Ein Treppenwitz im Fußball: "Wann war Schalke letztes Mal Meister? - Da musst du deinen Uropa fragen." Ganz so dramatisch ist die Lage bei Audi zwar nicht, doch auch die Ingolstädter müssen weit zurückblättern, um den letzten Sieg nachzuschlagen. Es war Moskau, 4. August 2013. Seitdem ist mehr als ein Jahr vergangen und noch immer konnte sich Audi keinen Sieg sichern.

Es dürfte schon erste Geldwetten geben, ob der Hersteller im Jahr 2014 überhaupt noch ein Rennen gewinnt. In Zandvoort dürfte die Quote an diesem Wochenende gering sein wie schon lange nicht mehr. Motorsport-Magazin.com macht die Rechnung vor dem Rennen: Wie gut stehen Audis Chancen in den Niederlanden?

Das spricht für einen Audi-Sieg in Zandvoort

1. - The Rock is back: Erste Pole für Audi durch Mike Rockenfeller seit dem Saisonauftakt in Hockenheim. Was für eine Durststrecke hat Audi selbst im Qualifying durchgemacht. Und dann kam Rockenfeller. Der Ex-Champion setzte sich nach einer gefühlten Ewigkeit im Qualifying durch und sicherte sich die Pole Position. Rocky erinnert sich gern an Zandvoort: Hier schnappte er sich im Vorjahr vorzeitig den Titel. Zwei seiner drei DTM-Poles wandelte Rockenfeller in den Sieg um.

Rockenfeller steht in Zandvoort auf der Pole, Foto: DTM
Rockenfeller steht in Zandvoort auf der Pole, Foto: DTM

2. - Audi-Dominanz: Frei nach dem Prinzip: Einer muss es ja machen. In der endgültigen Startaufstellung stehen gleich drei Audis in den Top-4. Neben Rockenfeller haben es auch Jamie Green auf Platz drei und Rookie Nico Müller als Vierter weit nach vorn geschafft. Zandvoort ist nicht gerade als Überhol-Dorado bekannt. Das dürfte auch Audi bekannt sein.

3. - Die Statistik: Schaut man nur auf die Zahlen, stehen die Chancen für einen Audi-Sieg gut wie selten. Zandvoort - das ist Audi-Land! In den bisherigen 13 Zandvoort-Rennen ging der Sieg 7 Mal an Audi. Allein Mattias Ekström räumte drei Mal auf der Dünen-Achterbahn ab. "Man hat solche Strecken, auf denen man besser zurecht kommt", sagte Audis Rennleiter Dieter Gass. "Man weiß nicht immer zu 100 Prozent, warum."

Top-Ergebnis für Rookie Müller im Qualifying, Foto: DTM
Top-Ergebnis für Rookie Müller im Qualifying, Foto: DTM

4. - Reifen-Flüsterer: Der Audi RS5 bietet seinen Fahrern stets die Möglichkeit, gut mit den Reifen hauszuhalten. Der Reifen-Schoner der DTM, wenn man es richtig anstellt. Im vergangenen Jahr profitierte gerade Rockenfeller von dieser Stärke. Dieses Jahr war der Vorteil meist egal, weil eh alle locker mit den schnellen Option-Reifen zurechtkamen. In Zandvoort könnte es etwas anders aussehen. Die Fahrer erwartet eine wahre Reifen-Schlacht in den Dünen. Es ist nicht einmal sicher, dass die Options die angepeilte Hausnummer von 50 Prozent Renndistanz durchhalten. Hier könnte Audis einstiger Trumpf noch einmal richtig zum Tragen kommen.

