foto: DTM
Der Heli konnte nicht starten, Foto: DTM

Grund: Der russische Präsident Vladimir Putin höchstselbst hatte kurzerhand und ohne Ankündigung den Luftraum über der Strecke für seine Zwecke sperren lassen, sodass der Rettungshubschrauber im Notfall nicht hätte starten können. Ob Putin ein heimlicher Fan von Mike Rockenfeller ist, bleibt bis heute ein Geheimnis. Der Audi-Fahrer jedenfalls profitierte und stand auf Pole Position, weil er im vorherigen Qualifikationsabschnitt Bestzeit gefahren hatte.

Die verhängnisvolle Hosentaschenbetankung, Foto: DTM
Die verhängnisvolle Hosentaschenbetankung, Foto: DTM

Norisring 2013 - Watergate-Blamage

Watergate 2.0. Auf dem Norisring erlebte die DTM 2013 einer ihrer größten Blamagen - und Mattias Ekström eine feuchte Überraschung. Nachdem der Schwede nach einer für seine Verhältnisse schier endlosen Siegesdurststrecke in der DTM die Ziellinie in Nürnberg endlich einmal wieder als Erster überquert hatte, duschte er zur Abkühlung im Strahl aus der Wasserflasche von Papa Ekström - noch vor dem obligatorischen Wiegen.

Ob Ekström später am Abend denselben Finger zeigte, ist unbekannt, Foto: Audi
Ob Ekström später am Abend denselben Finger zeigte, ist unbekannt, Foto: Audi

Das sah die Rennleitung gar nicht gerne. Ekström wurde disqualifiziert, da er damit gegen die Parc-fermé-Bestimmungen verstoßen habe. Audi legte gegen diese Entscheidung Protest ein - ohne Erfolg. Die Disqualifikation blieb bestehen. Als wäre das nicht genug, taucht bis nicht einmal ein Sieger in den offiziellen Statistiken auf. Weil "der Fahrer seinen Sieg auf der Strecke aber unter sportlich einwandfreien Bedingungen erzielt hat und das Fahrzeug dem Reglement entsprach", so der DMSB, rückte Robert Wickens nicht als Sieger nach.

Martin Tomczyk schied nach Kollisionen mit Mercedes aus, Foto: Sutton
Martin Tomczyk schied nach Kollisionen mit Mercedes aus, Foto: Sutton

Barcelona 2007 - Crashgate: Audi zieht zurück

Audi fährt einfach nicht mehr mit. Das war die unrühmliche Reaktion der Ingolstädter auf das Ausscheiden ihrer Fahrer Mattias Ekström und Martin Tomczyk nach Unfällen mit Mercedes-Piloten in Barcelona 2007. Hintergrund: Ekström und Tomcyzk lagen vor diesem neunten Saisonlauf aussichtsreich im Titelrennen. Nach Ansicht Audis fuhr die Konkurrenz von Mercedes dementsprechend mit der Intention, die Titelaspiranten absichtlich aus dem Rennen zu kegeln. Zuerst missglückte ein Überholversuch Mika Häkkinens gegen Tomczyk, was diesen von der Spitze auf Rang elf zurückwarf. Beim Versuch sich zurückzukämpfen kollidierte der Rosenheimer erneut - diesmal mit dem Mercedes von Mathias Lauda.

Audi unterstellte Mercedes' Absicht, Foto: Audi
Audi unterstellte Mercedes' Absicht, Foto: Audi

Ekström fiel unterdessen aus, nachdem sich der Mercedes von Daniel La Rosa in den Audi des Schweden gedreht hatte. Mercedes verteidigte sich mit Beteuerungen, beide Fälle seien ganz klar ohne Vorsatz erfolgt, solche Szenen wünsche man sich selbst nicht. Schließlich musste auch Tomczyk sein Rennen beenden - nach Audi-Angaben wegen eines Folgeschadens der Häkkinen-Kollision. Dessen Aktion bezeichnete Tomczyk als Unverschämtheit. Kurz vor Schluss endete auch Timo Scheiders Rennen nach Kollision mit Lauda im Kiesbett - daraufhin zog Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich die Reißleine und beorderte seine gesamte Fahrzeugflotte an die Box.

Zwischen Mercedes' Haug und Audis Ullrich herrschte Eiszeit, Foto: DTM
Zwischen Mercedes' Haug und Audis Ullrich herrschte Eiszeit, Foto: DTM

Nürburgring 1999: Skandal-Schützenhilfe in letzter Kurve

Nicht ganz die DTM, aber den deutschen Motorsport-Fans sicher noch gut im Gedächtnis: ein Zwischenfall beim Saisonfinale des Super Tourenwagen Cups in dessen Abschiedssaison 1999 auf dem Nürburgring. Christian Abt (Audi) und Uwe Alzen (Opel) kämpften im letzten Rennen noch um den Titel. In der letzten Runde lag Abt auf Rang zwei, direkt vor Alzen - das hätte dem Audi-Fahrer zum Titel gereicht. In der NGK-Schikane rauschte dann auch noch Alzen in den überrundeten Audi-Fahrer Kris Nissen.

Alzen kollidiert mit Nissen, Foto: Youtube/Metz087
Alzen kollidiert mit Nissen, Foto: Youtube/Metz087

Trotzdem sah es für Abt nicht gut aus: Eine Kurve später - der letzten Kurve also - donnerte nämlich Alzens Markenkollege Roland Asch Abt derart heftig in sein Heck, dass Abt ausscheidet. Weil Alzen aber noch seinen beschädigten Opel ins Ziel gerettet hat, wird der Opel-Fahrer Meister. Zumindst kurz: Später wird das Sportgericht des DMSB die letzte Runde annullieren, sodass sich nun doch Abt als letzter Meister des STC rühmen darf.

Sie erinnern sich an weitere Affären, Skandale und Aufreger in der DTM? Schreiben Sie uns in den Kommentaren unter dem Artikel!