5. - Noch nicht alles verloren: Die Fahrermeisterschaft ist dank Marco Wittmann entschieden. Alles langweilig jetzt? Von wegen, immerhin geht es noch um die Hersteller-Meisterschaft. Für Fans weniger interessant, bedeutet der Gewinn dieser Wertung für die Hersteller doch einiges an Prestige und Werbe-Potenzial. Sieger-Autos verkaufen sich eben besser... Hier ist Audi mittendrin statt nur dabei. Die Ingolstädter liegen aktuell auf dem zweiten Platz. 18 Punkte trennen sie von Platz eins und Spitzenreiter BMW. Komplett will Audi den Münchnern das Feld dieses Jahr sicherlich nicht überlassen.

Audi hat den Hersteller-Titel im Blick, Foto: DTM
Audi hat den Hersteller-Titel im Blick, Foto: DTM

Das spricht gegen einen Audi-Sieg

1. - Der Magen: Ein Mike Rockenfeller in Bestform ist auf der Pole eigentlich eine sichere Bank. Hier droht schon der erste Ärger - und der kommt von ganz unten. In den Tagen vor dem Rennwochenende ging es Rocky körperlich alles andere als gut. Ein Magen-Darm-Infekt legte den Champion von 2012 flach. Bis zuletzt war sogar unsicher, ob er überhaupt in Zandvoort würde starten können. Audi kann nur hoffen, dass der Pole-Setter das anstrengende Rennen durchsteht.

2. - Das Schicksal: Als ob jemand da oben nicht wollte, dass Audi ein DTM-Rennen gewinnt... Nach dem Qualifying sah es zunächst bärenstark aus für Audi. Rockenfeller, Mortara, Ekström, Green und Müller hatten sich mit ihren RS5-Boliden an der Spitze breit gemacht und den Zweitplatzierten Marco Wittmann eingekesselt. Fünf Audis in den Top-5 - das muss doch klappen. Ein paar Stunden später sah die Welt schon nicht mehr so rosig aus. Erst bekam Ekström wegen Blockierens von Gary Paffett eine 5-Platz-Strafe aufgebrummt. Als ob das noch nicht gereicht hätte, wurde Mortara am späten Samstagabend aus dem Qualifying ausgeschlossen. Frontdiffusor zu tief montiert - Start aus der letzten Reihe statt von P3. Ein Vorgeschmack auf ein weiteres Audi-Rennen voller Pech und Pleiten?

Bitterer Rückschlag für Edo Mortara, Foto: DTM
Bitterer Rückschlag für Edo Mortara, Foto: DTM

3. - Der Champion: Fast schon ein Klassiker. Wenn einer dieses Jahr dazwischen funkt, ist es Marco Wittmann. Der BMW-Youngster, scheinbar spielend zum Titelgewinn gefahren, gilt auch in Zandvoort als heißer Sieganwärter. Mit Platz zwei im Qualifying stellte er seine M4-Kollegen ein weiteres Mal in den Schatten. Es scheint, als könne Wittmann dieses Jahr einfach jedes Rennen gewinnen. Und Zandvoort kann er sowieso: Hier holte der Franke 2013 seine erste DTM-Pole. "Ich glaube, Marco ist hier superschnell", fürchtete Rockenfeller schon. "Wir versuchen natürlich, voll dagegen zu halten. Aber wir starten von der besseren Position. Ich hoffe, dass dies der kleine entscheidende Vorteil ist, das Rennen zu gewinnen."

4. - Der Saisonverlauf: Es ist schon fast verrückt. Audi war in jedem der bislang acht Saisonrennen der zweitbeste Hersteller. Deshalb hat sich das Gewicht des RS5-Boliden seit Hockenheim I auch nicht verändert. Konstanz bei Audi, während die Autos von Mercedes und BMW jedem Jojo-Effekt Konkurrenz machen könnten. Audi präsentierte sich kollektiv extrem stark in den ersten Rennen, doch eine echte Speerspitze fehlte. Wenn BMW im Rennen nicht einfach zu stark war, sprangen Wetterbedingungen und Mercedes in die Bresche. Kein Sieg im Jahr 2014 - es muss den Ingolstädtern wie verhext vorkommen.